AfD im Erdinger Kreistag:Krach um Ausschussbesetzung

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Nachdem die AfD Fraktionsstärke erreicht hat, gewinnt sie in Kreisausschüssen an Einfluss. Doch die eigentlich rein formaljuristische Entscheidung mündet in eine heftige Auseinandersetzung

Von Thomas Daller, Erding

Eigentlich ging es in der Kreistagssitzung am Montag nur um die Neubesetzung der Ausschüsse, doch es wurde zu einer bislang beispiellosen Abrechnung mit der AfD. Sie hatte erstmals Sitze in den Ausschüssen hinzugewonnen, nachdem Rainer Forster, bislang ÖDP, als nunmehr Parteiloser eine Ausschussgemeinschaft mit der AfD gebildet hatte. Formaljuristisch kann man dies nur zustimmend zur Kenntnis nehmen, aber knapp zwei Fünftel der anwesenden Kreisräte lehnten die AfD in den Ausschüssen dennoch ab, einhergehend mit massiven Vorwürfen.

Helga Stieglmeier (Grüne) sprach von Wählerbetrug, weil die AfD bei der vergangenen Kommunalwahl gar nicht angetreten war: Martin Huber und Peter Attenhauser waren als Republikaner gewählt worden und wechselten dann zur AfD; Rainer Forster kam mit den Stimmen der ÖDP-Wähler in den Kreistag. Stieglmeier zitierte zudem den früheren CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz, der die AfD für faschistisch halte: "Ich schließe mich Herrn Polenz an." Außerdem zitierte sie aus einem rassistischen Post eines AfD-Landtagsabgeordneten, der zur Bewaffnung "deutscher Bürger" aufgerufen hatte: "Von diesen Worten ist es nicht mehr weit bis zum rechtsradikalen Terrorakt in Halle", sagte Stieglmeier. Das Auftreten der AfD sei völkisch, nationalistisch, rassistisch und bei der Auseinandersetzung mit der AfD gehe es nicht um unterschiedliche Meinungen, über die man diskutiere und dann akzeptiere, denn "Rassismus und Faschismus ist keine Meinung".

Rainer Forster bezeichnete die Vorwürfe als ein von "rot-grünen Kreisen inszeniertes Kasperltheater". Dann setzte er zu einer sehr langen und teils auch wirr klingenden Rede an, warum er in die Politik gegangen sei und wer ihm politisch und beruflich aller Unrecht getan habe. Dabei schnitt er vielfältigste Themen ohne jeglichen Kreistagsbezug an, sprach vom "Kasinokapitalismus" und der "Diktatur der Märkte", von "geopolitischen Veränderungen" und dergleichen. Schließlich kam er auf eine ominöse "Anti-Bayerstorfer-Bande" zu sprechen und dementierte auf eigenartige Weise, dass er in der ÖDP isoliert gewesen sei: "Im Ehebett der Trefflers war für mich kein Platz mehr frei." Angesichts solcher Sprüche und der sehr langen Redezeit kamen die ersten Zwischenrufe, man möge ihm das Wort entziehen. "Lasst ihn doch sich blamieren", entgegnete daraufhin Stieglmeier.

Horst Schmidt (SPD) sagte über Forster, dieser empfinde sich als "politischer Märtyrer, alle anderen sind die Bösen, die ihm keine politischen Entwicklungsmöglichkeiten geben". Schmidt erinnerte an die Ereignisse in Halle, die die "Demokratie in ihren Grundfesten erschüttert haben". Es komme nicht von ungefähr, dass viele Politiker der AfD eine Mitverantwortung zusprechen würden: Sie trage antisemitisches Gedankengut in diese Gesellschaft hinein. "Menschenfeindlichkeit hat in unserer Gesellschaft nichts zu suchen", sagte Schmidt und bekam dafür von allen Fraktionen - außer der AfD-Ausschussgemeinschaft - großen Beifall.

Manfred Slawny (SPD) bezeichnete Forster als "personifizierte Ich-AG", der den Willen seiner damaligen ÖDP-Wähler nicht ernst nehme. Er sei getrieben von "Machtgebaren". Es gebe im Kreistag Kollegen, die diese Neubesetzung der Ausschüsse zugunsten der AfD nicht "zustimmend zu Kenntnis nehmen" wollten. Das sei legitim, denn es habe mit Demokratie nichts zu tun, sondern nur mit Recht.

Martin Huber (AfD) sprang Forster bei: "Ich lasse mich nicht als Kriminellen und Nazi diffamieren, schämen Sie sich." Außerdem wies er den Vorwurf der SPD, die AfD sei antisemitisch, "in aller Schärfe" zurück. "Nicht wenige Mitglieder sind jüdischen Glaubens, bitte unterlassen Sie in Zukunft so was", sagte Huber.

Von den 49 anwesenden Kreisräten stimmten 30 für die zustimmende Kenntnisnahme, 19 waren dagegen, darunter SPD, Grüne, ein Großteil der Freien Wähler sowie Franz Hofstetter als einziger Kreisrat der CSU.

© SZ vom 15.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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