Ausstellung im Frauenkircherl:Auf Augenhöhe

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Die Volkshochschule zeigt Fotografien von Claudia Andujar, die mit ihren einzigartigen Bildern aus dem Amazonasgebiet Verständnis für eine verschlossene Welt weckt

Von Florian Tempel, Erding

Vor bald drei Jahren zeigte das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt eine Werkschau der Fotografin Claudia Andujar. 2018 wurde sie für ihr fotografisches Werk mit der Goethe-Medaille geehrt. Nun sind, für wenige Tag nur, im Erdinger Frauenkircherl 24 Fotoarbeiten der weltberühmten Fotografin und Menschenrechtlerin zu sehen. Es sind Aufnahmen aus dem Amazonasgebiet von indigenen Brasilianern wie den Yanomami. Andujar hat sie aber nicht nur abgebildete, sie setzte sich auch intensiv für ihre Rechte ein. Die Ausstellung ist von Claus Lüdenbach, dem Leiter der Volkshochschule Erding (VHS), in die Stadt geholt worden. Am kommenden Mittwoch bietet die VHS zudem ein Kolloquium zur Geschichte, Kultur und Situation indigener Völker in Brasilien an.

Claudia Andujar ist eine bemerkenswerte Künstlerin, die als Fotografin weltweit renommiert ist, in Deutschland aber bis vor wenigen Jahren kaum bekannt war. Das liegt vielleicht auch daran, dass sie, als sie vor zwei Jahren zur Preisverleihung der Goethe-Medaille nach Weimar reiste, zum ersten Mal überhaupt nach Deutschland kam. Sie ist zwar 1931 in der Schweiz geboren, hat ihre Kindheit in Ungarn und Rumänien verbracht, dann wieder in der Schweiz gelebt und ist erst in den 1950er Jahren nach Brasilien gegangen. Doch Deutschland hatte sie aus verständlichem Grund immer gemieden. Ihr Vater und fast alle ihre Verwandten väterlicherseits wurden 1944 im KZ Dachau ermordet. Claudia Andujar entkam mit ihre Mutter in die Schweiz. Ihre Mutter war nicht Jüdin, sondern Schweizer Protestantin. In Brasilien war Claudia Andujar zunächst Englischlehrerin, bevor sie sich als Autodidaktin immer stärker der Fotografie widmete. Seit Beginn der 1970er Jahre engagierte sie sich besonders für die Yanomami und lebte auch einige Jahre bei ihnen im Amazonasgebiet.

Die Ausstellung im Frauenkircherl zeigt viele Porträts, die in jenen Jahren entstanden, unter anderem bei einer Impfkampagne, die Claudia Andujar mit Ärzten mitorganisierte. Die Schwarz-Weiß-Fotos dienten vor allem zum Identifizierung der Geimpften auf Gesundheitsdokumenten. Entstanden sind aber, wie nebenbei, intensive Bilder von Kinder, Frauen und Männern. In der Ausstellung sind auch Aufnahmen aus dem Alltagsleben und farbige, bearbeitete Impressionen aus dem Amazonasgebiet zu sehen.

Anlässlich der Ausstellung organisiert die VHS einen Abend, in dem die indigene Bevölkerung Brasiliens und die indigenen Politik Bolsonaros Thema ist. Der Wiener Ethnologe Professor Georg Grünberg gibt Einblicke in die Kultur und Lebensweisen der Indigenen im Amazonasgebiet. Der außerordentlichen biologischen Vielfalt des Amazonasgebietes entspricht auch die kulturelle bei seinen Bewohnern. Wie bedeutend das ist, wird erst in jüngster Zeit verstanden - in einem Moment, in der die Bedrohung einer unvergleichlichen Lebenswelt einem Höhepunkt entgegeneilt. Ursula Prutsch, Professorin am Amerika-Institut der LMU München, wird die aktuelle Politik von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro analysieren und einordnen, die nicht zuletzt durch die heftigen Waldbrände 2019 international für Entsetzen gesorgt hat. Ihr Vortrag analysiert sie diese Politik und gibt Beispiele, wie Brasiliens Indigene sich gegen die nachhaltige Zerstörung ihres Lebensraums zur Wehr setzen.

Fotografien von Claudia Andujar , Frauenkircherl am Schrannenplatz, Eröffnung Freitag, 31. Januar, 19.30 Uhr, bis Donnerstag, 6. Februar, täglich 10 bis 12 Uhr und 15 bis 18 Uhr; Die Indigenen Brasiliens - Geschichte, Kultur und Politik , ein Kolloquium mit Prof. Georg Grünberg und Prof. Ursula Prutsch, Mittwoch, 5. Februar, 19 Uhr, VHS Erding.

© SZ vom 30.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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