Amtsgericht:Schäbiger Betrug an alter Dame

Lesezeit: 2 min

Am Eingang zu den Amtsgerichten steht ein Metalldetektor, den alle Besucher passieren müssen. (Foto: Marco Einfeldt)

Angeklagter betrügt 83-Jährige um rund 9600 Euro. Er wird zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt

Von Peter Becker, Freising/Moosburg

"Unterirdisch" und "schäbig": Mit diesen Worten bezeichnete der Staatsanwalt das Verhalten eines 61-jährigen Moosburgers. Er und Richter Manfred Kastlmeier sind der festen Überzeugung, dass der Beschuldigte eine 83-jährige Frau um 9600 Euro betrogen hat, indem er von Oktober 2019 bis März 2020 mehrmals Beträge zwischen 230 und 500 Euro von ihrem Bankkonto abgehoben hat. Dazu nutzte er die Geldkarte der Moosburgerin. Weil er die Frau einige Male nach Freising zu ihrem Arzt gefahren hatte, ohne einen gültigen Führerschein zu haben, verurteilte ihn Richter Kastlmeier am Freisinger Amtsgericht wegen Computerbetrugs und Fahrens ohne gültige Fahrerlaubnis zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten.

Der Beschuldigte leugnete die Tat von Anfang bis Ende der Verhandlung. "Ich war es nicht", sagte er achselzuckend. Gleichwohl ist er auf Lichtbildern der Moosburger Sparkasse zu sehen, wie er offenbar Geld abhebt. Er sei vier Mal in der Bank gewesen, um für die Frau Kontoauszüge zu holen. "Mehr sage ich nicht", lautete seine Verteidigung.

Richter Kastlmeier vertraute bei seinem Urteil der detaillierten Aussage der 83-jährigen Zeugin. Die sagte aus, dass sie den Beschuldigten 2016 kennengelernt habe. Damals war ihr Mann gestorben. "Er ist mir als handwerkliches Allroundgenie empfohlen worden", erzählte die gehbehinderte Seniorin. Der Angeklagte erledigte Arbeiten für sie und führte ihren Hund spazieren. Im Oktober 2019 musste die Frau wohl infolge eines Sturzes ins Krankenhaus. Damals habe sie ihrem Bekannten ihre Geldkarte gegeben, damit er ihr die Kontoauszüge vorbeibringen konnte. Dazu bedarf es keiner Pin-Nummer. Sie selbst, sagte sie, hebe niemals Geld an einem Automaten ab. Sie lasse sich bei ihren Einkäufen stets Bargeld herausgeben.

Der Verlust ihres Geldes wurde ihr erst bewusst, als sie nicht mehr sicher war, ob sie die Rechnung des Krankenhauses bezahlt hatte. Sie stellte fest, dass die entsprechenden Kontoauszüge fehlten. Bei der Bank versuchte man sie zu beruhigen. Es könne schon mal passieren, dass man sich an etwas nicht mehr erinnern könne. "Ich habe an mir selbst gezweifelt, dass ich das vergessen habe", sagte die Zeugin, die einen sehr akkuraten Eindruck machte. Sie ließ sich Kopien der vermissten Kontoauszüge machen und stellte dabei 20 Geldabhebungen fest, für die sie keine Erklärungen hatte.

Sie habe weder ihre Pin noch die Karte irgend jemandem gegeben, sagte sie. Auf der Suche nach einer möglichen Erklärung stellte sie schließlich fest, dass die Pin aus einem Aktenordner verschwunden war, den ihr Mann einst angelegt hatte. Richter Kastlmeier sagte in seinem Urteil, dass es zwar Spekulation sei, wie der Beschuldigte in deren Besitz und den der Geldkarte gekommen sei. Die will die Zeugin immer in ihrer Handtasche aufbewahrt haben. Doch er habe stets zu allen Zimmern Zutritt gehabt.

Die Seniorin wird aber wohl auf ihrem Schaden sitzen bleiben. Der Beschuldigte ist zwangsgeräumt, hat derzeit keine Einkünfte und obendrein besteht der Verdacht, dass er schwer erkrankt ist. Schon damals war er in einer finanziell schwierigen Lage, worin der Amtsrichter ein Motiv für den Betrug sah. Insgesamt habe sich für ihn ein stimmiges Bild ergeben, sagte Manfred Kastlmeier. Chance auf eine Bewährung hat der Beschuldigte keine. Dass er zugegeben habe, die Person auf den Lichtbildern zu sein, "ist kein großer Verdienst".

Schwerer wiegen für Kastlmeier die einschlägigen Vorstrafen des 61-Jährigen, der ein Bewährungsversager ist. "Sie haben sich das Vertrauen der Frau erworben und missbraucht", sagt er. Die Geldabhebungen habe der Angeklagte geschickt zu vertuschen versucht, indem er die Kontoauszüge abgeholt habe. "Eine Freiheitsstrafe ist unerlässlich."

© SZ vom 08.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: