300 leben im Landkreis:Wenn der Biber zum Problembiber wird

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Drei Berater im Landkreis sollen Konflikte entschärfen, die durch diese Tiere entstehen. Sie schützen Bäume mit Drahtgittern, Kläranlagen mit Elektrozäunen, und manchmal müssen sie auch Fallen einsetzen

Von Thomas Daller, Landkreis

"Ist der gefährlich? Frisst der Fleisch? Beißt der?" Wenn irgendwo im Landkreis Biber auftreten, sind manche Menschen verunsichert und dann muss Rudi Erlacher auch solche Fragen beantworten. Insbesondere Mütter von kleinen Kindern wollen dann wissen, ob von diesem Tier mit den scharfen Zähnen eine Bedrohung ausgehen könnte. Das ist aber nicht der Fall. Erlacher ist einer von drei Biberberater im Landkreis Erding und er wird gerufen, wenn Biber irgendwo Probleme bereiten. Erlacher managt den Osten des Landkreises, sein Kollege Alfred Baumgartner den Nordwesten und Peter Sollnberger den Südwesten.

Nachdem der letzte Biber in Bayern 1867 getötet wurde, hat der Bund Naturschutz zwischen 1966 bis Anfang der 1980er Jahre mit Genehmigung des damals zuständigen Landwirtschaftsministeriums etwa 120 Biber aus Russland, Polen, Frankreich und Skandinavien ausgesetzt. Inzwischen gibt es in Bayern etwa 17 000 Exemplare und die werden in der Öffentlichkeit oft auch als Problem wahrgenommen. Bauern beklagen überschwemmte Felder und Fraßschäden, Betreiber von Wasserkraftwerken verteidigen Kanäle und Becken. Aber zumindest im Landkreis Erding gab es noch keine größeren Schäden, lautet Erlachers Bilanz. Im Landkreis geht man von rund 300 Bibern aus, die in 60 bis 70 Familienverbänden hier leben. Große Populationen gibt es in den Isarauen und im Viehlassmoos, dort sind die Biber ungestört.

Wenn Biber zu viele Bäume umnagen, hilft Erlacher, die verbleibenden Stämme mit Drahtzäunen zu schützen oder mit einem Farbanstrich, den die Tiere nicht mögen. Wenn sie Kläranlagen unterwühlen, greift er zu Elektrozäunen; das war beispielsweise schon bei der alten Kläranlage in Inning oder in Hohenpolding der Fall. "Wir konnten alle Probleme mit solchen Maßnahmen beheben", betonte Erlacher. Brennpunkte, an denen Biber auftreten, sind immer entlang von Gewässern; ob nun an der Isen, der Goldach oder der Vils. Fast alle Reviere im Landkreis sind bereits besetzt, mit einer weiteren Ausbreitung ist nicht zu rechnen. Einige wenige Reviere sind heuer im Sommer sogar aufgegeben worden, weil es so trocken war und manche Bäche so wenig Wasser führten, dass die Biber dort verschwanden.

Manchmal hat es Erlacher auch mit Fraßschäden in der Landwirtschaft zu tun: Wenn Maisfelder nahe am Ufer von Bächen stehen, kommt es öfter mal vor, dass Biber sich damit einen Nahrungsvorrat anlegen. In der Regel haben die Bauern aber Pech gehabt, weil diese Schäden dann meist unter der Bagatellgrenze von 50 Euro liegen. Darunter wird der Schaden nicht ersetzt. "Auch wenn es mal 70 Euro sind, füllen viele Landwirte die Anträge nicht aus, weil sich der Aufwand nicht lohnt", sagte Erlacher.

Wenn Biber jedoch dauerhaft einen hohen wirtschaftlichen Schaden anrichten, dann werden sie mit Fallen gefangen und getötet oder von Jägern erlegt. Denn die Zeiten sind mittlerweile vorbei, in denen gefangene Biber in Naturschutzgebiete im europäischen Ausland gebracht werden können. Es gibt keinerlei Nachfrage mehr nach Bibern. 15 bis 20 Anträge auf "Entnahme" werden jedes Jahr im Landkreis gestellt. Neben diesem Antrag des betroffenen Eigentümers wird auch eine Beurteilung des Biberberaters verlangt. Beide Formulare landen dann bei der Unteren Naturschutzbehörde, die dann entscheidet, ob der Biber entnommen werden darf. Wenn Erlacher Fallen aufstellt, dann nur außerhalb der Schonzeit. Außerdem muss die Falle mit dem Revierinhaber abgesprochen sein. Wenn ein Biber in die Lebendfalle getappt ist, kommt er in eine Kiste und erst auf eigenem Grund darf ihn Erlacher dann schießen, weil er in fremdem Revier kein Schussrecht hat.

Aber in erster Linie geht es den Biberberatern um Prävention und darum, um Verständnis für das Tier zu werben. Und das, sagt Erlacher, mache ihm Spaß.

© SZ vom 15.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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