Atemschutz bei der Feuerwehr:Ein Drittel fällt durch

Lesezeit: 2 min

Kreisfeuerwehrarzt Jörg Jakob plädiert für Fitnesstest für Atemschutzgeräteträger. Vor allem Jugendliche seien zu unsportlich

Interview von Regina Bluhme, Landkreis

Jörg Jakob aus Ottenhofen ist hauptberuflich Werksarzt bei den Münchner Stadtwerken. Als Kreisfeuerwehrarzt hat er jüngst beim Kreisfeuerwehrtag in Oberding gewarnt, dass gerade die jüngeren Kameraden oftmals nicht fit genug für den Dienst als Atemschutzträger sind. Der 47-Jährige würde im Landkreis gerne den Finnentest einführen, eine Art verschärftes Zirkeltraining. Atemschutzgeräteträger sollten mit kompletter Ausrüstung antreten, alle anderen Aktiven ohne Gerät. So könnten auch potenzielle Atemschutzträger vor der aufwendigen Ausbildung prüfen, ob sie körperlich für diesen Dienst überhaupt geeignet sind.

SZ: Herr Jakob, beim Kreisfeuerwehrtag in Oberding haben Sie den sogenannten Finnentest vorgestellt. Was muss man denn da so alles können?

Jörg Jakob: Der Finnentest ist ein Fitnesstest und wurde in den 1990er Jahren an einer Universität in Finnland entwickelt. In voller Atemschutzmontur müssen die Teilnehmer unter anderem 100 Meter mit beidseitig je 16,5 Kilogramm schweren Gewichten gehen, 90 Treppenstufen hinauf und 90 hinuntersteigen, mit einem sechs Kilogramm schweren Vorschlaghammer einen circa 50 Kilogramm schweren Lastwagen -Reifen drei Meter nach vorne schlagen, Hindernisse übersteigen oder durchkriechen und einen 15 Meter langen Feuerwehrschlauch so aufrollen, dass sich das hintere Ende nicht bewegt. Es geht also um Kraft, Ausdauer und Koordination.

Christoph Otto (links) und Dominik Adam (rechts) versuchen mit einem Vorschlaghammer binnen drei Minuten einen Lkw-Reifen über drei Meter zu treiben. (Foto: Stephan Görlich)

Wie wird dann die Fitness festgestellt?

Zum Beispiel durch das Messen der Pulsfrequenz nach jeder Station. Wenn die für das Alter maximale Frequenz zweimal überschritten wird, dann hat der Feuerwehrler später beim Atemgerätetragen garantiert ein Problem. Allein die im Einsatz mitzuführenden Ausrüstungsgegenstände und die Schutzkleidung wiegen bereits über 25 Kilo.

Das klingt extrem anstrengend.

Da werden körperliche Leistungsgrenzen schnell erreicht. Leider stellen wir immer wieder fest, dass bei der Eignungsuntersuchung für Atemschutzgeräteträger nach berufsgenossenschaftlichen Grundsatz circa ein Drittel der Bewerber die Mindestanforderungen an körperliche Leistungsfähigkeit nicht mehr erreicht. Dies betrifft überwiegend Jüngere.

Ist es so, dass die Jüngeren im Schnitt nicht mehr so fit sind?

Das ist ja kein Problem, das nur den Landkreis Erding betrifft. Das Problem haben alle Feuerwehren. Pauschal gesagt: Die Jugend bewegt sich zu wenig, sitzt zu viel am Computer, treibt zu wenig Sport. Sie ist halt ein Spiegelbild unserer Gesellschaft.

Wie man hört, hat die Feuerwehr Wartenberg einen Fitnessraum im Feuerwehrhaus eingerichtet.

Das ist sicher eine gute Idee. Soweit ich weiß, hat Forstern eine eigene "Dienstsportgruppe" eingeführt. Hier wird Fußball gespielt. Andere treffen sich regelmäßig zum Laufen. Und andere ermöglichen den Mitgliedern einen vergünstigten Einritt ins Schwimmbad oder Fitnessstudio.

Jörg Jakob aus Ottenhofen ist hauptberuflich Werksarzt bei den Münchner Stadtwerken und darüber hinaus Kreisfeuerwehrarzt im Landkreis. (Foto: privat)

In Oberösterreich ist der Finnentest Pflicht. Wäre das auch für den Landkreis Erding eine Sache?

In Österreich heißt er Atemschutzleistungstest. Er wurde dort 2016 verpflichtend eingeführt und ist jährlich zu absolvieren. Ich würde den Finnentest gerne im Landkreis einführen - allerdings als freiwilligen Fitnesstest ohne schweres Atemschutzgerät. Da könnte man dann schon vor der offiziellen ärztlichen Untersuchung im Vorfeld sehen, ob der Bewerber körperlich fit genug für Atemschutzdienst ist. Ist er das nicht, dann kann man sich die Untersuchung sparen, für die die Gemeinden ja auch so um die 120 Euro zahlen müssen.

Wie war die Resonanz der Kommandanten auf dem Kreisfeuerwehrtag?

Die fanden das durch die Bank alle sehr interessant. Das Gute an dem Test ist ja, dass man dafür keine neue Ausstattung braucht. Sie können ihn bei nahezu jeder Wehr abhalten. Schläuche gibt es in jedem Feuerwehrhaus und Treppen meistens auch.

© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: