EM: Kroaten in München:Die zweite Hauptstadt

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Im zweiten EM-Vorrundenspiel trifft die deutsche Mannschaft am Donnerstag auf die kroatische Elf - ein TV-Pflichttermin für viele der 25.000 in München gemeldeten Kroaten.

Christina Warta

An diesem Donnerstagabend werden sie sich im kroatischen Generalkonsulat die Stühle vor dem Fernseher zurechtrücken. "Wir treffen uns hier und schauen mit Kollegen das Spiel gegen Deutschland", sagt Vladimir Duvnjak. Der Generalkonsul ist übrigens nicht nur Fußballfan, sondern spielt auch selbst: bei den Veteranen des hiesigen kroatischen Fußballklubs FC Croatia. "Ich bin 50 Meter vom Dynamo-Stadion in Zagreb geboren", ruft er begeistert ins Telefon, "ich war schon immer Fußballfan!"

Kroatischer Fussballfan: Auch in München werden heute ein paar Herzen für Kroatien schlagen. (Foto: Foto: dpa)

Im zweiten EM-Vorrundenspiel trifft an diesem Donnerstag die deutsche auf die kroatische Elf - ein TV-Pflichttermin für die meisten hier lebenden Kroaten. Nach den Türken sind die Kroaten laut Angaben des Konsulats die zweitgrößte ausländische Minderheit in der Stadt.

Rund 25000 Menschen mit kroatischem Pass sind hier gemeldet, hinzu kommen Staatsbürger des ehemaligen Jugoslawiens, die sich nicht umgemeldet haben, sowie Kroaten mit zwei Staatsbürgerschaften oder mit deutschem Pass. "Für Kroaten ist München so etwas wie die zweite Hauptstadt", erklärt Duvnjak. Die Stadt sei bei seinen Landsleuten überaus beliebt, die hier lebenden Kroaten seien gut integriert. "Wir pflegen aber auch unsere eigene Kultur", so der Konsul.

Als "Vollblutkroate" fühlt sich beispielsweise auch Anton Martic. Der Sportwissenschaftler ist in Fürstenfeldbruck geboren, bis zum 18. Geburtstag hatte er zwei Pässe. Dann musste er sich entscheiden und wählte angesichts des Bürgerkriegs in Jugoslawien den deutschen Ausweis. Er spricht fließend kroatisch - "mein Vater besteht darauf" - und besucht regelmäßig seine Familie in Kroatien. "Wenn die Kroaten gegen Deutschland spielen, dann bin ich für Kroatien", sagt der 29-Jährige, "aber im Grunde ist das ein Spiel, das ich nicht verlieren kann. Ich habe das Glück, zweimal beheimatet zu sein."

© SZ vom 12.06.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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