BRK-Kreisverband Erding:Entscheidendes Signal

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Der Kreisausschuss ist einstimmig dafür, dass das Modellprojekt Second Stage für Frauen in Not weitergeführt wird. Die staatliche Förderung läuft 2021 aus. Auf einen Kreiszuschuss will sich das Gremium aber noch nicht festlegen

Von Regina Bluhme, Erding

Vier Frauen und vier Kinder werden aktuell im Frauenhaus Landkreis Erding unter der Leitung des BRK-Kreisverbands betreut. Kreisgeschäftsführerin Gisela van der Heijden hat am Montag im Kreisausschuss die Unterstützungsangebote für Gewaltopfer vorgestellt und dabei große Zustimmung erfahren. Das Gremium befürwortet, dass der Zuschuss für die Interventionsstelle um 3000 Euro auf 33 000 Euro angehoben werden soll. Zudem empfiehlt das Gremium dem Kreistag, das Pilotprojekt Second Stage weiterzuführen. Der Antrag des BRK, dafür Mittel bis zu 58 000 Euro zur Verfügung zu stellen, falls sich der Staat aus der Finanzierung verabschiedet, wurde zurückgestellt. Einhelliger Tenor: Für das Modell, dessen Förderung durch das Sozialministerium Mitte 2021 ausläuft, wolle man nicht zu voreilig den Staat aus der Pflicht entlassen.

"Corona hat uns ein bisschen Mühe gemacht", sagte Gisela van der Heijden. Im ersten Lockdown gab es einen Aufnahmestopp. Kurzarbeit und Homeoffice mache es Opfern von Gewalt noch schwerer, den Peinigern zu entkommen. Zum einen fehle die Sozialkontrolle, zum andern sind alle zuhause - und die Frauen ständig unter Beobachtung. "Wir gehen von einer hohen Dunkelziffer aus". Das BRK habe "an prägnanten Stellen", wie Arztpraxen, Flyer ausgelegt. Ulla Dieckmann (SPD) regte an, mit den Infos "auch an den gemeindlichen Mitteilungsblättern "anzudocken".

Insgesamt haben in diesem Jahr 32 Frauen und 29 Kinder Zuflucht im Frauenhaus gefunden. Betreut werden sie von Sozialpädagogen (1,5 Stellen) und einer Erzieherin. Auf Nachfrage von Seiten Helga Stieglmeiers (Grüne) erklärte van der Heijden, dass die maximale staatliche Förderung in Anspruch genommen werde und dementsprechend auch der Mitarbeiterschlüssel angepasst worden sei.

Die Interventionsstelle, die zum einen berät und zum anderen nach polizeilicher Intervention Kontakt mit Opfern häuslicher Gewalt aufnimmt, ist mit einer 19,25 Wochenstunden-Stelle besetzt. Laut van der Heijden wurden im vergangenen Jahr 59 Anrufe registriert und 34 persönliche Kontakte. Ein höherer Zuschuss sei aufgrund "von Personaltarifsteigerungen und Stufenanpassungen" notwendig, erklärte Christine Kaltenbach, die Fachbereichsleiterin im Landratsamt. Auf Anregung der Grünen-Fraktion ist inzwischen die Nummer des Frauennotrufs auf der Homepage des Landkreises aufgenommen.

Das 2019 gestartete Pilotprojekt Second Stage "läuft sehr gut", informierte Gisela van der Heijden den Kreisausschuss. Das Modell stellt Gewaltopfern nach dem Auszug aus dem Frauenhaus übergangsweise eine Wohnung zur Verfügung. Zudem werden die Frauen auf dem Weg in die Eigenständigkeit betreut. Seit Dezember 2019 kamen drei Frauen in einer Anschlussunterkunft unter. Es stehen zwei Einraumwohnung und eine etwas größere Unterkunft zur Verfügung, so van der Heijden.

Für das Second Stage Pilotprojekt sei es wichtig, dass es von Seiten des Landkreises Unterstützung erfahre, betonte Christine Kaltenbach: "Eine staatliche Modellförderung geht immer von einer Nachhaltigkeit aus." Heißt: Sollte das Projekt nach dem Auslaufen der staatlichen Förderung gestoppt werden, bestehe die Gefahr, dass eine Rückzahlung der Fördergelder eingefordert werde.

Von der Notwendigkeit dieses Projekts waren alle Mitglieder des Kreisausschusses überzeugt. Nach Ansicht von Hans Wiesmaier (CSU) kommt es auf ein "entscheidendes Signal nach außen" an. Second Stage sei zweifellos eine "gute Einrichtung", aber auch "eine Herausforderung": Wenn der Landkreis jetzt beschließe, bei einem Rückzug des Staats bis zu 58 000 Euro zu übernehmen, "dann haben wir bei Verhandlungen schlechte Karten". Der Landkreis signalisiere vielmehr, "wir brauchen die Förderung nicht". Das sah auch der Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) so. "Wir sollten den Staat nicht aus der Verantwortung entlassen."

Dem Kreistag wird einstimmig empfohlen: Die Interventionsstelle wird künftig mit 3000 Euro mehr, also mit 33 000 Euro unterstützt. Der BRK-Kreisverband wird beauftragt, das Projekt Second Stage weiterhin umzusetzen, allerdings mit dem Zusatz "unter Vorgabe einer staatlichen Förderung". Sollten hier Änderungen eintreten, so Bayerstorfer, dann werde erneut über den Antrag abgestimmt.

© SZ vom 02.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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