Christkindlmarkt in Erding:Stille Nachmittage

Lesezeit: 4 min

Die Diskussionen um die Standvergabe auf dem Erdinger Christkindlmarkt sind laut, vor allem online. Die Standbetreiber spüren das fehlende Publikum. Laut Fritz Steinberger blieben allerdings keine Standplätze unbelegt

Von Julian Zieglmaier, Erding

Mittagspause, Zeit für eine Wurstsemmel. Man schlendert die Dorfener Straße hinauf in Richtung Schrannenplatz. Von Weitem sieht man die Stände des Christkindlmarktes. Schöner als hier erwischt man es nicht oft. Die Häuser um den Platz, ihre schmucken Fassaden, die Schrannenhalle selbst, der Kleine Platz. Wie aus dem Bilderbuch. Auf den ersten Blick fehlt nichts. Weder Buden, noch eine Eisbahn. Doch auf den zweiten Blick wird man stutzig, viel ist nicht los. Zumindest nicht so viel wie gewöhnlich zur Mittagszeit. Hört man sich auf dem Marktplatz um, dann mischen sich Zwischentöne in die Weihnachtsmusik. Viele Beschicker sind unzufrieden mit der Besucherzahl und ihrem Umsatz.

Sprung ins Jahr 2016. Sascha Schmid, der Betreiber des Schwenkgrills, bekam erstmals keinen Standplatz auf dem Erdinger Christkindlmarkt. Als Grund gaben die Organisatoren, der Verschönerungsverein Erding, unter anderem an, dass sich bereits genügend Imbissstände angemeldet hätten. Daraufhin verklagte Schmid den Verein. Auf Rat des Gerichts übernahm dieser die Prozesskosten und Schmid verzichtete im Gegenzug auf Schadenersatz. Aber ein klar strukturiertes Vergabeverfahren wurde nötig, um dem Vorwurf der Spezlwirtschaft und einem erneuten Gerichtsverfahren zu entgehen.

Zur Mittagszeit ist es auf dem Erdinger Christkindlmarkt dieses Jahr eher ruhig. (Foto: Renate Schmidt)

2018 gab es zum ersten Mal eine Bewerbungsfrist. Unternehmern, die sich rechtzeitig bewarben, wurden verfügbare Stellflächen zugewiesen. Dann wurde die Standvergabe im Stadtrat beraten. Es gab keine Beanstandungen. Zwar war aufgefallen, dass etablierte Stände fehlten, aber für ein ordentliches Verfahren waren nach Aussagen des Vorsitzenden des Verschönerungsvereins, Fritz Steinberger, und des Oberbürgermeisters Max Gotz (CSU) der Stadt und dem Verein die Hände gebunden. Dieses Jahr fehlen die Stände der Brüder Krönauer, der Familie Brandhuber, von Beppo Hermann und Peter Lingnau. Für die Aussteller und Kunden ärgerlich. In Anbetracht der letzten zwei Jahre aber nachvollziehbar, da Fritz Steinberger kein unnötiges rechtliches Risiko eingehen wollte. Dennoch kommen viele Erdinger dieses Jahr nicht auf den Markt.

"Bis jetzt haben wir nur die Hälfte vom normalen Umsatz gemacht. Wirklich jeder Tag war schlecht. Die Kosten decken wir, aber man merkt, dass Stammkundschaft fehlt", beschreibt Andreas Diebold aus Taufkirchen seine Lage. Er betreibt einen Waffelstand auf dem Markt und ist das zehnte Jahr dabei. "Vielleicht wäre es für die Zukunft gut, wenn die Bekanntmachung über das Internet geht." Auch Klaus Seitz, der seit 40 Jahren Wollsachen auf dem Christkindlmarkt verkauft, vermisst die alteingesessenen Stände: "Dieses Jahr läuft's wesentlich schlechter als letztes Jahr. Es ist nicht besonders voll, weil die einheimischen Stammkunden wegbleiben." Eigentlich sei der Markt ein Treffpunkt für die Leute aus der Gegend gewesen. Noch drastischer formuliert Caroline Hagenau aus Chieming, die Schmuck verkauft, ihre Lage: "Ich mache das seit vier Jahren und das ist der schlechteste Stand seitdem. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, werde ich nächstes Jahr nicht wieder herkommen." Nur an den Glühweinständen sei abends wirklich viel los. Für den Wirt der Herzogstubn, Thomas Eichloff, der auch dieses Jahr wieder Raclettebrot und Glühwein auf dem Markt verkauft, war die Bewerbung kein Problem: "Ich reiche meine Bewerbung schon immer gleich im Januar wieder ein." Ihm sei allerdings, genauso wie vielen anderen Beschickern auch, aufgefallen, dass sich vor allem auf Facebook so etwas Ähnliches wie ein Boykott entwickelt habe. "So bestraft man Kollegen, die nichts dafür können", ärgert sich Bernhard Kollmann, der Betreiber der Eiszeit, über die Stimmung im Netz. Auch wenn er selbst zufrieden sei.

Abends wird es vor allem an den Glühweinständen voll. (Foto: Renate Schmidt)

Gerade im Internet sowie in Leserbriefen machen viele Erdinger aus ihrer Meinung und dem Vorhaben, dieses Jahr ganz sicher nicht auf den Christkindlmarkt zu gehen keinen Hehl. Als Hauptgrund wird genannt, dass alteingesessene Stände fehlten. Diese seien fast schon willkürlich ausgeschlossen worden, der Stadtrat, beziehungsweise Fritz Steinberger, hätten einschreiten müssen und die Schuld liege bei den Organisatoren, heißt es außerdem. Die Kommentatoren bestärken sich gegenseitig darin, den Christkindlmarkt zu boykottieren.

Fritz Steinberger, von vielen als Hauptschuldiger ausgemacht, tritt der Kritik entschlossen entgegen. "Das treibt mich nur noch mehr an. Wir folgen allen Regeln, wie vom Gericht gefordert. Es gibt dieses Jahr einen richtigen Brandschutz. Alles ist genehmigt. Wir halten uns an alle Kriterien der Stadt, zum Beispiel haben wir Stände für Vereine wie den Rotary Club und den Jagdverein bereitgestellt." Für diejenigen, die sich über den Christkindlmarkt beschwerten habe er kein Verständnis. "Und es ist auch nicht so, dass noch Standplätze frei sind. Alle offiziellen Plätze sind belegt. Wir hätten jemandem, der sich rechtzeitig beworben hat, einen Platz im Nachhinein aberkennen müssen." Nur dann hätte einer der traditionellen Stände, die nicht berücksichtig wurden, noch Platz gehabt. Das sei unmöglich gewesen, es habe ja weitere Absagen an andere Bewerber gegeben.

Die meisten Stände haben trotzdem mit geringem Umsatz und wenigen Besuchern zu kämpfen. (Foto: Renate Schmidt)

Christoph Krönauer, Betreiber eines der nicht berücksichtigten Stände, freut sich zwar über den Zuspruch im Netz. Dennoch wünscht er den diesjährigen Beschickern alles Gute: "Ich würde mir ja ins eigene Fleisch schneiden, wenn es dieses Jahr nicht gut läuft. Sonst findet der Markt nächstes Jahr nicht mehr statt, und wir wollen ja dann wieder dabei sein." Er sei nach wie vor der Meinung, dass es möglich gewesen wäre, die Stände, welche die Frist nicht einhalten konnten noch zu berücksichtigen. Den Glühweinausschank mit Würstelverkauf, der bereits zweimal im Garten des Eiscafé Krönauer stattgefunden hat, will er nicht als Gegenveranstaltung verstanden wissen: "Wir machen halt jetzt so zwei bis dreimal für unsere Stammkunden etwas Weihnachtliches. Mit unserem normalen Stand kann man das nicht vergleichen."

"Wir waren schon drei Jahre nicht mehr da. Es ist wunderbar ruhig, vor allem mit Kinderwagen ist das wirklich angenehm", sieht eine Familie aus Freising aber auch die positiven Seiten des Christkindlmarktes. Trotz der negativen Zwischentöne.

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: