Caritas zieht Bilanz:Nächstenliebe ist teuer

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Die Caritas ist immer auf der Suche nach Spendengeldern. Die Aktion "Eine Million Sterne" ist auch ein solcher Versuch. (Foto: Renate Schmidt)

Die Caritas Erding rechnet in diesem und im kommenden Jahr mit Defiziten von jeweils einer halben Million Euro. Die Spendenbereitschaft nimmt ab, eine Lösung zeichnet sich jedoch noch nicht ab

Von Yvonne Ramp, Erding

Die Caritas Erding muss auch in den nächsten Jahren mit hohen Defiziten rechnen. 2016 können 502 000 Euro nicht aus eigenen Mitteln finanziert werden, für 2017 wird werden 561 000 Euro Verlust erwartet. Die Spenden und Spendenbereitschaft nehmen ständig ab, das beklagten die Teilnehmer der Mitgliederversammlung des Caritas-Zentrums Erding am Dienstag. Mitgliedsbeiträge, Spendensammlungen und die Eigenmittel reichen demnach nicht aus, um alle Projekte zu finanzieren. "Wir sind ein lebendiges Zentrum mit ständig neuen Angeboten und viel Veränderung, das kostet eben auch", sagte Josef Erhard, der neu gewählte Vorsitzende des Caritas-Kuratoriums.

In der Sitzung wurden vergangene und künftige Projekte vorgestellt, die Mitglieder erhielten einen Verwendungsnachweis für das Jahr 2015 und einen Plan für 2017. Die roten Zahlen kamen aber nicht überraschend: "Eine halbe Million Euro Caritas- Zuschüsse braucht man allein dafür, den Bedürftigen im reichen Landkreis Erding zu helfen, das muss man sich einmal vorstellen", meinte Erhard. Auch 2015 konnte der Haushalt nicht ausgeglichen werden, das Defizit war aber mit etwas mehr als 325 000 Euro noch deutlich geringer. Diese Finanzierungslücken werden über den Diözesan-Caritasverband mit Geld aus Kirchensteuer ausgeglichen. Das Caritas Zentrum Erding muss immer mehr um Unterstützung für seine Projekte kämpfen, auch das wurde deutlich: 20 000 Euro weniger Spenden habe man im Vergleich zu 2013 eingenommen. Dieter Prechtl vom Pfarrverband Langengeisling sagte: "Auch bei uns fallen 20 000 Euro Spenden weg, und die noch verbleibenden kommen überwiegend von älteren Menschen". Doch die Gemeinde "entgreist". Es gebe immer weniger alte Menschen, "und von den jungen bekommt man nichts". Erhard bestätigte, dass die geringe Spendenbereitschaft ein großes Problem sei. Auf Sammler, die von Tür zu Tür gehen, reagierten die Menschen mit Skepsis oder Ablehnung. Aber wenn nicht mehr an der Haustür gesammelt werde, müsse dies ausgeglichen werden. Da wären ihnen nur Überweisungsscheine in Briefform eingefallen, sagt Erhard. "Für fünf Euro geht aber doch keiner auf die Bank", entgegnete Prechtl. Diakon Thomas Zaminer sagte, Spenden von fünf Euro gebe es kaum. Sie begännen bei 15 Euro aufwärts. "Manchmal bekommt man Spenden von 100 Euro aus einer Ecke, von der man es nie erwartet hätte. Oft sind das gar keine Katholiken", sagte der Moosinninger Diakon.

Als weitere mögliche Einnahmequelle sah Erhard, die Pfarreien um regelmäßige Mitgliedsbeiträge zu bitten. Im Moment zahlen sie je nach Möglichkeit auf freiwilliger Basis. Das Kuratorium habe bei der vergangenen Versammlung an 70 Cent pro Jahr pro Katholik gedacht. Zaminer schüttelte den Kopf und meinte, das sei unmöglich: "Uns bleibt kaum etwas übrig." Allein vierzig Prozent des Etats müsse die Pfarrei für soziale Aufgaben verwenden, und das seien nicht die einzigen Ausgaben. "Setzen Sie keine Summe an, die keiner erreichen kann. Sonst bekommen Sie irgendwann gar nichts mehr", warnte er Erhard.

"Wir sind ein Wohlfahrtsverband", sagt Erhard, "aber auch ein großer Arbeitgeber. Wir verbinden Nächstenliebe mit Professionalität und setzen auf Innovation und Weiterbildung." 192 hauptamtliche Arbeiter gibt es bei der Caritas, 270 ehrenamtliche. "Ohne die Ehrenamtlichen geht gar nichts", sagt Margit Junker-Sturm, Beisitzerin im Kuratorium. Die Caritas bietet in acht Fachgebieten 39 Angebote, so Kreisgeschäftsführerin Barbara Gaab. Hauptaufgaben sind Prävention und der Kampf gegen Armut und gegen Obdachlosigkeit. "Wir können keine Wohnungen zaubern, aber wir können helfen, sie zu finden", sagte Gaab. Für 2017 ist ein Pilotprojekt Inklusion geplant, nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Menschen mit Handicap oder eingeschränkten finanziellen Mitteln. Ihnen will man helfen, ihren Platz im gesellschaftlichen Leben finden.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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