Die CSU denkt nach:"Rechte Flanke" verprellt Stammwähler

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OB Max Gotz fand den Wahlkampf der CSU nicht gelungen. Seehofer sei zu keinem Auftritt nach Erding gekommen. Das Bild stammt aus 2015. (Foto: Archiv pba)

Der Kreisverband geht mit Seehofers neuer Linie nicht konform: Annäherung an AfD sind unerwünscht

Von Thomas Daller, Landkreis

Die CSU im Landkreis geht mit dem Parteivorsitzenden Horst Seehofer nicht konform, der nach den Bundestagswahlergebnissen "die rechte Flanke" besetzen und "klare Kante" zeigen will. Weder der stellvertretende Landrat Jakob Schwimmer noch Erdings Oberbürgermeister Max Gotz oder Bezirksrat Franz Hofsetter vertreten die Auffassung, die CSU sollte ihre Position nun der AfD annähern. Es sei jedoch auch wichtig, nicht die Wähler der AfD zu diskriminieren, weil das Votum auch als Denkzettel zu verstehen sei und nicht zwangsläufig für eine Radikalisierung der Wählerschaft stehe. Im Hinblick auf eine Jamaika-Koalition und die Landtagswahlen 2018 in Bayern stehe die CSU vor einem extrem schwierigen Spagat: Einerseits werde man in Berlin Kompromisse mit der FDP und den Grünen eingehen müssen, andererseits müsse man auch Ergebnisse beispielsweise in der Zuwanderungspolitik erzielen, weil davon die Landtagswahl in Bayern abhängen könne. Eines will die CSU allerdings vermeiden: nun eine Personaldebatte über den Parteivorsitzenden loszutreten. Das Bild einer zerstrittenen Partei komme erfahrungsgemäß beim Wähler nicht gut an.

"Wir können die AfD nicht rechts überholen. Damit verlieren wir unsere Stammwählerschaft", sagte Jakob Schwimmer. Auch Franz Hofstetter hielt das für das falsche Signal: "Die rechte Flanke schließen - wo wollen wir noch hin? Dann sind wir bei der AfD. Das kann ich nicht gutheißen." "Wir müssen bei unserer Linie bleiben, aber genauer zuhören", ist der Standpunkt von Max Gotz. Der Protest richtet sich ihrer Auffassung nach gegen die bisherige Zuwanderungspolitik. Dabei habe auch Seehofer Fehler gemacht. Er sei mit der Obergrenze bei Merkel abgeblitzt und habe sie dennoch unterstützt und empfohlen. Man müsse die Zuwanderungspolitik ändern, "aber wir dürfen uns nicht völlig abschotten", sagte Hofstetter: "Bei einem Einwanderungsgesetz wäre ich mit dabei." Schwimmer sagte, "wir müssen dort Hilfe leisten, wo die Leute auf gepackten Koffern sitzen. Dass sie zu uns kommen, ist ein Symptom." Außerdem müsse man die Obergrenze auch einmal genauer definieren: "Ist bei den 200 000 auch der Nachzug bereits dabei?" Die Antwort könne aber nun nicht lauten, sagte Hofstetter, "dass wir nun alle abschieben - entgegen Recht und Gesetz". Gotz betonte, man dürfe den Menschen, die die AfD gewählt hätten, nicht generell eine rechtsextreme Gesinnung unterstellen: In Gesprächen hätten ihm manche erklärt, sie könnten die Union nicht wählen, wenn Merkel bei den Flüchtlingen und mit Griechenland so weiter mache. "Die brauchen einen Denkzettel", habe man ihm erklärt.

Die CSU stehe nun vor einem "extrem schwierigen Spagat", sagte Gotz im Hinblick auf die Jamaika-Koalitionsverhandlungen und die Landtagswahl in Bayern 2018. "Innerhalb der Union ist die Position der CSU nicht die stärkste." Die CSU werde Kompromisse eingehen müssen, könne aber beispielsweise beim Thema Verbrennungsmotoren nicht einknicken. "Bei den Grünen gibt es auch Realpolitiker wie Winfried Kretschmann", so Gotz.

Bei den Landtagswahlen dürfe man auch den Fehler nicht wiederholen, dass sich die CSU so stark mit sich selbst beschäftige wie vor der Bundestagswahl. "Es ist ungut, wenn man die Nachfolge völlig offen lässt und dadurch Rivalitäten entstehen wie bei Söder und Aigner", sagte Hofstetter. Die CSU habe mit "Guttenberg als Wahlkämpfer ein diffuses Bild" abgegeben, monierte Gotz. Der Erdinger Oberbürgermeister fand die Wahlkampagne "bis hin zum Generalsekretär nicht gelungen", insbesondere auch, weil Seehofer nicht zu einem Wahlkampfauftritt nach Erding gekommen sei: "Da hat einiges nicht gepasst."

Jakob Schwimmer geht davon aus, dass die AfD weitere Wahlerfolge bei den Landtagswahlen 2018 und bei den Kommunalwahlen 2020 erzielen werde. "Wir werden jetzt einige Ortsverbände bekommen. Das muss aber nicht unbedingt ein Schaden sein. Denn dann muss die AfD Farbe bekennen", sagte Schwimmer. Und daran könne man sie messen.

© SZ vom 26.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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