Amtsgericht:Auf tönernen Füßen

Lesezeit: 1 min

Verfahren gegen Vorarbeiter eingestellt

Von Thomas Daller, Erding

Der Vorarbeiter eines Putztrupps, der in der Therme tätig ist, ist am Amtsgericht Erding angeklagt worden, er habe drei rumänische Mitarbeiter beleidigt und einen davon vorsätzlich verletzt. Das Verfahren gegen den Mann wurde eingestellt: Die Belastungszeugen waren nicht erschienen und die Entlastungszeugen vertraten den Standpunkt, hinter den Anschuldigungen stecke ein kurioser Arbeitsgerichtsprozess.

Die drei rumänischen Mitarbeiter wollten zwischen Weihnachten und Neujahr Urlaub nehmen, der aber in dem Subunternehmen nicht bewilligt wurde, weil in der Therme dann Hauptsaison ist und deswegen Urlaubssperre gilt. Daraufhin schrieben alle drei am 28. Dezember 2018 ihre Kündigung, erschienen aber trotzdem am Morgen des 29. zur Arbeit. Sie setzen ihn davon in Kenntnis, dass sie nicht mehr arbeiten würden und angeblich habe er sie deswegen auf rumänisch beleidigt und einen an der Jacke gepackt, so dass der Reißverschluss der Jacke eine Rötung verursacht habe. Deswegen erstatten sie Anzeige wegen Beleidigung und vorsätzlicher Körperverletzung. Außerdem strengten sie gegen die eigene Kündigung eine Kündigungsschutzklage an, erschienen aber nicht zum Arbeitsgerichtsprozess.

Auch am Amtsgericht konnten sie nicht vorgeladen werden. Zwei Zeugen sollen nach Rumänien zurückgereist sein, einer lebt angeblich im Großraum München, aber mit unbekannter Adresse. Hinzu kam, dass der Angeklagte nach Angaben weiterer Mitarbeiter der Putztruppe kein Rumänisch spricht und er die Kläger daher nicht in dieser Sprache beleidigt haben kann, wie sie es bei der Polizei behauptet hatten. Auch der Vorwurf, der Vorarbeiter seit tätlich geworden, stand auf tönernen Füßen: Kollegen, die ihn schon seit mehr als 20 Jahren kannten, sagten aus, dass sie das noch nie bei ihm erlebt hätten. Sie mutmaßten, dass die Belastungszeugen damit etwas konstruieren wollten, um eventuell eine Abfindung herauszuschlagen. Aufgrund der erheblichen Zweifel an den Zeugenaussagen, der unerheblichen Verletzung und aus verfahrensökonomischen Gründen stellte Richter Andreas Wassermann im Einverständnis mit der Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.

© SZ vom 29.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: