Automobil- und Motorsportclub :Auflösungserscheinungen

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Der alljährliche ADAC-Ball ist eine der beiden Veranstaltungen, mit denen der AMC regelmäßig in Erscheinung tritt. Die andere ist die Aktion Goldenes Herz. (Foto: Bauersachs)

Der Verein steckt tief in der Krise: Die Kasse ist weg und der Vorstand will hinschmeißen

Von Florian Tempel, Erding

Fritz Martinetz will jetzt nichts mehr sagen. Er "bitte um Verständnis", er habe "die Schnauze voll". Auch sein Anwalt rate ihm dazu, zu schweigen. Martinetz ist der Vorsitzende des Automobil- und Motorsportclubs Erding (AMC) und der steckt aktuell tief in Schwierigkeiten. Es ist sogar ein ganz gewaltiges Problem, das den Verein und seinen Vorsitzenden belastet: Nach dem Tod des langjährigen Vereinskassieres vor etwa einem halben Jahr wurde klar, dass die Vereinskasse schon monatelang nicht mehr geführt worden war. Die Kassenprüfer stellten fest, dass nicht nur alle Belege seit dem 1. Januar 2016 fehlten. Auch mehrere tausend Euro sind unauffindbar.

Das ist schlimm genug, doch noch nicht alles. Der Vereinsvorstand will geschlossen zurücktreten, Nachfolger sind aber nicht in Sicht. Womöglich gibt es den AMC nicht mehr lange. Am 26. Mai sind die Mitglieder zu einer außerordentlichen Vollversammlung geladen, um über die Zukunft zu entscheiden. Eine Option ist dabei auch, den Verein aufzulösen.

Als das alles am vergangenen Freitag bei der Jahreshauptversammlung bekannt wurde, traf es die Mitglieder völlig unvorbereitet, berichtet ein Teilnehmer der Versammlung. Nichts hatte in der Einladung darauf hingewiesen, es könnte ein problembeladener Abend werden. Die Stimmung unter den Versammelten wurde zunehmend gereizter. Die Stimmung bei den Vorstandsmitglieder war eh schon am Boden.

Der AMC Erding hat eine lange Tradition. 1949 wurde er als Automobilclub Erding im ADAC gegründet. 2008 fusionierte er mit dem Motorsportclub Erding. Es gibt zwei Veranstaltungen, mit denen der AMC seit Jahrzehnten nach außen hin in Erscheinung tritt. Den ADAC-Ball in der Stadthalle Erding und die Aktion "Goldenes Herz", bei der immer im Herbst Senioren zu einem motorisierten Ausflug durch den Landkreis abgeholt werden.

Das Durchschnittsalter der AMC-Mitglieder ist selbst nicht gerade gering und auch die Mitglieder des Vorstands sind nicht mehr die Jüngsten. Dass sie alle ihre Ämter niederlegen wollen, mag angesichts des Kassendesasters verständlich sein. Dass der Verein auf diese Weise einen Neuanfang machen kann, scheint indes fraglich. Auf die Frage in die Versammlung, ob den jemand ein Vorstandsamt übernehmen wolle, meldete sich - was wenig erstaunlich ist - kein einziger, sagte ein Sitzungsteilnehmer: "Das kam doch alles sehr überraschend." Gleichzeitig machte die hilflose Frage in die Runde deutlich, dass wohl auch die Suche des Noch-Vorstands nach geeigneten Nachfolgekandidaten vor der Versammlung ziemlich erfolglos war.

Die nicht mehr geführte Vereinskasse und das verschwundene Geld bleiben zwar vorerst ein Rätsel. Womöglich aber eines, das sich noch auflösen lässt. Dass der langjährige Vereinskassier vor seinem Tod Geld veruntreut hätte, will beim AMC niemand glauben. Was es rechtlich bedeutet, wenn der nicht unerhebliche Betrag jedoch dauerhaft verschwunden bleibt, ist nicht einfach zu beantworten. Da der Kassier, der grundsätzlich für unerklärliche Defizite haftet, verstorben ist, könnte der Verein womöglich bei dessen Angehörigen Forderungen geltend machen. Vielleicht lässt sich der Fehlbetrag aber auch abschreiben und man könnte mit einem bereinigten Kassenstand weitermachen - ohne Vorstand geht das aber sicher nicht.

© SZ vom 29.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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