Archäologie in Erding:Überraschung im Labor

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Zusammen haben Studierende der Ludwig-Maximilians-Universität und ehrenamtliche Mitarbeiter vom Archäologischen Verein Erding (im Bild bei Arbeiten im Sommer 2017) die Grabungen am Gaugrabenweg zum Abschluss gebracht. Jetzt steht fest: Der entdeckte Wall gehört nicht zum Königshof. (Foto: Renate Schmidt)

Die am Gaugrafenweg in Altenerding entdeckte Befestigung ist älter als angenommen. Sie stammt aus der Agilolfinger Zeit um das Jahr 700.

Von Regina Bluhme, Erding

Die interessanteste Meldung hatte sich Harald Krause für den Schluss aufgehoben. Der Vorstand des Archäologischen Vereins Erding (AVE) informierte beim Neujahrsempfang im Museum Erding über die Forschungsergebnisse rund um den Karolingischen Königshof am Erdinger Gaugrafenweg. Wie sich nun herausgestellt hat, sind die Funde einer Befestigung älter als gedacht. Sie stammen aus der Agilolfinger Zeit um das Jahr 700, womöglich auch noch ein wenig früher. "Das nenne ich einen Paukenschlag", sagte Krause. Ähnliches muss sich Peter Cronauer gedacht haben, der zu seiner Überraschung an dem Abend den Archäologiepreis Erding von AVE verliehen bekam.

"Nun ist doch alles ein bisschen anders", so kommentierte Harald Krause die aktuellen Forschungsergebnisse rund um Petersberg und Gaugrafenweg. Dank Radiokarbonmessungen stehe nun fest, dass die Wehrbefestigungen nicht zu dem Karolingischen Königshof gehören, sondern zuvor einen Herzoghof aus der Agilolfinger Zeit schützten. Sie sind somit älter als gedacht, stammen wohl aus dem Jahr 700, womöglich auch noch ein wenig früher. Der wissenschaftliche Grabungsleiter, der Münchner Professor Bernd Päffgen, erklärte auf Nachfrage der SZ, dass der Herzogshof offensichtlich mit einem Wall befestigt war, während der Königshof später auf einen so starken Schutz verzichtet habe. Eine erste Erklärung: Zu der Karolingerzeit sei die Grenze nach Osten an den Plattensee vorverlegt worden, "sie dachten wohl, da kommt keiner mehr". Krause kündigte dazu eine eigene Pressekonferenz an.

Sechs Stunden vor Beginn des Neujahrsempfangs sei der Oberdinger Spangenbarrenhort, einer der spektakulärsten Funde aus dem Landkreis, in schüttelfester Klimabox wieder ins Museum Erding zurückgekehrt, teilte Krause mit. Das Stück aus der Bronzezeit war bis vor kurzem in der bundesweiten Ausstellung "Bewegte Zeiten" in Berlin zu sehen. Für die Endpublikation und vertiefte Untersuchungen des Spangenbarrenhorts gibt es heuer erstmals Gelder von der Deutschen Forschungsgesellschaft, fügte er hinzu. 2018 habe es im Landkreis 40 archäologische Maßnahmen "mit positiven Ergebnis" gegeben, sagte Harald Krause. Leider gebe es immer noch "Stammtischparolen", die die Arbeit der Archäologen "bremsen und verzögern". Daher seine Bitte an die Lokalpolitik: "Nicht rumpeln und poltern" bei Bodenuntersuchungen im Rahmen von Bauvorhaben. Unter den Zuhörern appellierte er namentlich an die Erdinger CSU-Landtagsabgeordnete Ulrike Scharl, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen - nämlich den Ausbau eines staatlichen Entschädigungsfonds sowie Steuervergünstigungen für private und kommunale Bauherren. Dafür erhielt er Applaus von den Besuchern.

Manchmal kommen die Archäologen auch zu spät. "Für Irritationen" hat laut Krause der Bau eines Carports gesorgt, der "ohne archäologische Begleitung" im Bereich des Reihengräberfelds in Altenerding neu gebaut worden war. Es wäre doch schade gewesen, wenn zum Beispiel bei der Neugestaltung der Außenflächen vom Erdinger Kindergarten St. Antonius nicht die Siedlung aus der Hallstattzeit entdeckt worden wäre, oder an der Freisinger Straße die mittelalterlichen, birnenförmigen Öfen, die laut Krause wohl von Loderern oder Färbern genutzt worden sind.

Im kommenden Jahr wird der AVE zehn Jahre alt, das soll mit einer Vereinschronik gefeiert werden. Begonnen hat der Verein mit 27 Mitgliedern, 2018 sind es 175. "Wir hoffen heuer die 200er Grenze zu knacken", so Krause. Auf dem Programm stehen neben der ehrenamtlichen Mitarbeit bei Ausgrabungen regelmäßige Vorträge und Exkursionen. Ein Mitglied der ersten Stunde ist Peter Cronauer aus Isen. Der 54-Jährige ist Autor, Herausgeber und Redakteur des AVE-Vereinshefts und wurde heuer zu seiner großen Überraschung mit dem Archäologiepreis Erding bedacht. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) dankte dem AVE für die "kurzen Wege und das Vertrauen zueinander". Er sei schon gespannt, was 2019 bei Bauvorhaben "an Geschichte hervorgebracht wird". Auf dem Grundstück des Hospizes in Erding, dessen Spatenstich im Frühling erfolgen soll, "wurde bisher nichts gefunden", so Gotz. "Das kommt noch", rief Harald Krause. Der nächste Vortrag des AVE kommt jedenfalls bestimmt: "Bei den Bienen" ist das Thema von Johann Luber von den Bienenfreunden Erding am Montag, 4. Februar, um 20 Uhr im Museum Erding.

© SZ vom 16.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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