"Da ist was faul":Hohe Haftstrafe wegen Betrugs

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Schöffengericht wertet Indizienlage als eindeutig und verurteilt Angeklagten zu drei Jahren und acht Monaten. Zwei der gemieteten Autos bleiben verschollen. Staatsanwältin spricht von "reiner Märchenstunde" des 42-Jährigen

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Letztendlich waren es Indizien, die dem Schöffengericht unter Richter Björn Schindler reichten, um den 42-jährigen Angeklagten aus Großbritannien wegen sechsfachen schweren Betrugs zu drei Jahren und acht Monaten Haft zu verurteilen. Bis zuletzt hatte der Mann beteuert, dass er nichts mit der betrügerischen Anmietung von sechs Autos im Gesamtwert von 400 000 Euro an den Flughäfen Düsseldorf und München 2012 und 2013 zu tun habe. Sein Pflichtverteidiger hatte wegen mangelnder Beweise Freispruch gefordert.

Auch am dritten Verhandlungstag blieb der 42-Jährige dabei: er habe zwar in zwei der sechs Fällen die Autos angemietet - einen 45 000 teuren Mercedes und ein BMW Cabrio für 63 000 Euro - aber in beiden Fällen habe er einfach Pech gehabt. Ein Auto haben man ihm geraubt und das andere gestohlen. Beide innerhalb von zwei Tagen und in beiden Fällen habe er Anzeige bei der Polizei erstattet. Und bei den vier anderen Autos sei er nur der Fahrer gewesen, mit der Anmietung habe er nichts zu tun. Für den Autoraub gab er sogar an, eine Zeugen zu haben, einen Ladenbesitzer, der alles gesehen habe und bezeugen könne, dass es genauso passiert sei. Man müsse den Mann nur ausfindig machen und befragen. Dass er unschuldig sei, zeige auch, dass er damals freiwillig zur bulgarisch-rumänischen Grenze mit dem Auto zurück gekehrt sei, als er gehört habe, dass sein Auftraggeber an der Grenze Probleme mit dem gemieteten Wagen habe, obwohl er selber problemlos die Grenze passieren konnte. Dort habe man dann auch dieses Fahrzeug beschlagnahmt.

Für die Staatsanwältin waren die Aussagen des Angeklagten eine "reine Märchenstunde". Er habe zwar umfangreiche Aussagen gemacht, aber diese hätten sich immer wieder widersprochen. Er liefere nur eine "vorgefertigte Geschichte", die er nur immer an die aktuellen Ermittlungen und Aussagen von Zeugen anpasse. Sie forderte drei Jahre und zehn Monate Haft wegen gewerbsmäßigen Betrugs. Zudem den Einzug von 120 000 Euro für die beiden Autos, die am Münchner Flughafen gemietet wurden, aber seitdem nicht mehr auftauchten. Außerdem sollte der Angeklagte die Kosten des Verfahrens übernehmen, die nicht gering sein dürften, da einige der Angeklagten an den beiden anderen Verhandlungstagen bis aus Düsseldorf, Bochum und Oberursel anreisen mussten.

Für den Pflichtverteidiger hatten sich in der Beweisaufnahme zu viele "Lücken" aufgetan, um seinen Mandanten zu verurteilen. In vier Fällen sei er nur als Fahrer tätig gewesen, was ihm sogar das Gericht bestätigt habe. Und es gebe keinerlei Beweise, dass er die beiden von ihm angemieteten Autos nicht genauso zurück geben wollte, wie er es bei früheren Anmietungen gemacht habe. Dass es "merkwürdig" sei, dass einem innerhalb von zwei Tagen zwei Autos gestohlen werden, stimme, aber es sei eben nur merkwürdig, mehr nicht. Und das man mit so teuren Autos nicht in Länder wie Bulgarien oder Rumänien fahren dürfe, habe er vielleicht tatsächlich nicht gewusst, da darauf nicht bei jeder Vermietung explizit hingewiesen werde.

Beweise, dass der 42-Jährige schon zum Zeitpunkt der Anmietung der teuren Autos die Absicht hatte, diese nicht mehr zurück zu geben, sah auch das Schöffengericht nicht - aber die Indizienlage lasse den Schluss zu. So müsse schon sehr viel Pech dabei sein, wenn zwei Autos innerhalb von zwei Tagen gestohlen werden und wenn dann in vier weiteren Fällen mit seiner Beteiligung die Fahrzeuge weg seien. "Da muss man schon sagen, da ist was faul", so Schindler. Dass er nur noch als Fahrer aufgetreten sei, sei erklärbar. Nachdem Diebstahl der Autos sei er bei den Vermietern auf eine Sperrliste gesetzt worden. Indizien seien auch, dass nur hochpreisige Fahrzeuge angemietet wurden, und er - wenn er schon öfter teure Autos gemietet habe - wissen musste, dass man nicht nach Osteuropa fahren dürfe. Man hätte auch günstigere Autos mieten können. "All dies ergibt ein schlüssiges Gesamtbild", sagte Amtsrichter Schindler in der Urteilsbegründung zum Angeklagten, der das Urteil regungslos vernahm.

Von den sechs Autos stehen derzeit immer noch zwei an der rumänischen Grenze, die 2012 gestohlenen und von ihm gemieteten Fahrzeuge sind aufgetaucht: der Mercedes 2016 in Jordanien und das Cabrio im August 2013 in Italien. Die am Flughafen München gemieteten je 60 000 Euro teuren Autos sind bis heute verschwunden. Mit ihnen war der Verurteilte nach seinen Angaben in die Türkei gefahren.

© SZ vom 12.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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