Amtsgericht:Diebstähle unter Drogeneinfluss

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Zwei Angeklagte versuchen in Apotheke und Arztpraxis einzubrechen und stehlen Zigaretten im Supermarkt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Die Prognose, die der Gutachter für einen der beiden Angeklagten am Amtsgericht Erding stellte, hatte eine negative und eine positive Seite. Die negative: wenn der 30-Jährige weiter so viele Drogen und Medikamente einnimmt, wird bei seiner derzeitigen schon vorhandenen Niereninsuffizienz bald der Tod eintreten oder zumindest drohe eine lebenslange Dialyse. Aber er könnte auch eine Therapie machen, jedoch nur in einer Entziehungsanstalt. "Geistig geeignet" sei der Angeklagte dafür, auch wenn er eine leichte Intelligenzminderung habe. Unter Drogeneinfluss stand auch der Mitangeklagte bei den Taten: versuchter Diebstahl, Diebstahl, Sachbeschädigung, Widerstand gegen Polizeibeamte, vorsätzliche Körperverletzung und Beleidigung - wobei die letzteren ausschließlich der mitangeklagte 25-Jährige verübt hatte.

Die ersten Diebstähle - alle am 16. Dezember 2016 - scheiterten jedoch. Den beiden Angeklagten, sowie zeitweise einer dritten Person, die schon verurteilt wurde, gelang es nicht, in eine Apotheke und eine Arztpraxis in Erding einzubrechen, da die Sicherungsmaßnahmen zu stark waren. Bei einem Warengeschäft der Caritas gelang es zwar der dritten Person ins Gebäude zu kommen, dann ging aber die Alarmanlage los. In allen drei Fällen entstand erheblicher Sachschaden. Abgesehen hatte es der 30-Jährige vor allem auf Medikamente wie Lyrica, einem Schmerzmittel, das laut dem Gutachter von Ärzten "leider sehr großzügig verschrieben" wird, aber ein "sehr hohes Suchtpotenzial" habe. Die Entzugserscheinungen seien "sehr hart".

Nicht um verschreibungspflichtige Medikamente ging es im Februar diesen Jahres, sondern um sogenannte Beschaffungskriminalität, um sich Drogen kaufen zu können. Ziel war ein Supermarkt im Sempt-Park. Dabei stellten sich beide nicht gerade geschickt an. Eine Zeugin, die beim Einkaufen war, sagte, dass einer der Angeklagten sie rüde an der Kasse zur Seite gedrückt habe, um an einen Einkaufskorb zu kommen. Einer Angestellten fiel auf, dass jemand von Kasse zu Kasse ging und den Korb bis oben hin mit Zigarettenschachteln füllte und alarmierte noch zwei Kollegen. Der 30-jährige Angeklagte stopfte anschließend in einer Nische, da zum Zeitpunkt der Tat der Markt umgebaut wurde, alle Schachteln - 89 insgesamt - in eine Tasche und warf sie über eine Bauzaun nach draußen.

Dummerweise fing sie der 25-Jährige aber draußen nicht auf und es fielen ein paar Schachteln heraus, was wiederum die Frau an der Kasse, die inzwischen fertig war mit Einkaufen, stutzig machte. Sie und ihr Mann fragten nach, ob er sie gekauft und einen Kassenzettel dafür habe. Das konnte er nicht belegen und als man ihn zur Überprüfung festhalten wollte, eskalierten die Ereignisse. Er beleidigte vor allem die Frau massiv und schließlich schaffte es der Ehemann der Frau, ein Berufsfeuerwehrmann, ihn zu Boden zu bringen, wo er sich weiter vehement wehrte, beleidigte und spuckte, und sogar den Mann am Hals packen wollte. Auch zwei hinzugerufene Polizeibeamte in Zivil, die sich aber deutlich als Polizisten ausgewiesen hatten, hatten Mühe in zu bändigen. Die Polizeibeamtin musste sich wegen Prellungen am Unterarm zwei Tage dienstunfähig schreiben lassen.

Beide Angeklagten waren laut Gutachten schon mit 14, 15 Jahren mit Drogen in Berührung gekommen und in die Suchtabhängigkeit geraten. Auch Substitutionsmaßnahmen beim 30-Jährigen halfen nicht. Schon erstaunlich sei, so der Gutachter des 30-Jährigen, dass er acht Jahre Schule und Lehre abgeschlossen habe. Beide waren nach Meinung der Gutachter zum Tatzeitpunkt vermindert schuldfähig. Vor allem der ältere Angeklagte, dessen Suchtdruck so hoch sei, dass er täglich nur den Gedanken habe, wie er an Geld komme, um Drogen kaufen zu können. Auch die Einträge ins Bundeszentralstrafregister zeigten dies.

Richter Björn Schindler folgte letztlich der Empfehlung des Gutachters und verurteilte den 30-Jährigen zu zwei Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe und zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Ohne eine erfolgreiche Therapie werde er infolge seiner Sucht weiter erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Der 25-Jährige muss neun Monate in Haft. Beim ihm hatte Schindler "kein Vertrauen", dass eine Bewährungsstrafe dabei helfe, dass er eine Therapie mache, um von den Drogen weg zu kommen.

© SZ vom 28.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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