Der erste Autofahrer habe bereits auf elektronischem Wege seinen Parkschein gekauft, hat Mark Riedl am Mittwochmorgen bei einem Pressegespräch im Rathaus verkündet. Der Vertriebsleiter von Sunhill Technologies brachte zusammen mit der Stadt ein bargeldloses Bezahlsystem für Parkscheine nach Erding. Seit Mittwoch können Autofahrer, die ihr Auto auf einem der öffentlichen und kostenpflichtigen Parkplätze im Stadtgebiet abstellen, das Ticket per Handy lösen. Die lästige Kleingeldsuche fällt somit weg, ebenso wie der Gang zum Auto, um die Parkzeit zu verlängern. Doch das hat seinen Preis: Das Ticket ist mehr als 14 Prozent teurer.
"Ich freue mich, dass die Stadt mit der Zeit geht", sagte Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) bei dem Gespräch. Dass das digitale System erfolgsversprechend sei, sehe man an anderen Städten. Bundesweit hat Sunhill Technologies seine App bisher in rund 100 Städten eingeführt. Da viele Erdinger jung sind, habe fast jeder ein Smartphone, so Gotz. Die App "Travipay", die für alle teilnehmenden Städte gilt, kann man sich kostenlos für iOS und Android herunterladen. Am Parkplatz angekommen müsse man nur noch "mit einem Klick" das Ticket kaufen, sagte Riedl, bezahlt wird über die Handyrechnung. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die App zeigt außerdem alle Parkzonen im Stadtgebiet an und hilft Ortsfremden mit einer Karte, zurück zum Auto zu finden. Sollte der Parkende doch länger als gedacht im Wartezimmer beim Arzt sitzen, kann er vom Handy aus das Ticket verlängern - innerhalb der vorgegebenen Höchstdauer, auf die die App hinweist.
Auch mit einem älteren Handy funktioniert der Ticketkauf: Man schickt eine SMS mit dem Autokennzeichen und der Parkdauer an die entsprechende Telefonnummer der Parkzone, die am Parkscheinautomaten steht. Der wird nicht abgeschafft, denn wer will, kann auch weiterhin sein Ticket mit Münzgeld ziehen. Beim Kauf per SMS bekommt man zehn Minuten vor Ablauf des Tickets eine Nachricht. Auch über die App lassen sich solche Erinnerungen per Push-Mitteilung einstellen.
Doch die Bequemlichkeit hat einen Nachteil: Das Ticket kostet mehr. Ein Parkschein beispielsweise, der am Automaten bei einem Euro liegt, kostet über das Handy 1,28 Euro. Die sogenannte Servicegebühr, die der App-Anbieter erhebt, setzt sich so zusammen: 14 Prozent der Parkgebühr plus pauschal 14 Cent. Im obigen Beispiel also 28 Cent. Ein "Großteil" dieser Gebühr gehe an die Mobilfunkanbieter, sagte Riedl. Wie viel genau und welcher Gewinn beim Unternehmen Sunhill Technologies bleibt, wollte er nicht verraten.
Die Stadt ist trotzdem überzeugt, dass das bargeldlose Bezahlen den Autofahrern Vorteile biete. Die Idee, das System in Erding einzuführen, kam von Daniel Kabjoll, dem Leiter des Verkehrswesens. "Von Seiten der Verkehrsteilnehmer kam immer wieder der Wunsch, am Parkautomaten mit EC-Karte bezahlen zu können", sagte er. Die Einnahmen bleiben für die Stadt die gleichen. Nur müssten nun die Automaten nicht mehr so häufig geleert werden. "Und die Ausrede, man habe kein Kleingeld dabei, fällt auch weg." Für die Verkehrsüberwacher entstehe "kein wesentlicher Mehraufwand", sagt Kabjoll. Auch sie kontrollieren elektronisch: Sie geben das Kennzeichen des parkenden Autos in ihr Gerät ein und bekommen angezeigt, für wie lange ein Parkschein gelöst wurde.
Ob durch das neue System am Ende mehr Tickets gezogen werden, wird sich zeigen - und, ob dann weniger Strafzettel ausgestellt werden müssen. Der Betrag, den die Stadt Erding pro Jahr mit der Überwachung des ruhenden Verkehrs umsetzt, ist zumindest nicht klein. 2016 wurden Bescheide, also Strafzettel, in Höhe von insgesamt 295 700 Euro erstellt. Bei den meisten handelte es sich um einen Fünf-Euro-Strafzettel. Von den Fahrzeughaltern bezahlt wurden allerdings nicht alle Bescheide: Die Einnahmen im vergangenen Jahr lagen bei genau 286 065 Euro - fast 9700 zu wenig.