Amtsgericht:Betrug aus Angst vor der Mafia

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Mechaniker prellt Autohäuser, indem er von der Probefahrt nicht zurückkommt: drei Jahre und fünf Monate Haft

Von Thomas Daller, Erding

Ein 42-jähriger Automechaniker ist am Amtsgericht Erding zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt worden. Er hatte drei Autohäuser betrogen, weil er während der Probefahrten mit den Autos verschwunden ist. Als Begründung gab er an, er habe sich in kriminellen Kreisen Geld geliehen, das er nicht zurückzahlen konnte und sei dann so unter Druck gesetzt worden, dass er keinen anderen Ausweg gewusst habe.

Der Mann ist gebürtiger Münchner, hat aber die Staatsangehörigkeit von Bosnien-Herzegowina. 2004 wurde er wegen erpresserischem Menschenraub in sechs Fällen zu elf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Bis 2007 war er in Haft und konnte dann aus der Justizvollzugsanstalt Landsberg fliehen. 2009 wurde er gefasst und 2011 abgeschoben. In Bosnien fand er keine Arbeit, lebte bei seinen Eltern und er eröffnete schließlich ein Café, das in Brand geriet. Daraufhin stand er mit 25 000 Euro Schulden da. Vor Gericht deutete der Angeklagte an, dass er sich das Geld von Angehörigen der organisierten Kriminalität geliehen habe.

Er reiste nach Deutschland und machte am 16. April dieses Jahres eine Probefahrt bei einem Autohaus in der Region, und kam mit dem Audi A6 im Wert von knapp 60 000 Euro nicht mehr zurück. Am 30. April ergaunerte er mit der gleichen Masche bei einem Autohaus in Stuttgart einen VW Golf im Wert von knapp 30 000 Euro sowie am 14. Juni bei einem Autohaus in Siegen einen Porsche Panamera im Wert von 82 000 Euro.

Den Audi, mit dem er einen Unfall hatte, verkaufte er im Juli im Internet auf Mobile.de mit einem Frontschaden und gefälschten Papieren für 29 000 Euro. Der Käufer wurde jedoch nach wenigen Tagen stutzig und ließ den Wagen von der Polizei überprüfen.

Der Angeklagte wurde schließlich in Wuppertal gefasst, wo er unter falschem Namen lebte. Seine tatsächliche Identität war der Polizei bekannt. In den Autohäusern, die er betrogen hatte, hatte er seinen ordnungsgemäß ausgestellten Reisepass und Führerschein vorgelegt. Er sagte, man möge das als Indiz betrachten, wie verzweifelt er gewesen sei. Björn Schindler, Vorsitzender Richter des Schöffengerichts, war ebenfalls der Ansicht, "das hätte man cleverer anstellen können".

Der Angeklagte, der derzeit noch im Gefängnis eine Reststrafe absitzt, war vollkommen geständig und gab bereitwillig Auskunft. Nur zur "Mafia", der er Geld geschuldet habe, wollte er sich nicht äußern. Der Porsche wurde in Wuppertal bei seiner Festnahme sichergestellt, der Golf ist verschwunden.

Die Staatsanwaltschaft plädierte wegen mehrfachen Betrugs in besonders schwerem Fall sowie wegen Urkundenfälschung auf eine Gesamtstrafe von drei Jahren und zehn Monaten. Sein Verteidiger wies auf den Druck der "Kreditgeber" hin und hielt drei Jahre Freiheitsstrafe für angemessen. Das Schöffengericht blieb in der Mitte und verurteilte den Mann zu drei Jahren und fünf Monaten. Außerdem soll der Schaden in Höhe von 89 000 Euro bei ihm eingezogen werden, sollte er wieder zu Geld kommen. Zu seinen Gunsten wertete das Gericht sein Geständnis und seine Ehrlichkeit, zu seinen Lasten sein "gewerbsmäßiges Vorgehen", seine Vorstrafen und dass der Schaden sehr hoch gewesen sei. Anschließend ging es für ihn wieder zurück in die Haftanstalt.

© SZ vom 03.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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