Amtsgericht:Bewährungsstrafe für Ausraster in der Küche

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38-jährige Asylbewerberin aus Wartenberg verletzt drei Mitbewohner schwer. Eine Frau wird mit heißem Öl übergossen

Von Thomas Jordan, Erding

Eine 38-jährige, ehemalige Bewohnerin einer Asylunterkunft in Wartenberg ist vom Amtsgericht Erding wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung in drei Fällen zu einem Jahr und zwei Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden.

Als die Staatsanwältin die Anklageschrift verlas, konnte man den Eindruck gewinnen, es handle sich um das Drehbuch eines wüsten Martial-Arts-Films. Hatte die Angeklagte doch drei Mitbewohner ihrer Asylunterkunft angegriffen und mit dem Tod bedroht. Dabei setzte sie ihren Opfern nicht nur mit Bissen in die Unterarme zu, sondern schlug auch mit einem Hammer auf Köpfe und Schultern ein. Besonders gefährlich war, dass sie eine Mitbewohnerin mit einer Pfanne mit heißem Öl übergoss. Das Opfer erlitt dabei Verbrennungen ersten bis zweiten Grades an Armen und Beinen, wie ein Gutachten des Klinikums Landshut feststellte. Bei der Geschädigten, die als Zeugin vor Gericht geladen war, sind etwa zwölf Prozent der Körperfläche durch die Attacke verbrannt. Die anderen Opfer erlitten durch den Ausraster Schädelprellungen, Bauchverletzungen und Bisswunden. Sie selbst verlor bei ihren Attacken einen Zahn.

Die 38-jährige Angeklagte räumte zunächst vor dem Amtsgericht Erding nur ein, einen der drei Beteiligten in den Finger gebissen zu haben. Einen Hammer habe sie noch nie gesehen, seit sie vor vier Jahren nach Deutschland gekommen sei. Stattdessen erzählte die 38-Jährige ausführlich die Vorgeschichte der Tat. Schon einmal fünf Tage zuvor habe sie sich nämlich mit ihren Mitbewohnern gestritten, es sei ebenfalls darum gegangen, ob das Küchenfenster geöffnet wird, während die Angeklagte kocht. Dass oft starker Rauch entsteht, wenn die Angeklagte in der Küche hantiert, bestätigten auch die schriftlichen Zeugenaussagen ihrer Mitbewohner. Nach einigen Minuten, in denen er den Ausführungen der Angeklagten zugehört hatte, riss Amtsrichter Andreas Wassermann dann allerdings der Geduldsfaden. "Wenn wir fünf Tage vor der Tat anfangen, schaffen wir es nicht an einem Verhandlungstag", sagte Wassermann. Er regte deswegen ein Rechtsgespräch zwischen Staatsanwältin, Richter und Verteidiger an.

Nachdem Verteidiger Robert Gödel mit seiner Mandantin mehrere Minuten gesprochen hatte, wirkte die Angeklagte danach wie verwandelt. Die 38-Jährige räumte nun alle Vorwürfe der Anklage ein und legte ein Geständnis ab. Im weiteren Verlauf der Verhandlung wurde klar, dass eines der späteren Opfer erst durch die starke Rauchentwicklung am Tag der Tat in die Küche gekommen war und die Angeklagte zur Rede gestellt hatte. Weil dabei wohl der zwei Monate alte Sohn der Angeklagten gestoßen wurde, eskalierte die Situation und die 38-Jährige rastete aus.

Nach dem Geständnis der Angeklagten wurde die Beweisaufnahme verkürzt. Von den fünf anwesenden Zeugen wurde nur ein Erdinger Polizeihauptmeister gehört, der den Tathergang im Sinne der Anklage bestätigte. Im Verlauf des Prozesses kam auch die Biografie der Angeklagten zur Sprache, die vor zwei Monaten zum zweiten Mal Mutter geworden ist. Im Jahr 2014 ist die 38-Jährige demnach aus Nigeria nach Europa gekommen. Für die Überfahrt habe sie einem Schleuser einen hohen Geldbetrag bezahlt. Den Betrag habe sie als Prostituierte abgearbeitet. Von Amtsrichter Wassermann nach ihren Zukunftsplänen befragt, sagte die 38-Jährige unter Tränen, sie wolle einen Deutschkurs besuchen und eine Lehre als Friseurin machen. Staatsanwältin und Verteidiger waren sich dann in der Forderung des Strafmaßes einig, der auch das Gericht folgte. Das für die Schwere der Tat milde Urteil begründete Amtsrichter Wassermann damit, dass sich durch das Geständnis eine "aufwendige Beweisaufnahme mit Zeugen auf Englisch" erübrigt habe. Außerdem habe die Angeklagte mit ihren zwei kleinen Kindern eine positive Sozialprognose.

© SZ vom 05.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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