Bombenfunde in Erding:Schlummernde Gefahr

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Nach den Bombensuchern sind jetzt die Archäologen auf der Sportparkbaustelle in den Geislinger Ängern. (Foto: Renate Schmidt)

Binnen zehn Tagen wurden auf der Baustelle in Erding nach drei Fliegerbomben gefunden. Wieso die Blindgänger nicht schon bei der Voruntersuchung entdeckt worden waren, ist unklar.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Drei Bombenfunde innerhalb von zehn Tagen lassen die Frage aufkommen, wie viele Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg noch im Erdinger Boden stecken. Die drei Sprengkörper wurde alle auf der Sportparkbaustelle nördlich der Eishalle entdeckt, wo nur kurz zuvor die Erdarbeiten begonnen hatten. Bei Baggerarbeiten wurden die Bomben in etwa 1,5 Meter Tiefe freigelegt. In allen drei Fällen wurde die Umgebung des Geländes sofort abgesperrt, und ein Sprengkommando konnte jede der Fliegerbomben schnell entschärfen. Pikant ist jedoch, dass das Baustellengelände zuvor schon von der Unterhachinger Firma HRS auf Kampfmittel untersucht worden war.

Eine Untersuchung, die "obligatorisch ist", wie Christian Wanninger, Pressesprecher der Stadt Erding, betont. Von Luftaufnahmen her habe man den Verdacht gehabt, dass dort nicht detonierte Bomben liegen könnten. Nach dem Fund am Dienstag, 25. Juni, hatte die Stadt Erding eine "erneute Kampfmittelerkundung veranlasst". Dabei sei dann am Samstag die 125-Kilo-Bombe entdeckt worden. Das "große Rätsel" sei laut Wanninger, warum man die Bomben nicht schon bei der ersten Untersuchung entdeckt habe. Diese Frage müsse die Firma HRS beantworten.

Nach Ansicht von Harald Krause, dem Leiter des Museums Erding, stammen die Fliegerbomben "mit großer Wahrscheinlichkeit" von einem Luftangriff am 24. April 1944. Der Angriff, der von etwa 300 Maschinen geflogen worden sei, habe im eigentlichen Ziel, dem Fliegerhorst, beträchtliche Schäden angerichtet. Insgesamt sollen bei dem Angriff mehr als 2000 Brand- und Sprengbomben auf Erding abgeworfen worden sein. Insgesamt wisse man, so Krause, von acht Luftangriffe auf den Fliegerhorst Erding in den Jahren 1944 und 1945, die teilweise auch Eichenkofen, Altham und Langengeisling trafen. Neben dem Fund selbst zeugen laut Krause zahlreiche, längst wiederverfüllte, Bombentrichter auf der Sportpark-Baustelle von diesen Angriffen. Die aktuell dort tätige Ausgrabungsfirma dokumentiere somit nicht nur die archäologischen Spuren aus vielen Jahrtausenden, sondern auch zeitgeschichtliche Spuren aus dem Zweiten Weltkrieg.

"Wir wollen einen weiteren Fund kategorisch ausschließen", betont OB Max Gotz. Die archäologischen Untersuchungen und die folgenden Aushubarbeiten "sollen absolut sicher ausgeführt werden können". Weder die Stadt noch die Firma HRS habe Fehler gemacht, sagt Gotz. Die Stadt sei nicht unbedingt von Bombenfunden ausgegangen, da es beim Bau des Eisstadion in der Nähe keine derartigen Probleme gegeben habe. Er selber würde aber immer wieder darauf drängen, in Erding bei Neubauten eine Untersuchung auf mögliche Kampfmittel in Auftrag zu geben. Die Bombenfunde würden jetzt zeigen, "dass Sorgfalt vor Schnelligkeit gehen muss". Dass die Firma beim ersten Mal nicht alle Bomben gefunden habe, hätten ihm Experten mit "Grauzonen" bei den Untersuchungen erklärt. Ob der Zeitplan beim Bau des Sportgeländes mit Turnhalle eingehalten werden könne, sei fraglich, es werde zumindest sehr eng, zumal man vor weiteren Überraschungen nie gefeit sei.

Laut Michael Siefener, dem stellvertretenden Pressesprecher im bayerischen Innenministerium, dem das Sprengkommando untersteht, handelte es sich bei den Funden um Bombenblindgänger mit Aufschlagzünder, die mit der erforderlichen Sorgfalt von den Spezialisten in der Regel behandelt und entschärft werden könnten. Die entschärften Bomben seien schnell abtransportiert worden und würden nun entsorgt werden.

Von der Firma HRS war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten, warum die Bomben nicht schon bei der ersten Untersuchung gefunden wurden.

© SZ vom 02.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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