Corona im Landkreis:"Schön langsam geht uns allen der Atem aus"

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Die Corona-Krise trifft vor allem die Reisebüros. Ihre Hoffnungen setzen sie jetzt in die Impfung und den Sommer

Von Eva Sager, Erding

Seit März gibt es für die Reisebüros im Landkreis Erding kaum etwas zu tun. Die Corona-Krise trifft die ganze Branche hart. Reisewarnungen, verunsicherte Kundinnen und Kunden, schwindende finanzielle Rücklagen - und das in der eigentlichen Hauptbuchungszeit des Jahres. Einnahmen verzeichnen die Erdinger Tourismusbüros aufgrund der Pandemie kaum noch. Ihre Hoffnungen setzen sie jetzt in die Impfung und den Sommer.

"Sie sehen nur Bilder von glücklichen Kunden", heißt es auf der Homepage des Reiseateliers Erding. Seit dem Beginn der Corona-Krise stimmt das so nicht mehr. Die Kunden bleiben aus, die Buchungen fehlen. Das bestätigt auch Inhaberin Karin Keller: "Ich glaube, da kann ich für die ganze Branche sprechen: Schön langsam geht uns allen der Atem aus. Normalerweise haben wir zu dieser Zeit die absolute Hauptbuchungssaison und sind in Vollbesetzung beschäftigt. Aber die Leute halten sich mit dem Buchen momentan noch zurück." Derzeit kümmert sich Keller zusammen mit ihrer Partnerin, Corinna Gunst, alleine um das Geschäft, die Belegschaft ist zu 100 Prozent in Kurzarbeit. Alle Hoffnungen setze man in der Branche in den kommenden Sommer. "Wir gehen alle davon aus, dass es in der zweiten Jahreshälfte wieder losgeht", sagt Keller, "dass wir dort einen gewissen Prozentsatz an Impfungen verzeichnen können und sich die Leute wieder trauen zu buchen."

Ein Einzelfall ist das Reiseatelier keiner. Auch Fabio Elentscheff von der Flugbörse Erding vermisst zurzeit die Nachfrage bei den Buchungen. Zu tun habe er momentan wenig: "Ein paar innerdeutsche Geschäftsflüge im Januar und ein, zwei Ferienhauswohnungen. Das war's. Mehr ist momentan nicht da an Nachfrage." Aushalten könne man das wie in der Gastronomie und Hotellerie nur zähneknirschend. "Wenn man in den letzten Jahren gut gewirtschaftet hat, dann lebt man jetzt noch vom angesparten Speck. Aber natürlich, wenn man vorher schon auf Kante genäht war, dann schaut es jetzt düster aus", sagt Elentscheff. Die Reiselust sei den Menschen durch die Pandemie aber nicht vergangen. Dennoch müsste man für die Zeit nach Corona mit Veränderungen rechnen: "Es wird eine andere Form des Reisens sein. Wir werden nicht mehr die Möglichkeit haben, zehn Mal am Tag nach Mallorca zu fliegen oder 15-mal von München nach Berlin. Das Angebot wird erst relativ langsam und sukzessive wieder aufgenommen werden. Gerade im Flugverkehr", sagt Elentscheff.

Mit wenigen Buchungen kämpft auch das TUI Reisebüro in Erding. Im sonst so buchungsstarken Monat fehlen die Aufträge. Ohne reisende Kunden entgehen den Reisebüros die Provisionen. Auskunft, Ausarbeitung und Beratung sind - bisher - kostenlos. "Ein Reisebüro generiert nur Gewinn, wenn jemand bucht und dann auch verreist. In der letzten Zeit haben wir ja nur umgebucht. Umgebucht und dann wieder storniert. Und wenn der Kunde nicht reist, verdient schlussendlich auch das Reisebüro nichts. Vielleicht kommt es hier auch zu einem Umdenken in unserer Branche, dass unser Service den Kunden tatsächlich ein Geld wert ist", erklärt Reiseexpertin Evi Heiss.

Hoffnungen für das Tourismusjahr 2021 sieht Wolfgang Linner von Linner Reisen in der Impfung: "Wenn zügig geimpft wird, glaube ich, dass wir heuer schon noch ein Geschäft haben könnten. Aber eine Prognose ist natürlich schwierig. Es wird auch darauf ankommen, wie es in anderen Ländern gehandhabt wird. Wir reisen besonders viel im EU-Raum, nach Österreich oder Italien."

Reisefaul seien die Menschen allerdings nicht geworden, das findet auch Karin Keller: "Alle Kunden, mit denen wir sprechen, sagen: Wir halten es nicht mehr aus, wir wollen raus. Das sieht man jetzt auch an den Leuten, die in die Berge flüchten und den Massen in den bayrischen Alpen. Man ist so lange schon zu Hause, dass man jetzt mal einen Tapetenwechsel braucht. Deshalb glaube ich schon, dass die Lust aufs Reisen bald wiederkommen wird."

© SZ vom 11.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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