100 bis 150 Keiler und Bachen werden jedes Jahr geschossen:Wildschweine im Visier

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Dank milder Winter und einem Überangebot an Nahrung vermehren sich die Schwarzkittel auch im Landkreis rasant. Für Schäden in der Landwirtschaft sind die Jäger haftbar. Der Verbiss an jungen Bäumen durch Rehe geht zurück.

Von Thomas Daller, Landkreis

Wildschweine vermehren sich in Bayern rasant. Im Jagdjahr 2015/16 sind im Freistaat 85 436 Stück Schwarzwild erlegt worden, so viel wie nie zuvor. Auch im Landkreis Erding werden pro Jagdsaison zwischen 100 und 150 Stück geschossen. Die gigantischen Maisfelder sorgen für ein Überangebot an Nahrung. Hinzu kommt der Klimawandel mit den immer kürzeren und milderen Wintern. Dadurch kommen selbst schwache Tiere und Frischlinge durch die kalte Jahreszeit, die sie früher nie überlebt hätten.

Der Landkreis Erding als waldärmster Landkreis Bayerns ist keine typische Wildschweinregion. Den Tieren fehlen die Rückzugsregionen, die sie beispielsweise im Ebersberger Forst haben. Aber von dort aus streifen sie nachts auch durch den Landkreis Erding. Eine solche Rotte kann erhebliche Schäden in einem Maisfeld verursachen oder die Ansaat durchpflügen. Da kommt schnell ein vierstelliger Betrag zusammen. "Solche Schäden haben wir auch in der Landwirtschaft", bestätigt der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes Erding, Thomas Schreder. "Aber bei uns ist es nicht so schlimm wie beispielsweise in Ingolstadt oder Eichstätt. Dort tritt das Zehnfache an landwirtschaftlichen Schäden durch Schwarzwild auf." Für Schäden in der Landwirtschaft sind die Jäger haftbar. Eine Versicherung können sie dafür nicht abschließen. In der Regel muss die Jagdgenossenschaft zahlen, es gibt aber auch Revierpachtverträge, in denen der jeweilige Jäger haftbar gemacht wird.

Im Landkreis Erding liegtdie Abschussquote bei etwa3000 Stück Rehwild

Die Tiere vermehren sich landesweit extrem. Die Weibchen werden schon im ersten Lebensjahr geschlechtsreif und gebären von da an drei bis sechs Junge pro Jahr. Die Gesamtpopulation kann sich dadurch jedes Jahr verdoppeln oder verdreifachen. Wie viele Wildschweine durch Bayern streifen weiß niemand. "Die geschossene Strecke ist nur ein Hinweis", sagte Schreder. "Aber es gibt auch bei uns eine leichte Steigerung."

Diskutiert wurde in den vergangenen Jahren auch eine nächtliche Jagd mit Nachtzielgeräten. In die aktuelle Novellierung des Jagdgesetzes wurde dies jedoch nicht aufgenommen.

Auch die Rehe profitieren von den milden Wintern und den immer häufigeren Mastjahren der Eichen und Buchen, in denen die Bäume besonders viele Eicheln und Bucheckern tragen. Alle drei Jahre wird ein Abschussplan erstellt, der sich sowohl an einer Stichprobeninventur im Wald und den dort verbissenen Jungbäumen orientiert. Hinzu kommt eine "revierweise Aussage": Förster und Jäger verschaffen sich dabei gemeinsam einen Überblick, ob es genügend Bäume geschafft haben, unverbissen eine Größe zu erreichen, bei der ihr weiteres Wachstum nicht mehr gefährdet ist. Im Landkreis Erding liegt die Abschussquote bei etwa 3000 Stück Rehwild, das Jahr für erlegt werden muss. Hinzu kommen etwa 800 bis 900 Rehe, die alljährlich im Landkreis dem Straßenverkehr zum Opfer fallen.

Diese Verfahren zur gemeinsamen Feststellung von Verbissschäden hat dazu beigetragen, die Interessenskonflikte zwischen Jägern und Förstern zu entschärfen. 1986, als man mit den Verbissgutachten begonnen habe, hatte man nach Angaben von Bayerns Jägerpräsident Jürgen Vocke bei der Tanne einen Verbiss der Leittriebe von 40 Prozent. Jetzt liege man bei zwölf Prozent. Dennoch könne es punktuell vorkommen, dass man in einzelnen Revieren die Abschussquote beim Rehwild nicht erreiche. Schreder nennt in diesem Zusammenhang beispielsweise die Bauarbeiten an der Autobahn A 94, die Zerschneidungsmaßnahmen mit sich bringe und die Tiere beunruhige. Das könne dazu führen, dass der jeweilige Jagdpächter in einem Jahr die Quote nicht erfüllen könne. Es gebe dann die Möglichkeit, diese "Untererfüllung" im darauffolgenden Jahr zu kompensieren. Wenn sie jedoch dauerhaft nicht erfüllt werde, komme es zu einem Verwaltungsakt mit der Androhung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens, das auch bußgeldbewehrt sein kann.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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