Bahnausbau:Unter Zugzwang

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Bei einer Informationsveranstaltung der SPD zum zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke nach Mühldorf zeigt sich, welchem Druck sich die Anrainergemeinden durch die Bahn ausgesetzt sehen. Die Politik bietet Hilfe an

Von Philipp Schmitt, Hörlkofen

"Wir müssen uns auf die Hinterfüße stellen, es wird sich viel verändern." Das sagte Ewald Schurer (SPD) am Mittwoch im voll besetzten Sportheim in Hörlkofen. Der Bundestagsabgeordnete hatte zu einer Diskussionsveranstaltung zum geplanten zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke von Markt Schwaben nach Mühldorf eingeladen. Auf die Gemeinden im Landkreis entlang der Bahnstrecke - von Ottenhofen über Wörth, Walpertskirchen bis Dorfen - sieht Schurer "massive Veränderungen" zukommen.

Die betroffenen Gemeinden müssten an einem Strang ziehen und dürften sich nicht auseinander dividieren lassen, sagte die Sprecherin der SPD-Kreistagsfraktion und Wörther Gemeinderätin Ulla Dieckmann. "Wir spüren den Druck der Deutschen Bahn und stehen unter Zugzwang. Wir werden aber ohne belastbare Daten und Aussagen zu den Rahmenparametern und Kosten keine Planungsvereinbarungen unterschreiben", sagt der Wörther Bürgermeister Thomas Gneißl (Freie Wähler). "Wir haben Angst, die Kosten könnten weg galoppieren."

In den Gemeinden führt derzeit die von der Bahn geforderte Beseitigung der ebenerdigen Bahnübergänge zu Kopfzerbrechen. Neue Brücken und Straßen - die von den Gemeinden wohl mitfinanziert werden müssen - werden diskutiert. "Wir sagen nicht zu allem Ja und Amen", sagte Bürgermeister Gneißl. In der Gemeinde sei die Angst spürbar, dass die Bahn aufgrund der Planungshoheit die renitenten Wörther planerisch übergehen könnte. Beate Aust, Ulla Dieckmann und Bürgermeister Gneißl schilderten die Ängste der Bürger im Kontext der neuen Bahnübergänge: Die Planung von neuen Brücken und Straßen führe zu vielen offenen Fragen, und die Gemeinden müssten für Sonderwünsche wie Geh- und Radwege tief in die Gemeindekasse greifen.

Der Walpertskirchener Bürgermeister Franz Hörmann (CSU) forderte in diesem Zusammenhang die Überprüfung der Planung des Bahnausbaus durch Experten eines neutralen Gutachterbüros. Er werde diesen Vorschlag am 4. Juli beim Treffen der Bürgermeister der betroffenen Gemeinden entlang der Strecke zur Sprache bringen. Dadurch sollen die Planungen der Deutschen Bahn inhaltlich, fachlich, und im Hinblick auf die Kosten kritisch unter die Lupe genommen werden, bevor die Bürgermeister finanzielle Abenteuer eingehen.

Die Walpertskirchener Gemeinderätin Beate Aust (SPD) sagte, dass das Thema Lärmschutz auch in Splittersiedlungen im Außenbereich von großer Bedeutung sei und Schutzmaßnahmen gefordert werden müssen. Beim Lärmschutz hätten die Planer bislang auf den Plänen nur rote Striche an den Hauptorten gemacht, die Anwohner der Strecke im Außenbereich hätten demnach keinen Anspruch auf Lärmschutz, was sich die Gemeindevertreter so nicht gefallen lassen wollen. Schurer fügte an, dass der Bahn von den Gemeinden klare Vorgaben gemacht werden sollten. Es müsse nun bei der Bezirksregierung und beim Bund um Zuschüsse etwa für Lärmschutzmaßnahmen gefeilscht werden. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür bestünden, weil die Mühldorfer Strecke beim Ausbau wesentlich verändert werde. Zum Thema Lärmschutz regte er eine separate Informationsveranstaltung an.

Schurer sicherte seine Hilfe beim Ausbau zu. Parteiübergreifend sei er sich mit dem CSU-Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz einig, dass die Bundespolitiker den betroffenen Gemeinden unterstützend zur Seite stehen werden. Nach Abschluss der Vorplanungen im Auftrag der Bahn im November soll mit dem höchsten zuständigen Beamten ein Informations- und Besprechungstermin mit den Bundestagsabgeordneten und Bürgermeistern vereinbart werden, um vor der Unterzeichnung der Vereinbarungen und vor dem Start der mehrjährigen Hauptplanung im Planfeststellungsverfahren über die aktuelle Planungslage konkret "und mit belastbaren Daten auch zu den Kostenbildern" zu informieren. Er appellierte an die Vertreter der Gemeinden und die Bürger, sich rechtzeitig und intensiv mit dem Thema zu befassen und Interessensgemeinschaften zu bilden. Forderungen zum barrierefreien Ausbau der Bahnhöfe und zum Lärmschutz müssten rechtzeitig gestellt werden.

© SZ vom 12.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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