Die Zuckerrübe:Lebende Photovoltaikanlage

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Man sieht es ihnen nicht an, aber die Zuckerrüben sind in diesem Jahr von besonderer Süße. (Foto: Renate Schmidt)

Die Zuckerrübenbauern im Landkreis Erding sind mit der Ernte trotz Trockenheit zufrieden. Die Sonne hat den Pflanzen gut getan. Bedroht fühlen sie sich eher durch die ausländische Konkurrenz

Von Julian Zieglmaier, Erding

Der Sommer in Deutschland war heiß, lang und trocken. Viele Landwirte sorgten sich um ihre Ernte und das wirtschaftliche Überleben, auch die Zuckerrübenbauern im Landkreis Erding. Auch sie litten unter der Trockenheit, doch nun ist die halbe Ernte eingefahren, und es sieht aus, als wenn alles noch einmal gut gegangen ist. Leicht erkennbar an den großen Haufen geernteter Zuckerrüben, den so genannten Mieten, die noch bis Januar auf den Feldern zu sehen sein werden. Doch es gibt andere Faktoren, die auf die Stimmung schlagen.

"Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen", sagt Rudolf Apfelbeck vom Verband der bayerischen Zuckerrübenanbauer mit Blick auf die diesjährige Ernte. Der voraussichtliche Ertrag liegt ihm zufolge nur leicht unter dem Fünfjahresschnitt. Er liege aber zwischen zehn und 15 Prozent unter dem des vergangenen Jahres, als sich die bayerischen Bauern über eine besonders gute Ernte freuen durften. Apfelbeck geht von 80 Tonnen Zuckerrüben pro Hektar aus. Auch Sebastian Siebauer, Rohstoffkoordinator im Werk Plattling der Südzucker AG, geht von einem leichten Ernterückgang aus: "Wir werden unter den 90 Tonnen pro Hektar vom vergangenen Jahr liegen."

Der heiße und trockene Sommer ist für die Bauern aber auch ein Grund zur Freude. "Wir haben zwar kleinere Erträge. Der lange Sommer mit viel Sonnenschein hat aber zu einem hohen Zuckergehalt geführt", sagt der Landwirt Georg Huber aus Oppolding in der Gemeinde Bockhorn. Er ist Mitglied im Ausschuss des Verbandes Süddeutscher Zuckerrübenanbauer und Vorsitzender der Landwirtschaftlichen Maschinengemeinschaft Moosburg/Erding, die für die Bauern der Region Erntemaschinen und Transportfahrzeuge zur Verfügung stelle.

Die Zuckerrübe sei praktisch eine lebende Photovoltaikanlage, sagt Huber, die durch mehr zugeführte Sonnenenergie auch mehr Photosynthese betreiben könne und so mehr Zucker einlagere. Also seien die Zuckererträge insgesamt gut, auch wenn viele Landwirte im Landkreis mit Pilzbefall zu kämpfen hätten. Denn auch Sporen von Schimmelpilzen wüssten gutes Wetter für sich zu nutzen. "Zusätzlich zum höheren Zuckergehalt sind heuer vor allem die regionalen Unterschiede extrem", sagt Rudolf Apfelbeck. Landwirte auf Schotterebenen mit nur 30 Zentimeter Bodentiefe hätten im Vergleich zu Landwirten auf tiefgründigen Boden im Einzugsgebiet von Flüssen größere Probleme gehabt, da dort mehr Wasser im Boden gespeichert sei. Der Norden des Landkreises sei zudem trockener als der Süden gewesen. "Zu trockenes Wetter ist vor allem bei der Rodung ein Problem, weil die Pflanzen schneller abbrechen und nicht mehr geerntet und verarbeitet werden können", erklärt Siebauer.

Sehr viel belastender ist für die Landwirte die Sorge, trotz der guten Ernte in wirtschaftliche Bedrängnis zu kommen. Die Verträge zwischen dem verarbeitenden Betrieb Südzucker AG und den Landwirten sehen vor, dass die Landwirte für ihre Rüben erst bezahlt werden, wenn die Ernte Ende Januar komplett eingebracht und raffiniert wurde. Der Preis der Rüben und der hergestellten Produkte orientiert sich dann am globalen Zuckermarkt. Die Preise seien aber durch ausländische Konkurrenz - Zuckerrübenanbau in europäischen Ländern, aber auch der Zuckerrohranbau in Südamerika und Asien - unter Druck und schon seit einigen Jahren eigentlich zu niedrig für die einheimischen Landwirte. Darin sind sich Siebauer, Apfelbeck und Huber einig. "Für uns Bauern bleiben am Ende ein Teil vom Zuckerpreis und die Einnahmen für die Schnitzel der verarbeiteten Zuckerrübe. Die werden als Futtermittel verkauft", so Huber. Die verarbeitende Industrie bekomme neben ihrem Teil des Zuckerpreises auch die Einnahmen aus dem Verkauf der Melasse, dem Restsirup, aus dem kein Zucker mehr gewonnen werden könne. Aus diesem wird Alkohol hergestellt, oder er wird verfüttert.

Ebenfalls einig ist man sich darin, dass für die Zukunft eine bessere Unterstützung der heimischen Produkte nötig sei. "Seit dem Ende der Zuckermarktordnung in der EU 2017 ist das Preisniveau nicht mehr reguliert und die Konkurrenz durch Importe größer", so Siebauer. Die Preise für Zucker aus anderen EU-Ländern seien aufgrund höherer Subventionen niedriger, somit würden schlechtere Standorte künstlich am Leben gehalten. Neue Chancen gebe es von 2019 an durch den Wechsel auf regionalen Biozucker, der im Südzucker Werk in Rain am Lech produziert werde.

© SZ vom 13.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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