Debatte um Kommunalpass:Signal aus dem Maximilianeum

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Der Sozialausschuss des bayerischen Landtages fordert Landrat Bayerstorfer auf, sich beim umstrittenen Kommunalpass zu bewegen. Die ehrenamtlichen Helfer wollen sich um Bankkonten für Flüchtlinge kümmern

Von Max Ferstl, München/Erding

In der Debatte um den umstrittenen Kommunalpass hat der Sozialausschuss des bayerischen Landtages Position bezogen. Der Ausschuss kann die Geldkarte für Flüchtlinge im Landkreis Erding zwar nicht abschaffen, aber ein Signal senden. Das tat er am Donnerstagmorgen im Maximilianeum ziemlich deutlich - gegen den Kommunalpass. Die Abgeordneten Thomas Huber (CSU) und Christine Kamm (Grüne) hatten in den vergangenen Monaten zwischen Pass-Kritikern (vor allem Flüchtlingshelfer) und Befürwortern (vor allem Landrat Martin Bayerstorfer) vermittelt. Nun hoffen beide auf eine Lösung des Problems. "Es gibt ein sehr gutes Angebot der Helferkreise", sagte Huber. Er warte auf "ein Entgegenkommen des Landrats". Der Ausschuss reagierte mit seiner Erklärung auf eine Petition, die den Landtag vor eineinhalb Jahren erreichte. Gut 3 200 Menschen fordern darin, den Kommunalpass abzuschaffen.

Bayerstorfer (CSU) hat den Kommunalpass im Frühjahr 2016 eingeführt, ein bayernweit einzigartiges Modell: Flüchtlinge bekommen staatliche Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld nicht aufs Konto, sondern auf eine Geldkarte. Mit dieser können sie zwar beim Einkaufen bargeldlos bezahlen. Abheben können sie allerdings nur einen Teil ihres Guthabens - gegen Gebühr. Diskriminierend, fehler- anfällig und unpraktisch, finden Erdinger Flüchtlingshelfer den Kommunalpass. In kleineren Läden wie beim Bäcker oder Metzger könne man meist nicht mit Karte zahlen. Bayerstorfer hatte die Einführung des Passes mit hohen Verwaltungskosten begründet. Seinen Berechnungen zufolge besäßen nur ein Drittel aller Flüchtlinge ein eigenes Bankkonto. Geld zu verteilen, sei daher kompliziert und aufwendig.

Die Helferkreise bieten nun an, allen Flüchtlingen ein Bankkonto zu besorgen, die noch keines haben. In dem Fall, findet Maria Brand von der Aktionsgruppe Asyl, wäre das ursprüngliche Argument für den Kommunalpass hinfällig. Die Helfer hätten im Landkreis herumgefragt. "Etwa 80 Prozent der Flüchtlinge haben ein Konto, oder zumindest schon mal eines gehabt", sagt Brand. Sie vermutet sogar: "Wir würden dem Landratsamt eine Menge Arbeit ersparen." Es sei zwar derselbe Aufwand, das Geld auf den Kommunalpass oder auf ein normales Konto zu überweisen. Allerdings würden normale Bank-Karten deutlich seltener kaputt gehen.

Der Kommunalpass ist seit jeher umstritten. Er steht symbolisch für den großen Dissens zwischen dem Erdinger Landratsamt und den ehrenamtlichen Helfern in der Flüchtlingsfrage. "Unser Ziel war es, zu vermitteln", sagte Huber am Donnerstag. Immer wieder hatte es Gespräche gegeben, mal im gesamten Ausschuss, mal in kleiner Runde. Am 15. November saßen die Vermittler, Huber und Kamm, mit den Helfern und Landrat Bayerstorfer zusammen. Huber erinnert sich an "ein gutes Gespräch". Er glaubt: "Wir konnten beide Fronten enthärten."

Am 23. November dann schrieben die Pass-Gegner einen Brief an das Landratsamt, in dem sie ihren Vorschlag unterbreiteten. "Wir hoffen, dass der Landkreis einen Schritt zur gemeinsamen Lösung macht", sagt Kamm. Sie kündigte an, das Thema "weiter im Auge zu behalten".

Brand und die Flüchtlingshelfer verbuchten die Erklärung der Abgeordneten am Donnerstag als Erfolg: "Einstimmig und fraktionsübergreifend", freute sich Brand. Sogar von Seiten der CSU sei Unterstützung gekommen: "Ich bin vor allem dankbar." Brand weiß allerdings auch, dass noch nichts entschieden ist. Den Kommunalpass kann nur das Landratsamt abschaffen. Bisher ist nicht bekannt, wie Bayerstorfer auf das Signal aus dem Sozialausschuss reagiert. Wird er den Helfern entgegen kommen? Oder bleibt er der eigenen Linie treu? Bayerstorfer war am Donnerstag nicht zu erreichen. Der Brief der Helfer ist noch unbeantwortet.

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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