Chronik von Fraunberg:Ein Mammutwerk

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Vom Miozän bis zur Gegenwart: Die 1248 Seiten starke Chronik von Fraunberg schildert umfassend die Geschichte der Gemeinde - bis in die kleinsten Details

Von Gerhard Wilhelm, Fraunberg

In nur drei Jahren ist aus der Idee, die Geschichte der Gemeinde Fraunberg in einer Chronik zu schildern, ein zweibändiges Werk mit zusammen 1248 Seiten geworden - mit zahlreichen Texten und Bildern, mit 111 Beiträgen von 25 Autoren und mehr als 1200 Fotos, Post- und Landkarten, Urkunden und Grafiken. Es zeichnet ein umfassendes Bild der Kommune über die Jahrhunderte hinweg - vom Miozän bis zur Gegenwart. "Es war eine Wahnsinnsarbeit, die die Mitarbeiter geleistet haben. Aber es hat sich gelohnt", sagt Anna Gfirtner, die Kulturreferentin der Gemeinde. Auslöser war ein Vortrag der Historikerin Monika Ofer im Foyer des Fraunberger Wasserschlosses zum Thema "Das Archiv der Hofmark Fraunberg - Harnisch - Herrschaft - Bauernland" im April 2013. "Viele packte es, sich der eigenen Geschichte zu widmen und es fanden sich bald 20 Interessierte", sagt Anna Gfirtner. Ein "Glücksfall" sei es dann gewesen, dass zum neu gegründeten Arbeitskreis "Ortschronik" Martin Lex aus Kirchasch gestoßen sei, der sich intensiv mit der mehr als 400 Seiten umfassenden Häuserchronik beschäftigte und dafür viele Stunden für seine ausgiebigen Recherchen in verschiedenen Archiven verbrachte, wie Gfirtner sagt. Ebenfalls immens viel Arbeit hätten Anneliese Blumoser und Rita Daschinger geleistet. "Sie haben wirklich jedes Haus abgelaufen, um nach Dokumenten und Fotos zu suchen oder Erzählungen aufzuzeichnen." Auf das fertige Werk würden bereits jetzt zahlreiche Familienforscher warten, die sich Einblick in ihre persönlichen Wurzeln erhoffen, sagt Anna Gfirtner. Für die Projektgruppe selber ist nach drei intensiven Jahren erst mal Pause. Aber es gibt schon Pläne für später: "Wir wollen im neuen Gemeindezentrum ein richtiges Gemeindearchiv erstellen und dazu immer wieder mal aus den Beständen, die bei weitem noch nicht alle veröffentlicht sind, Themenausstellungen machen."

Die demnächst offiziell erhältliche zweibändige Chronik gibt einen umfassenden Einblick in die Geschichte der Gemeinde, die Hofmark und das Schloss und natürlich das Adelsgeschlecht derer von Fraunberg, die Fraunberger in der Welt, die Kirchengeschichte Fraunberg/Riding, die Geschichte der Häuser und Höfe (Häuserchronik), Haus- und Ortsnamen, Landwirtschaft und Natur, die Lebensader Strogn, Mühlen, Erdgeschichte, die Geschichte des Schulwesens. Über die zwei Weltkriege, die kommunale Entwicklung, Wirtschaft und Gewerbe, Berufsstände, öffentliche Personen, kommunale Einrichtungen, Kultur, Kunst und Brauchtum, Vereine, Flurbereinigung und Gemeindeentwicklung, persönliche Geschichten und natürlich über die "gute, alte Zeit" ist viel zu lesen.

Vor mehr als hundert Jahren wurde dieses Foto aufgenommen: Zu sehen ist die Krämerei Wiesmüller, die Dorfmitte von Fraunberg, um das Jahr 1910. (Foto: Anneliese Penker/oh)

In vielen Kapitel gibt es kleine, nette Einblicke in vergangene Zeiten, die sich jemand, der erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geboren ist, gar nicht vorstellen kann. Aber es werden auch Themen angesprochen, die in anderen Chroniken seltener vorkommen, zum Beispiel Kriminalfälle in der Gemeinde, die etwas düstere Seite der Fraunberger Geschichte. Da geht es zum Beispiel um die "Schwängerung der Tagwerkerstochter Ursula Heigl" 1717, eine "derbe Wirtshausschlägerei 1718 und einen Mord beim Mesner in Riding.

Die offizielle Geschichte Fraunbergs beginnt mit der Erwähnung eines "Arnoldus de Frawnperg" 1144 in einer Weihenstephaner Aufzeichnung, doch die Ansiedlungen reichen nach archäologischen Funden bis in die Bronzezeit zurück. Überhaupt ist die Gemeinde eng mit dem Adelsgeschlecht derer von Fraunberg verbunden, wie die Chronik zeigt. Nur noch ältere Fraunberger werden sich zum Beispiel aber daran erinnern, dass 1962 aus fast jedem Haus im Dorf jemand zum Arbeiten ins Schloss kam - denn dort gab es seit 1953 eine gewerbemäßige Strickerei, die Wollmützen und Hüte herstellte.

Faszinierende Einblicke: Otto von Fraunberg als Autofahrer mit Ehefrau Ida und Sohn Wolf, um 1920. (Foto: Bestand Schloss Fraunberg)

Dass Fraunberg heute an einer wichtigen Straße Richtung Moosburg liegt, ist im Übrigen nicht dem Gemeinderat von 1905 zu verdanken, wie der Chronik zu entnehmen ist. Von der Errichtung einer "Motorwagenverbindung" von Erding nach Wartenberg erwartete man nur "eine Menge Widerwärtigkeiten" und man sprach sich für eine Eisenbahnlinie aus. Das Ende vom Lied kennt man. Es sind zahlreiche weitere kleine Details, die man aus den beiden Büchern erfährt. Dass zum Beispiel Fraunberg an Ostern 1921 an die Stromversorgung angeschlossen wurde, für den Bürgermeister gab es im November 1921 satte 8000 Mark Gehalt, was aber angesichts der damals schon einsetzenden Inflation wohl nicht lange ausgereicht hat zum Leben.

Die beiden Weltkriege brachten auch nach Fraunberg großes Leid und es wurden zahlreiche Toten beklagt. Das letzte Opfer war ein sechsjähriger Bub, der kurz vor Fronleichnam 1945 einen Blindgänger fand, beim Fallenlassen explodierte die Granate. Wie das Leben daheim und für die Fraunberger an der Front war, wird auf 50 Seiten gezeigt, zum Beispiel im Kapitel "Kriegszeiten - Schicksalszeiten".

Doch die netten Episoden überwiegen. Wie die von der "Florl Res": Ihr Lebensstil habe etwas "hexenhaftes" gehabt, sie habe die Schuttablagen nach Brauchbarem abgesucht und viele ihrer vierbeinigen Mitbewohner - Ratten - hätten sogar Namen gehabt.

Band 2 der Chronik ist dann überwiegend den noch bestehenden oder längst verschwundenen Häusern gewidmet. Akribisch wird von Martin Lex für jedes Haus die Chronik niedergeschrieben - eine Quelle für jeden Einheimischen und Zugezogenen bei einem Spaziergang durch die Orte.

Die zweibändige Chronik wird erstmals am Sonntag, 27. November, zu einem Preis von 78 Euro für beide Bände in den Verkauf gehen. In der Zeit vom 17. bis 26. November gibt es eine Vor-Reservierung zum Sonderpreis von 70 Euro unter der Mail-Adresse anna.gfirtner@freenet.de oder Telefon 08084/2081.

© SZ vom 03.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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