Bilanz einer Legislaturperiode:Der gläserne Abgeordnete

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Ewald Schurer (SPD) und Andreas Lenz (CSU) vertreten Erding/Ebersberg seit der Wahl 2013 im Bundestag. Ein Dokumentationssystem zeigt, was die beiden in Berlin seitdem getan haben. Von Reden halten bis Anträge stellen

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Alle vier Jahre wird in Deutschland der Bundestag gewählt. Am Sonntag, 24. September, ist es wieder so weit. Die aussichtsreichsten Kandidaten für einen Einzug in das nächste Parlament aus dem Bundestagswahlkreis Erding/Ebersberg sind Ewald Schurer (SPD) und Andreas Lenz (CSU). Letzterer ist erst seit der Wahl im September 2013 Bundestagsabgeordneter, Ewald Schurer saß bereits von 1998 bis 2002 sowie seit 2005 im Bundestag. Berlin ist weit weg und die Frage berechtigt: Was haben die beiden Abgeordneten in den vergangenen vier Jahren gemacht?

Das kann jeder Bürger sogar selber herausfinden, denn es gibt das Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge (DIP). Diese Parlamentsdokumentation wertet die öffentlich zugänglichen Materialien des Deutschen Bundestages und des Bundesrates (Plenardebatten, Gesetzentwürfe, Anträge, Anfragen, Berichte) nach formalen und inhaltlichen Kriterien aus. So ist es möglich, parlamentarische Beratungsvorgänge nach Themen zu recherchieren (zum Beispiel zum Stand von Gesetzgebungsverfahren), aber auch das parlamentarische Wirken einzelner Abgeordneter nachzuvollziehen (zum Beispiel Redebeiträge im Plenum zu bestimmten Tagesordnungspunkten). Und wer will, kann sich alle Reden sogar im Video ansehen und anhören.

Über Ewald Schurer erfährt man zum Beispiel, dass er nicht nur einfach im Bundestag als SPD-Abgeordneter sitzt, sondern auch Obmann und ordentliches Mitglied im Unterausschuss zu Fragen der Europäischen Union ist, im Haushaltsausschuss sitzt und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschüsse ist. Er hat außerdem den stellvertretenden Vorsitz im "Sondergremium nach § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes und § 6 Absatz 2 des ESM-Finanzierungsgesetzes". Dort vertritt er die Rechte des Bundestags, wenn zum Beispiel Aufkäufe von Staatsanleihen von einem Euro-Mitgliedstaat geplant sind. Neben seinem Gehalt als Parlamentarier verdient Schurer auch Geld als Unternehmensberater in Ebersberg.

Schurer hat sich 16 Mal im Bundestag zu Wort gemeldet. (Foto: Achim Melde/Dt. Bundestag)

Im Bundestag hat sich der SPD-Abgeordnete 16 Mal in den vergangenen Jahren zu Wort gemeldet - zuletzt am 25. November 2016. Fünf Minuten und 28 Sekunden hat er damals am Pult gestanden laut Parlamentsdokumentation. Thema: Dritte Beratung zum Haushaltsgesetz 2017. Das DIP kann sogar sagen, wann: um 12.17 Uhr und 29 Sekunden. Seine längste Rede hielt er in der noch laufenden Amtszeit am 10. April 2014, als es im Haushalt um den Einzelplan 11, "Arbeit und Soziales", ging. Sie dauerte 13 Minuten 52 Sekunden. Schurer kann aber auch kürzer: Fünf Minuten 18 Sekunden redete er bei einer Aktuellen Stunde am 1. Juli 2015 zum Thema "Tarifkonflikt bei der Deutschen Post AG".

Seit der konstituierenden Sitzung am 22. Oktober 2013 stimmte der SPD-Abgeordnet 158 mal ab. Zuletzt mit Ja beim Entwurf des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts.

Schurer ist aber über Reden und Abstimmungen hinaus tätig geworden. Er hat drei Anträge gestellt (unter anderem zu "Moderne Netze für ein modernes Land - Schnelles Internet für alle"), 19 Mal Bericht erstattet (zum Beispiel zum Betriebsrentenstärkungsgesetz), einen Änderungsantrag gestellt (zum Vierten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften), 13 schriftliche Erklärungen zur Geschäftsordnung des Bundestags abgegeben und eine "Kleine Anfrage" gestellt - und zwar zur "Vorgeburtliche Blutuntersuchung zur Feststellung des DownSyndroms". Damit können Abgeordnete schriftlich von der Bundesregierung Auskunft über bestimmte Sachverhalte anfordern. Kleine Anfragen werden schriftlich beantwortet und im Bundestag nicht beraten.

Bundestagsneuling Andreas Lenz von der CSU ist in den vergangenen vier Jahren offenbar bereits im Politikgeschäft angekommen. Er ist Obmann und damit ordentliches Mitglied im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung, sowie im Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Stellvertretendes Mitglied ist er im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, im Unterausschuss Regionale Wirtschaftspolitik und ERP-Wirtschaftspläne und im Finanzausschuss. Veröffentlichungspflichtige Angaben, was weitere Einkommen betrifft, gibt es keine laut DIP.

Beim Reden schwingen war Lenz ein bisschen fleißiger. 33 Mal trat er im Bundestag ans Rednerpult. Seine erste Rede am 30. Januar 2014 war zugleich seine längste. Zwölf Minuten und sieben Sekunde sprach er zum Thema "Wirtschaft und Energie". Danach müssen ihm wohl seine Abgeordnetenkollegen gesagt haben, dass er sich doch künftig ein wenig kürzer fassen soll und Lenz pendelte sich auf Reden zwischen sechs und acht Minuten ein. 4:23 brauchte er bei seinem kürzesten Beitrag am 21. September 2016, bei einer Aktuellen Stunde zur geplanten Fusion der Bayer AG mit Monsanto.

Auch was die Abstimmungen betrifft war der CSU-Abgeordnete öfters im Bundestag. 211 Mal gab er seine Stimme ab. Beim ersten Mal am 28. November 2013 gab es ein Ja zum Bundeswehreinsatz in Südsudan, bei seinem derzeit letzten Mal am 30. Juni diesen Jahres ein Nein zur Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts.

Naturgemäß ist Lenz als Neuling im Bundestag dafür abseits von Reden weniger tätig gewesen. Drei Mal musste er Bericht erstatten (zum Beispiel zum Antrag, das Nationale Reformprogramm 2014 zu nutzen, die wirtschaftspolitische Steuerung in der EU ernst zu nehmen und Investitionen zu stärken), sechs Mal gab er eine schriftliche Erklärung zur Geschäftsordnung des Bundestags ab und stellte drei eigene Anträge. Einen zum Beispiel zum Antrag "Strategische Ziele für die Raumfahrt in dieser Legislaturperiode absichern".

Das Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge (DIP) ist im Internet unter www.bundestag.de/parlamentsdokumentation zu finden. Die Abfrage von Informationen ist kostenlos.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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