Aus dem Amtsgericht:Frau geht mit Degen auf Mann los

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Bei dem Fall am Amtsgericht gab es keine Zeugen und es stand Aussage gegen Aussage. (Foto: oh)

Scheidungsstreit endet mit hoher Geldstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung

Von Thomas Daller, Erding

Mit einem schwierigen Fall von häuslicher Gewalt hat sich das Amtsgericht Erding beschäftigt. Angeklagt war eine Ehefrau, die ihren Mann mit einem Degen verletzt haben soll. Die Anklage lautete auf gefährliche Körperverletzung. Die Frau wurde zu einer Geldstrafe von 12 000 Euro verurteilt.

Schwierig war der Fall insofern, als dass es für den Hergang keine Zeugen gab und Aussage gegen Aussage stand. Die 45-jährige Filialleiterin bestritt die Vorwürfe und sagte, sie könne sich die Verletzungen ihres Mannes nur so erklären, dass er sie sich selbst zugefügt habe, um ihr mit dem Prozess zu schaden.

Sie und ihr 51-jähriger Ehemann stehen kurz vor der Scheidung und hatten zur Tatzeit bereits getrennte Zimmer in der gemeinsamen Wohnung. Es habe am Vorabend eine Auseinandersetzung gegeben, räumte sie ein, weil sie zwei Tage vorher bei einer Scheidungsanwältin gewesen sei. Er wäre aber mit der Trennung einverstanden gewesen und habe um Zeit gebeten, sich eine andere Wohnung zu suchen. Am nächsten Morgen, als die Tat geschehen sein soll, habe sie wie üblich Kaffee getrunken, die Tochter in den Kindergarten gebracht und sei dann zur Arbeit gefahren. Als sie abends nach Hause gekommen sei, wäre sie aus allen Wolken gefallen, als ihr Mann mit zwei Polizisten aufgetaucht sei. Sie habe dann die Wohnung verlassen müssen und die Polizei habe sie mit Fotos konfrontiert, auf denen die Verletzungen ihres Mannes im Bauch- und Oberschenkelbereich zu sehen gewesen seien. Sie könne sich das nicht erklären, sagte sie und war dabei sichtlich den Tränen nahe. Denn ihr Mann sei derjenige, der gewalttätig werde. Er habe sie wiederholt geschlagen und getreten, sagte sie und ihre Anwältin fügte hinzu, auch sexuelle Gewalt sei vorgekommen. Auf die Frage von Staatsanwältin Sandra Belling, was das Motiv ihres Mannes gewesen sein soll, sich selbst so zu verletzen, konnte sie allerdings keine schlüssige Antwort geben.

Ihr Mann sagte anschließend aus, seine Frau sei schon immer sehr aufbrausend und jähzornig gewesen. Er habe sich vor ihr gefürchtet, wenn sie in Rage sei, entwickele sie große Kräfte. Sie habe ihm auch mal ein großes Metzgermesser an die Kehle gehalten und ihm gedroht, wenn er aussage, mache sie ihn fertig. An dem Vorabend der Tat habe sie gefordert, dass er an einem bestimmten Termin die Kinder beaufsichtigen solle, weil sei in Sachen Scheidung unterwegs sei. Er habe ihr aber nicht gleich eine Zusage geben können, weil er das erst mit seinem Arbeitgeber absprechen müsse. Am nächsten Morgen sei sie gegen fünf oder sechs Uhr in sein Zimmer gekommen und ihn erneut aufgefordert, an besagtem Termin die Kinder zu nehmen. Als er sich wieder auf seinen Arbeitgeber berufen habe, sei sie ausgerastet und habe den Degen geholt, der als Dekoration im Flur hänge. Damit habe sie ihn geschlagen, gekratzt und auch zugestochen. Nachdem sie das Haus verlassen habe, sei er ins Krankenhaus gefahren, um sich in der Notaufnahme verarzten zu lassen und anschließend habe er bei der Polizei Anzeige erstattet.

Belegen konnte der Ehemann seine Verletzungen mit mehreren Fotos und einem ärztlichen Attest, wonach er mehrere offene Wunden und Hämatome im Thoraxbereich hatte, an der Hüfte und am Oberschenkel. Staatsanwältin Belling stützte ihr Plädoyer vor allem auf diese Verletzungen. Der Ehemann habe auch kein Motiv, die Angeklagte "aus heiterem Himmel" falsch zu verdächtigen. Sie forderte daher 120 Tagessätze zu je 100 Euro.

Rechtsanwältin Ruth Beer forderte einen Freispruch für ihre Mandantin und deutete an, bei einer Verurteilung in die nächste Instanz zu gehen.

Amtsrichter Andreas Wassermann verurteilte die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung in einem minderschweren Fall zu 120 Tagessätzen zu je 100 Euro. Er habe keinen Zweifel, dass sich die Tat zu zugetragen habe, wie vom Ehemann geschildert. Die Fotos würden zu dem Hergang passen, außerdem sei er vom Bauch bis zu den Oberschenkeln "übersäht" mit Wunden gewesen. Er halte es für abwegig, dass er sich so viele Wunden selbst beigebracht habe.

© SZ vom 26.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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