120 Jahre Heilig Blut:Frauensache

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Das Schlossgut Heilig Blut mit der Waldfahrtskirche und der Mädchenrealschule im Jahre 1962 (Foto: Bauersachs Peter)

1896 hat die Mädchenrealschule Heilig Blut mit nur 17 Schülerinnen den Betrieb aufgenommen. Am heutigen Dienstag blickt die Erdinger Institution auf seine 120-jährige Geschichte zurück

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Am Rande des Erdinger Stadtparks gelegen, existiert seit nun 120 Jahren die Mädchenrealschule Heilig Blut. Mit 17 Schülerinnen und vier Lehrerinnen hatte es im Oktober 1896 angefangen. Mittlerweile unterrichten 65 Pädagogen in 38 Klassen 1046 Mädchen. Am heutigen Dienstag blicken aktive und ehemalige Lehrer und Schülerinnen in einer Feierstunde auf die bewegte Geschichte von Heilig Blut zurück. Parallel dazu gibt es in der Aula eine Ausstellung mit historischen Fotos der Schule, die in den kommenden Tagen noch besichtigt werden kann.

Den musikalischen Part des Abends gestalten die Mitglieder des Blasorchesters, des Schulchors und der Bläserklasse. Zwischen den Einlagen erinnern Ehemalige an ihre Zeit an der Schule. Aus der Perspektive der Lehrer erzählen Heinrich Schmitt und Albert Westermeier, die beide mehr als 30 Jahre in Heilig Blut unterrichtet haben. Etwa eine halbe Stunde lang lassen sie ihre Erlebnisse Revue passieren, zeigen Fotos von damals und packen die ein oder andere Anekdote aus. Wie unterschiedlich sich der Schulbesuch in den vergangenen 60 Jahren angefühlt hat, was sich aus Sicht von Schülerinnen im Lauf der Zeit verändert hat, darüber berichten am Dienstag fünf Absolventinnen. Die Besonderheit daran ist, dass sie alle aus der selben Familien stammen: Claudia Rüdiger (Abschlussjahrgang 1990), ihre Mutter Margitta Schamberger (1966), die Schwiegermutter Annemarie Rüdiger (1954) sowie die beiden Töchter Johanna und Veronika Rüdiger (2013). Die Gesprächsrunde moderiert Chemielehrer Franz Sellmaier. Am Ende des Abends führt das Lehrertheater einen kurzen Sketch auf. Grußworte sprechen der stellvertretende Landrat Jakob Schwimmer (CSU) und Ralf Grillmayer, Abteilungsleiter Bildung im erzbischöflichen Ordinariat, dem Schulträger.

Die Wurzeln der Mädchenrealschule Heilig Blut reichen weit ins 19. Jahrhundert zurück. Bereits in den 1850er-Jahren hatte die Stadt Erding vergebens einen Träger für eine Mädchenschule gesucht. 1877 kaufte die Heilig-Geist-Spital-Stiftung das Schlossareal in Heilig Blut von Freifrau Franziska von Grainger. Elf Jahre später vererbte sie der Stadt 10 000 Mark. Mit dem Geld sollte eine "wohltätige Anstalt von Ordensbrüdern oder Ordensschwestern zur Erziehung der Jugend im Schloss" gegründet werden, schreibt der Historiker Claudius Stein. 1893 erklärten sich die Armen Schulschwestern bereit, eine Schule für Mädchen in Heilig Blut zu gründen. Zuvor müssten die Gebäude aber noch renoviert werden. Schließlich begann am 1. Oktober 1896 für 17 junge Frauen der Unterricht, zehn von ihnen wohnten im Internat. Von Anfang an gab es eine eigene Bücherei. Seit 1905 verfügten die Schwestern über eine Hauskapelle, die man 1969 gänzlich neu gestaltete. Während des Ersten Weltkriegs wurde aus dem "Institut" eine Mittelschule, im Mai 1924 eine höhere Mädchenschule. Das führte nicht zuletzt dazu, dass die Schülerzahlen weiter anstiegen und der Platz im Schloss zu eng wurde. 1927 kam der erste Anbau samt einer eigenen Turnhalle dazu. Die Nationalsozialisten schlossen jedoch 1938 die mittlerweile zum Lyzeum erhobene Mädchenschule und zwangen die Ordensschwestern, Heilig Blut zu verlassen.

Doch bereits im Oktober 1945 nahmen 20 Schwestern den Betrieb mit 124 Schülerinnen wieder auf. In den 1950er-Jahren erlebte die Klosterschule eine Blütezeit. Es kamen künstlerische Angebote hinzu, Ausflüge führten erstmals zum Bergsteigen in die Alpen. Zudem bemühte sich der Orden nach Kriegsende um eine "Frauenfachschule" zur Ausbildung von Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen. Ende des Jahrzehnts besuchten mehr als 300 Mädchen Heilig Blut. Erneut reichte der Platz nicht mehr aus, und so wurden 1962 und 1967 der Süd- und Nordtrakt eingeweiht.

Der Orden war indes vor eine neue Herausforderung gestellt: mangelnder Lehrernachwuchs. 1972 unterrichteten zum letzten Mal Schwestern in Heilig Blut und die Frauenfachschule wurde geschlossen. Im gleichen Jahr übernahm die Erzdiözese München und Freising die Trägerschaft der Realschule, seit 1992 gehören auch die Gebäude dem Bistum. Von 1996 bis 2006 wurde die Mädchenrealschule umfassend renoviert und umgebaut. Der alte Anbau aus den 1920er-Jahren wich einer neuen Doppelsporthalle, für deren Design die Architekten 2003 den deutschen Holzbaupreis erhielten. Neu waren auch ein Musiktrakt und eine Eingangshalle.

Auch wenn die Schülerzahlen in den vergangenen Jahren stagniert hätten, ist Rektor Josef Grundner - erst der dritte Schulleiter nach 1972 - über zwei Projekte besonders glücklich: die Talentförderung sowie die gebundene Ganztagsklasse, die es seit dem Schuljahr 2014/15 für die 5. und 6. Jahrgangsstufe gibt. Der Festakt beginnt um 19 Uhr in der Turnhalle und soll pünktlich zum Anstoß des Champions-League-Spiels in der Allianz Arena beendet sein.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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