Angeklagter bittet um Abschiebung:Randale im Landratsamt

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23-Jähriger reißt ein Kruzifix aus der Wand, das Landgericht ordnet die Unterbringung in eine psychiatrische Klinik an

Von Alexander Kappen, Landshut/Freising

Der Fall hatte im vergangenen August für einiges Aufsehen gesorgt. Ein junger Mann war randalierend durchs Freisinger Landratsamt gezogen und hatte dort eine Statue von einem Sockel gestoßen sowie eine davor befestigte Plexiglasscheibe aus der Verankerung und ein Kruzifix aus der Wand gerissen. Am Montag musste sich der 23-Jährige aus Pakistan dafür und zusätzlich wegen Körperverletzung vor dem Landshuter Landgericht verantworten. Die vierte Strafkammer unter Vorsitz von Richter Theo Ziegler ordnete die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Laut Gutachten leidet der Angeklagte unter paranoider Schizophrenie und ist eine Gefahr für die Allgemeinheit.

"Die Krankheit wird nicht einfach so weggehen", sagte die psychiatrische Gutachterin, "man kann sie nur mit Medikamenten beheben". Das gehe außerhalb eines psychiatrischen Krankenhauses bei dem Angeklagten jedoch kaum. "In Deutschland dürfte es für ihn schwer werden, psychosozial zu funktionieren", sagte die Gutachterin: "Zu Hause in Pakistan hat er seine Familie, die ihn trägt und die sich um ihn kümmern könnte." Wenn er in Deutschland aus der Klinik entlassen und in die Asylunterkunft in Hallbergmoos zurückkehren würde, dann hielte sich der Angeklagte in einer "hoch delinquenten Umgebung ohne ausreichend Unterstützung" auf.

Der 23-Jährige stammt aus einer armen pakistanischen Landwirtsfamilie und war als Jugendlicher von seinem Vater nach Europa geschickt worden. Über Griechenland kam er 2015 schließlich nach Deutschland. Dort ist sein Asylantrag bereits abgelehnt worden. Gegen seine geplante Abschiebung habe er geklagt, berichtete der Angeklagte in der Verhandlung. Inzwischen sehe er die Sache jedoch anders: "Ich möchte, dass ich abgeschoben werde, für mich ist es besser, ich will zurück nach Pakistan." Nun werde aber erst einmal - so das Urteil dann einmal rechtskräftig ist, die Unterbringung vollzogen, erläuterte Richter Ziegler dem Angeklagten: "Es ist dann eine Frage, ob die Vollstreckungsbehörde die Unterbringung früher beendet und es zur Abschiebung kommt." Der 23-Jährige war auch bisher schon aufgrund eines Unterbringungsbefehls des Amtsgerichts Erding einstweilen in einer psychiatrischen Klinik.

Nach dem Vorfall im Freisinger Landratsamt hatte man ihn dorthin gebracht. In der Klinik in Taufkirchen wurde der 23-Jährige dann - bedingt durch seine Krankheit - gewalttätig gegen das Personal. Nachdem er eine Nacht auf der Isolierstation war, untersuchten ihn eine Ober- und eine Assistenzärztin. Der Angeklagte habe erzählt, im Landratsamt habe es Probleme gegeben, weil er keinen Pass bekommen habe, berichtete die Oberärztin als Zeugin in der Verhandlung. "Und dann hat er auf einmal vor mir auf den Boden gespuckt. Als ich ihm ein Papiertuch gegeben habe, hat er es aber wieder aufgewischt." Als sie ihn dann gefragt habe, warum es Probleme mit dem Pass gegeben habe, "hat er mich plötzlich geschlagen". Der Angeklagte schlug der Ärztin auf den Hinterkopf und den Rücken. "Ich hatte eine halbe Stunde leichte Schmerzen, dann ging es schon wieder", so die Oberärztin.

Auch die Assistenzärztin wurde vom Angeklagten bei der Untersuchung geschlagen. Sie erlitt unter anderem Hautrötungen und einen Tinnitus, der ein paar Tage andauerte. Die Oberärztin fragte den jungen Mann ein paar Tage nach dem Vorfall nach dem Grund für seine Übergriffe: "Weil wir Christinnen sind, hat er gesagt." Ein paar Wochen später schlug der 23-Jährige mit der Faust nach einem Krankenpfleger, streifte aber nur leicht dessen Kopf, weil er rechtzeitig ausweichen konnte. "Du glaubst nicht an Allah", habe der Angeklagte dabei gerufen, erzählte der Pfleger dem Gericht.

Der 23-jährige Angeklagte, der inzwischen Medikamente nimmt, distanzierte sich von den Taten. Er entschuldigte sich im Gerichtssaal bei allen Opfern. Er wisse nicht, warum er das getan habe, "ich war krank". Er räumte sämtliche Taten aber ein. Alle Fälle seien aufgrund der Schizophrenie im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen worden, so die Gutachterin. Er habe "imperative Stimmen" gehört, es habe sich wohl um Krähenstimmen gehandelt.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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