"Die Wege sind sehr lange":Verwaltungsbehörde Kirche

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In der Bauverwaltung des Erzbistums München und Freising haben sich über Jahre hinweg Hunderte unerledigte Baumaßnahmen aufgestaut. Auch im Landkreis Erding klagen Pfarrer und Kirchenpfleger über zu viel Bürokratie. Vieles wird dann in Eigenregie erledigt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

In der Bauverwaltung des Erzbistums München und Freising haben sich über Jahre hinweg Hunderte unerledigte Baumaßnahmen aufgestaut, sehr zum Ärger von Pfarrern und Kirchenverwaltungen. Auch im Landkreis Erding sind Pfarreien betroffen. Viele Anträge blieben schlicht in der Verwaltung liegen - zum Teil über viele Jahre. In einem Brief an die 748 Pfarreien und Kirchenverwaltungen im Erzbistum berichteten Generalvikar Peter Beer und Finanzdirektor Markus Reif Ende September von insgesamt 607 "Alt-Anträgen", die bis März eingereicht worden seien. Von ihnen ist bei gut 360 noch nichts vorangegangen.

Pfarrer Gregor Bartkowski aus Wartenberg ist über den Baustau nicht verwundert. Er habe dies überall erlebt, wo er tätig war. "Die Wege sind sehr lange von der Feststellung von Schäden bis etwas passiert. Hauptkirchen werden noch bevorzugt, während es bei Filialkirchen sehr lange dauert." Ohne Eigeninitiative würde oft wenig passieren, wie am Beispiel der Auerbacher Filialkirche St. Bartholomäus zu sehen sei. 2014/15 wurde beispielsweise die wertvolle Orgel von Franz Borgias Maerz renoviert - in völliger Eigenregie. Zudem wurde der Hochaltar konserviert und das Gestühl renoviert. "Was noch fehlt ist der Anstrich Außen und Innen. Der Putz ist an einigen Stellen auch schon schlecht", sagt Kirchenpfleger Josef Lechner. Nur dank der Eigeninitiative habe man die bisherigen Aufgaben bewältigt - und unendlich vielen Anrufen, Schreiben und E-Mails. Derzeit wartet man auf die Genehmigung durch den Strategische Vergabeausschuss (SVA) der Diözese. "Der Antrag liegt seit 2011 dort, aber genaugenommen haben wir schon mal 15 Jahren davor einen Antrag gestellt, der aber im Sande wohl verlaufen ist. Man braucht einen langen Atmen bei der Bürokratie in der Kirche", sagt Lechner. Ihn ärgert auch, dass Filialkirchen offenbar weniger wichtig seien: "Wenn bei uns Kirche ist, dann ist sie voll. Auch junge Leute gehen dann in die Kirche. Das ist ein Ausdruck von Dorfgemeinschaft." Eine letzte Möglichkeit, wenn nichts voran geht, hat sich der Kirchenpfleger noch aufgehoben: "Ich kann immer noch Kardinal Marx schreiben".

Dringend notwendig ist laut Kirchenpfleger Anton Haberstetter die Sanierung der Marktkirche in Dorfen. Gerade erst habe man die Rissbeobachtung in den Mauern abgeschlossen. (Foto: Stephan Goerlich)

Auch die Sanierung des Turms der Pfarrkirche Mariä Geburt, einem stattlichen Barockbau in Wartenberg, stehe dringend an, währen der Innenraum fertig sei. Schuld an den langen Wartezeiten gibt Pfarrer Gregor Bartkowski auch den weltlichen Behörden. "Sehr oft kommt man in Konflikt mit dem Denkmalschutzamt, die dann sagen: das oder das dürft ihr nicht machen. Während die Feuerwehr aus Brandschutzgründen was anderes verlangt. Eigentlich müsste deshalb wohl jede zweite Kirche geschlossen werden."

St. Bartholomäus, ein barocker Saalbau mit eingezogenem halbrundem Chor von Anton Kogler aus dem Jahr 1720, steht unter der Rubrik II, Anträge ohne Genehmigung. Diese Gruppe umfasst Anträge, die noch keine Genehmigung durch den Strategische Vergabeausschuss haben. Diese 198 bis zum 31. März beantragten Baumaßnahmen wurden entweder noch gar nicht dem SVA vorgelegt oder es handelt sich um sogenannte Wiedervorlagen (zurückgestellte Bauanträge). Auch hier reichen die Anträge teilweise bis in das Jahr 2007 zurück. Bauen ist in der Diözese streng geregelt. Die Bauregeln, die im Amtsblatt des Erzbistum München und Freising im März veröffentlicht wurden, umfassen 183 Seiten. Von A wie Oberste Bauregel über D wie Organisationsregeln bis hin zu 14 Seiten Merkblätter.

Auch die Gesamtsanierung der Dorfener Marktkirche geschah in Eigenregie. (Foto: Stephan Goerlich)

"Es ist schon alles sehr geregelt und manchmal blockiert man sich selber", sagt Anton Haberstetter, Kirchenpfleger im Pfarrverband Dorfen. Die Anträge für die Renovierung der Nebenkirche St. Sebastian an der Isener Straße aus dem Jahr 1635 seien schon 2011 gestellt worden, "aber da pressiert es nicht, die Kirche wird nicht so stark frequentiert. Was dringender ist, ist die Sanierung der Marktkirche". Ein spätgotischer Bau aus dem Jahr 1390. Gerade erst habe man die Rissbeobachtung in den Mauern abgeschlossen, die Heizungsfrage sei geklärt - kein Fernwärmeanschluss durch die Stadtwerke, sondern Gasheizung, bei der Orgel wurden drei Angebote eingeholt und ein Gutachten in Auftrag gegeben, wie die frühere Empore ausgesehen hat. "Im Frühjahr hoffen wir alle Punkte geklärt zu haben und eine Gesamtkostenschätzung abgeben zu können, die dann an die Diözese geht. Und dann könnte es schnell gehen, oder auch nicht", sagt Anton Haberstetter.

Der Strategische Vergabeausschuss der Kirche ist das dasjenige Gremium, das über die Notwendigkeit einer Baumaßnahme entscheidet und die Genehmigung erteilt, mit der konkreten Planung zu beginnen. Allerdings ist dann in der Regel keinerlei "weiterführende und tragfähige" Planung erfolgt. Seit April gelten neue diözesane Bauregeln. Sie sollen die Eigenverantwortung der Pfarreien stärken und Baumaßnahmen beschleunigen. Zudem sollen sie für mehr Kontrolle sorgen und dass Tätigkeiten getrennt werden. Niemand soll sich künftig mehr eigene Ideen selbst genehmigen und Firmen dazu beauftragen dürfen; die professionelle Abwicklung von Baumaßnahmen gab die Kirche komplett in die Hände externer Dienstleister. Das Ziel ist klar: "Der seit Jahren bestehende Berg von unerledigten Baumaßnahmen darf nicht mehr länger vor sich hergeschoben werden", so schrieben es Beer und Reif im September in ihrem Brief. "Die entsprechenden schon lange vorgetragenen Klagen aus den Kirchenstiftungen sollen nicht einfach verhallen." Bis wann der kirchliche Baustau aufgelöst sein soll, darauf will sich die Bistumsleitung nicht festlegen; zu unsicher sei, was sich bei der gegenwärtigen Bestandsaufnahme noch finde. Man müsse die Projekte nun gewissenhaft aufnehmen und priorisieren, sagt die neue die Immobilien-Managerin Susanne Birk.

Folgende Bauwerke aus dem Landkreis gelten bei der Diözese als Anträge für die der Strategische Vergabeausschuss bereits eine Vorplanungsgenehmigung erteilt hat, jedoch noch keine Entscheidung des Vergabeausschusses vorliegt. Es gibt deshalb noch keine weiterführende und tragfähige Planungsleistungen. Die ältesten Anträge stammen aus dem Jahr 2007: Pfarrhaus Aufkirchen, Pfarrheim Berglern, Gesamtsanierung Marktkirche Dorfen, Instandsetzung Pfarrkirche St. Johannes Erding, Modernisierung Freifläche Pfarrzentrum Mariä Himmelfahrt in Forstern-Tading, Außensanierung Filialkirche Kirchstetten bei Grüntegernbach, Umbau und Sanierung Pfarrhaus und -heim in Ottenhofen, Instandsetzung St. Michael Kirche in Reichenkirchen und Gesamtsanierung, Filialkirche in Lohkirchen.

Noch ganz ohne Genehmigung durch den SVA, der bis zum 31. März beantragten Baumaßnahmen, ist die Nebenkirche St. Sebastian in Dorfen (Gesamtrenovierung), die Filialkirche St. Peter und Paul in Forstern-Tading (Gesamtinstandsetzung), die Pfarrkirche St. Wolfgang (Gesamtrenovierung), die Filialkirche St. Remigius in Lappach (Sanierung Dachtragwerk und Fassaden, Renovierung Friedhofsmauer), die Pfarrkirche Pauli Bekehrung in Taufkirchen (Gesamtrenovierung inklusive. Emporensanierung) und die beiden von Pfarrer Gregor Bartkowski erwähnten Projekte Pfarrkirche Mariä Geburt (Innenrenovierung, liturgische Gestaltung, Sanierung Dachwerk) und die Filialkirche St. Bartholomäus (Reparaturen außen und Innenrenovierung).

Alle diese Baumaßnahmen sollen einer erneuten Bedarfsanalyse unterzogen und priorisiert werden. Entsprechende baufachliche Kriterien sollen schnellst möglich erarbeitet werden, heißt es aus dem Erzbischöflichem Ordinariat.

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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