Abwasserkanäle:Probleme mit dem Altbestand

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Die Sanierung von Abwasserleitungen hinkt bayernweit den Erfordernissen hinterher. Im Landkreis ist das nicht anders, nur der AZV Erdinger Moos hat eine bessere Ausgangssituation

Von Thomas Daller, Landkreis

Bayern verfügt über ein riesiges Netz von Abwasserkanälen. Es ist 95 000 Kilometer lang, mehr als der zweifache Erdumfang. Doch davon ist auch ein nicht unerheblicher Teil marode. Experten gehen von knapp 18 Prozent aus. Und pro Jahr wird durchschnittlich nur ein halbes Prozent saniert. Der Landkreis Erding bildet dabei keine Ausnahme: Sowohl in Dorfen als auch in Taufkirchen geht man von vergleichbaren Prozentzahlen aus. Der Abwasserzweckverband Erdinger Moos hat das beste Netz. Das hängt damit zusammen, dass der Bauboom im Raum Erding erst vor 30 Jahren begonnen hat und der Großteil des Netzes noch relativ jung ist.

Im Gegensatz zu den Wasserrohren gibt es bei den Abwasserrohren kaum Frostbruch im Winter. Warmes Wasser aus der Dusche, der Geschirrspülmaschine oder der Waschmaschine verhindert ein starkes Absinken der Temperaturen. Die Gefahr von Schäden droht von anderer Seite. Alte Betonrohre, die vor 30, 40 oder 50 Jahren eingebaut wurden, sind nicht so gut durchlüftet wie Rohre, die man heutzutage verwendet. Dadurch kann sich Schwefelwasserstoff in den Rohren halten, ein sehr betonaggressives Gas. Früher wurde auch noch keine Rohrstatik gemacht und die verwendeten Dichtungsmaterialien waren weniger gut. Und sobald es zu Abplatzungen oder Brüchen kommt, wachsen Baumwurzeln in die Rohre, verringern den Durchflussquerschnitt und verursachen Rückstaus. Die Abwasserentsorger können sich mit Kamerafahrten ein Bild davon machen, aber die Sanierung dieser alten Leitungen ist teuer und aufwendig.

In Dorfen beispielsweise geht der zuständige Abteilungsleiter Jürgen Dietrich davon aus, dass etwa 20 Prozent des 90 Kilometer langen Leitungsnetzes in einem schlechten Zustand ist. Vor allem jene Abschnitte, die in den 1960er bis 1980er gebaut wurden, seien oftmals schlecht verlegt worden: Häufig wurde das Füllmaterial nicht ordnungsgemäß verdichtet, dadurch kommt es im Boden zu Setzungen und dann können Rohre brechen. Die schlimmsten Schäden habe man in den vergangenen zehn Jahren bereits beseitigt, sagte Dietrich. Aber es stehe pro Jahr nur ein Etat von rund 100 000 Euro zur Verfügung, damit könne man wie im bayernweiten Schnitt lediglich ein halbes Prozent des Netzes sanieren: "Das ist zu wenig."

In Taufkirchen ist das Kanalnetz sogar 113 Kilometer lang. Auch hier dieselbe Problematik mit dem Altbestand. Oftmals in Lehmböden verlegt, die sich langfristig leicht verformen können, worunter vor allem die spröden alten Steinzeugrohre leiden. Mittlerweile verwendet man bei den kleineren Durchmessern Kunststoffleitungen. Die Verlegung geht leicht und schnell und sie sind nicht so empfindlich gegen Bruch. Billig sind solche Sanierungen dennoch nicht: Die Sanierung der Abwasserleitungen in der Reckenbacher Straße hat 569 000 Euro gekostet, der Ersatzneubau am Bahnweg ist mit 220 000 Euro veranschlagt.

Im Gebiet des Abwasserzweckverbandes (AZV) Erdinger Moos, das ein Leitungsnetz von 400 Kilometern umfasst, macht sich Geschäftsleiter Josef Schmittner hingegen keine Sorgen, dass "uns die Rohre zusammenbrechen". "Wir haben eine Sondersituation als Wachstumsregion: Viele Wohnungen und Gewerbebetriebe, die angeschlossen sind, wurden innerhalb der vergangenen 30 Jahre gebaut. 85 Prozent unseres Leitungsnetzes ist jünger als 35 Jahre." Die neuen Leitungen werden genau geprüft: Es gibt eine Kamerabefahrung bei der Bauabnahme und nochmals eine, wenn nach fünf Jahren die Gewährleistungspflicht abläuft. Seit 15 Jahren verfügt der AZV über ein eigenes TV-Fahrzeug, ein neues und noch besseres ist bereits bestellt und soll im Herbst geliefert werden. Kostenpunkt: 330 000 Euro. Bei künftigen Kamerabefahrungen kann das Gerät dann sogar automatisch Schadstellen klassifizieren und Marker setzen. Schmittner geht davon aus, dass der Anteil der sanierungsbedürftigen Rohre am Gesamtnetz bei lediglich fünf Prozent liegt. "Im Vergleich sind wir sehr gut dabei", sagte Schmittner im Hinblick auf die gesamtbayerische Situation.

Und in den nächsten fünf Jahren soll da noch Einiges geschehen. Der AZV hat 2015 den Etat für Kanalsanierungen von einer Million auf 1,5 Millionen angehoben. In der Gebührenkalkulation bis 2018 wurden sogar zwei Millionen veranschlagt. Geschäftsleiter Schmittner sagte: "Den Sanierungsbedarf haben wir sehr sicher in der Hand."

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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