Appell aus Dorfen:Den Bienen droht ein schneller Tod

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Die Eröffnung der Mähsaison birgt für viele Bienen große Gefahren. Nun bitten die Imker die Landwirte um Rücksicht: Verzicht auf moderne Rotoraufbereiter könnte die Verluste deutlich senken

Von Thomas Daller, Dorfen

Seit einigen Jahren beobachtet man weltweit ein Bienensterben. Milliarden von Honigbienen verschwinden, mit schwerwiegenden Folgen für Natur und Wirtschaft. Mehrere Faktoren spielen dabei eine Rolle, darunter die Varroamilbe, verschiedene Pflanzenschutzmittel und die großen Monokulturen in der Landwirtschaft mit der fehlenden Pflanzenvielfalt. Aber es gibt noch einen weiteren Faktor, auf den der Dorfener Bienenzuchtverein in einem Appell an die Landwirtschaft hinweist: Wenn Bauern zur falschen Tageszeit ihre Wiesen mit Kreiselmäher und Aufbereiter mähen, kann es pro Hektar zu Bienenverlusten zwischen 9000 und 25 000 Bienen kommen.

Herbert Schwarzer, Schriftführer des Dorfener Bienenzuchtvereins, will die Landwirte für die Belange der Bienen sensibilisieren. "Im vergangenen Jahr wurde im Landkreis Erding bereits am 19. April großflächig gemäht - der Löwenzahn in voller Blüte und bei bestem Flugwetter am frühen Nachmittag. Sowohl die konventionellen als auch die Biobauern haben diesen Tag zur Eröffnung der Mähsaison genutzt. Für uns Imker stellt dieses Vorgehen ein echtes Problem dar, denn die Löwenzahnblüte ist ein sehr interessantes Trachtfeld für unsere Bienen. Wenn hier binnen drei Tagen mehr als 90 Prozent der Wiesen gemäht sind, nimmt ihnen das auf einen Schlag die Nahrungsgrundlage. Dasselbe gilt für den Weißklee. Hier wäre den Insekten schon viel geholfen, wenn nicht alle Flächen zeitgleich und einzelne erst nach der Löwenzahnblüte gemäht würden", schreibt Schwarzer.

Die Verluste der Bienen hingen stark von der Tageszeit und der Art des Mähens ab. Das schweizerische Zentrum für Bienenforschung habe dazu Untersuchungen auf Wiesen mit Weißklee angestellt. Beim Mähen mit Kreiselmäher und Aufbereiter seien zwischen 53 und 62 Prozent der Bienen gestorben oder verletzt worden. Während Bienen bei einfachen Balken- und Kreiselmähern noch davon kommen können, haben sie bei den modernen Rotoraufbereitern keine Chance: Diese Aufbereiter knicken die Grashalme mehrfach, die Pflanzen verlieren schneller die Flüssigkeit und werden zu lockerem, duftenden Heu. Was für das Heu gut ist, ist tödlich für Bienen und andere Insekten. Fatal ist, dass die sammelnden Bienen nicht auf den Lärm und die Vibrationen der Maschinen reagieren, sie versuchen eher im Gegenteil sich an den Pflanzen festzuhalten und gelangen so mit dem Mähgut in den Aufbereiter. Beim Mähen ohne Aufbereiter habe man die Ausfallquote auf zehn Prozent senken können.

Mit etwas Rücksichtnahme und einigen Regeln könnten die Verluste wesentlich gesenkt oder verhindert werden. So sollte das Mähen verschoben werden, wenn sich pro Quadratmeter mehr als eine Biene auf den Blüten befindet. Für das Mähen sollte man einen Tag mit bedecktem Himmel oder kühlen Temperaturen wählen, schreibt Schwarzer. Wenn sich das Mähen an Schönwettertagen nicht umgehen lasse, sollte man morgens vor 7 Uhr oder abend nach 18 Uhr mähen. Wichtig sei auch die Wahl eines schonenden Mähwerks: ein Kreiselmäher ohne Aufbereiter oder Mähbalken. "Es würde uns Imkern und damit den Honigbienen wie den Wildbienen sehr helfen, wenn die Landwirte uns hier entgegenkommen könnten. Unsere Bienen bedanken sich dafür mit deutlich höheren Erträgen bei bestimmten Kulturen. Landwirte und Imker sollten wieder zu einer Partnerschaft finden, wie es in früheren Zeiten war", schreibt Schwarzer.

"Nur bei einem ausreichenden und stets verfügbaren Nahrungsangebot lassen sich gesunde und leistungsfähige Völker aufbauen, die ihren Beitrag zur Bestäubung leisten können."

© SZ vom 05.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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