Bürgermeister Roland Frick wusste nichts vom dem Auftritt:Durch die Hintertür

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Weil alle Gastwirte absagen, mietet sich die AfD im Plieninger Bürgerhaus ein. Den Vortrag des Abends soll der als rechtsaußen geltende Martin Hohmann halten - ein Detail, von dem die Gemeinde anscheinend nichts wusste

Von Victor Sattler, Ebersberg/Erding

Der AfD gelingt nach einem halben Jahr und dank neuem Ansatz, was im vorigen November erfolglos geblieben war: Eine Bühne für den umstrittenen Martin Hohmann zu finden, der 2004 wegen Antisemitismusvorwürfen aus der CDU ausgeschlossen wurde. Nachdem sich die Gastwirte im Landkreis Ebersberg nahezu lückenlos gegen Hohmann stellten, mietete der stellvertretende AfD-Kreisvorsitzende Hjalmar Brauner die Kundgebung im Plieninger Bürgerhaus ein.

Als Titelbild steht es auf der Facebook-Seite des AfD-Kreisverbands Erding-Ebersberg, dass Martin Hohmann am 11. Mai um 19 Uhr sprechen soll. Bis auf ein großes Porträt-Foto von Hohmann ist die Nachrichtenlage aber recht dünn: Die AfD bittet darum, rechtzeitig vor Ort zu sein. Von diesem Ort ist aber nur bekannt, dass er im "Großraum Markt Schwaben" liege. Weitere Informationen gebe es per E-Mail. Die Geheimniskrämerei rührt nicht von ungefähr: Vor einem halben Jahr war es den Veranstaltern zum Verhängnis geworden, dass sie ihre Lokalität öffentlich ankündigten. In der Gaststätte "Ebersberger Alm", wollte der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Hohmann über den "deutschen Schuldkomplex" sprechen; ein beliebtes geschichtsrevisionistisches Schlagwort zur Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen. Die Schuld, die Hohmann von deutschen Schultern nehmen will, hängt er den "weltbolschewistischen" Juden an und macht sie damit zum Tätervolk. Aufgewärmten Antisemitismus konnte CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel damals mit den Grundsätzen der Partei nicht vereinen - und beantragte Hohmanns Ausschluss.

"Die Grenze ist überschritten bei Rassismus, Antisemitismus und Homophobie. Mit diesen Elementen hat Hohmann eine Geschichte, als rechter Rand der Partei", mahnt Christian Rummel vom Bündnis "Bunt statt Braun". "Man darf nicht den Eindruck vermitteln, dass sie machen können, was sie wollen." Folglich begrüßte Rummel es, als die "Ebersberger Alm" im November die Reservierung der AfD stornierte. Nachdem ein offener Brief der "Demokratischen Jugend" aus Rosenheim auch die verbleibenden Wirte im Landkreis zum Boykott aufrief, sagte die AfD zwar Hohmanns Vortrag ab, wehrte sich aber mit einer Strafanzeige: Obwohl die Betreiber aus Überzeugung gehandelt hatten, erklärte die AfD Erding-Ebersberg die Wirte zu den Opfern einer Drohkampagne.

Fast sechs Monate später zeigen sich die Wirte nicht eingeschüchtert, sondern habe eine offene Meinung: "Bis zu einem Punkt bin ich als Wirt unparteiisch, ich darf nicht sympathisieren", sagt Alexander Hoyer vom Brauhaus Schweiger in Markt Schwaben. "Aber ich habe Gäste und Mitarbeiter aus aller Welt - und die AfD hat einen Punkt überschritten, der nicht mit unserer Philosophie vereinbar ist." Nur ein paar Wochen sei es her, dass die AfD Interesse angemeldet habe. Auch im Anzinger Forsthof sei jemand von der AfD vorbeigekommen, erzählt Johannes Bauer. "Aber wir haben keine Räumlichkeiten für die AfD", erklärt er gleich. Anita Stocker, Chefin des Gasthof Stocker in Pliening, sieht das Ganze pragmatischer: "Ich bin Wirtin. Ich bin multi-kulti. Bei mir sind alle Parteien gleich."

Zwischen diesen beiden Extremen fällt nur die Antwort von Martin Forchhammer differenzierter aus. Dessen Gasthof in Pliening habe die AfD zwar angefragt, aber: "Nicht in meinem Haus, habe ich gesagt". Auch, weil er Protest-Graffiti der AfD-Gegner fürchtete. Das Catering für die 100 veranschlagten Gäste übernehmen die Forchhammers trotzdem. "Solange die Partei zugelassen ist, kann ich sie nicht schuldig sprechen", erklärt Forchhammer.

Vor einem halben Jahr, als die Absagen der Wirte Schlagzeilen machten, habe es die Partei schon einmal versucht, sagt Plienings Bürgermeister Roland Frick. Diesmal habe er von Hohmann aber nichts gewusst. "Privatpersonen können Nein sagen, aber als Kommune haben wir keine Berechtigung dazu. Es gilt das Grundgesetz." Wenn er gewusst hätte, dass Martin Hohmann sprechen soll, hätte er den Gemeinderat eingebunden, so Frick, um in einer Einzelfallentscheidung zu prüfen, ob man der AfD - rein juristisch gesehen - auch absagen darf. Die öffentliche Aufregung im November habe er zwar mitbekommen, es mit der Anfrage aber nicht in Verbindung gebracht. "Das war eine bisschen linke Tour", findet er.

© SZ vom 05.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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