Anne-Frank-Gymnasium:Kontinuierlich im Wandel

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Rückblick auf 80 Jahre: Die Schule hat sich vom nationalsozialistischen "Deutschen Schulheim" für Mädchen über eine Buben-"Oberrealschule" zur "Schule ohne Rassismus" entwickelt

Von Florian Tempel, Erding

80 Jahre ist schon eine ehrwürdig lange Zeit. Die Gründung der Vorgängerschule des Erdinger Anne-Frank-Gymnasiums war es allerdings nicht. Die Nationalsozialisten schlossen seinerzeit die Mädchenschule der Armen Schulschwestern - die heutige Mädchenrealschule Heilig Blut -, nahmen dem Orden sein Schulgebäude weg und machten es kurzerhand zu ihrem "Deutschen Schulheim". Am 26. April 1938 nahm diese "Aufbauschule", die mit der siebten Klasse begann und in sechs Jahren zum Abitur führte, den Betrieb auf. Schon 1941 wurde die Mädchenschule in eine Oberschule für Buben umgewandelt. Nach dem Krieg konnten die Schulschwestern von November 1945 an ihre Mädchenrealschule wieder weiterführen. Zusammen mit der Buben-Schule, nun "Oberrealschule" genannt, wurde die Raumnot schnell so massiv, dass letztere beinahe vom bayerischen Kultusministerium aufgelöst worden wäre. Die "Notgemeinschaft der Freunde der Oberrealschule Erding", dem Vorläufer des heutigen Fördervereins, verhinderte es: 1951 wurde mit dem Bau eines neuen Schulgebäudes begonnen, 1953 zogen elf Klassen ein.

Der erste eigene Bau - hier eine Entwurfszeichnung von 1951 - war ein zweckorientiertes und einfach strukturiertes Gebäude. Repro: Museum Erding Bildarchiv (Foto: Repro: Museum Erding Bildarchiv)

Der erste eigene Bau war, wie so viele andere Schulbauten auch, ein zweckorientiertes und einfach strukturiertes Gebäude. Offenbar hält es auch niemand mehr für nötig, den Namen des Architekten zu erwähnen. Eine Entwurfszeichnung, die im Museum Erding archiviert ist, zeigt ein aus heutiger Sicht ganz nettes, aber für ein Gymnasium doch ziemlich kleines Schulhaus. Natürlich musste immer wieder angebaut werden.

1963 übernahm der Landkreis die Trägerschaft der Schule, die von da an auch Gymnasium hieß. Es folgte ein Neu- und Umbau mit Auslagerungen, erst 1977 waren alle Klassen wieder unter einem Dach. Dass die Schulpolitik nie ruht, sondern der stete Wandel das einzig Beständige zu sein scheint, zeigte sich auch weiterhin am Erdinger Gymnasium. Man nahm an einer ganzen Reihe von Modellversuchen und Pilotprojekten teil, bis die innere Schulentwicklung in den Mittelpunkt gerückt wurde. 2001 wurde das Gymnasium zu einer "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage", seit dem 1. August 2005 trägt sie den Namen von Anne Frank. Vor der großen Namensgebungsfeier am 7. Juli 2006 organisierte die Schule eine Anne-Frank-Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Anne-Frank-Zentrum Berlin. 2010 erhielt man von der Stiftung des Anne-Frank-Huis in Amsterdam einen Ableger der Anne Frank-Kastanie. Und 2013 ging die Schule als eines von drei bayerischen Gymnasien eine Partnerschaft mit der International School for Holocaust Studies in Yad Vashem ein

Die Klasse 2a des Schuljahrs 1954/1955 im Chemiesaal, nach heutiger Zählweise eine sechste Klasse. Einer fehlt allerdings: der Schüler Lutz Mauermann, der das Foto mit seiner eigenen Kamera gemacht hat. (Foto: Lutz Mauermann/oh)

Im Schuljahr zuvor hatte der Bau des zweiten Erdinger Gymnasiums, des heutigen Korbinian-Aigner-Gymnasiums, für eine Erleichterung und Entzerrung der mal wieder angespannten Raumsituation geführt. Dass es immer etwas zu renovieren und anzubauen gibt, bewahrheitete sich auch am AFG. Erst musste der Chemietrakt nach einem Brand komplett neu erneuert werden, dann der Physiktrakt und der Biologiebereich. Aktuell laufen die Planungen für eines der größten Projekte seit langem: Der Bau einer nagelneuen Dreifachturnhalle, die mit einem Erweiterungsbau in Verbindung steht. So soll das AFG nicht nur moderne Sporthallen, sondern auch eine Mensa und Räume für die Ganztagsbetreuung erhalten.

Seit dem Wochenende wurde der 80. Geburtstag des AFG bereits ausgiebig gefeiert. Mit einem Casinoabend und einem musikalisch-literarischen Jazz-Event. An diesem Dienstag stand ein Vortrag der österreichischen Journalistin und Autorin Melissa Müller auf dem Programm, deren Anne-Frank-Biografie in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt wurde. Der offizielle Höhepunkt ist das Jubiläumskonzert an diesem Mittwoch, 16. Mai. Von 19 Uhr wird es richtig festlich, wenn der ehemalige Kultusminister Hans Zehetmair, Landrat Martin Bayerstorfer, Oberbürgermeister Max Gotz (alle CSU) und Schulleiterin Helma Wenzl Grußworte sprechen. Musikalisch wird der Abend von den Ensembles und jungen Solisten der Schule gestaltet. Alle Mitglieder der Schulfamilie sind am Donnerstag zum Schulfest von 17 Uhr bis 22 Uhr eingeladen. Auf dem Programm stehen Bewegungsspiele, Tanzvorführungen, eine Fair Trade-Modenschau, ein Konzert der Jazzband und Karaoke.

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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