Das Internet stoppen zu wollen, sagt Karl Reinitzhuber, das sei wie der Versuch, Zahnpasta in die Tube zurückzudrücken. Reinitzhuber ist Chef von mfi, was für Management für Immobilien steht, und dahinter steckt Deutschlands größter Betreiber von Shoppingcentern, 26 sind es derzeit, alle mehr als 40 000 Quadratmeter groß. An diesem Mittwoch ist Reinitzhuber in Pasing, die dortigen Arkaden sind ein Flaggschiff des Mallbetreibers. Mit großen Betttüchern sind die Logos an der cremeweißen Fassade verhangen. Als sie fallen, ist das zu sehen, was Reinitzhuber von nun an gegen das Internet setzen will: vier Sterne.
Diese Klassifizierung hat mfi jetzt in Deutschland eingeführt, um Service und Einkaufserlebnis gegen schnellen Kauf und Preiskampf im Internet zu setzen. Übernommen hat mfi das System vom Mehrheitsgesellschafter, von Unibail Rodamco, vor zwei Jahren ist das Label in französischen und anderen europäischen Centern des Konzerns gestartet. Die Idee ist einfach: Wer ein Vier-Sterne-Center betritt, soll so empfangen werden, wie er dies von einem Hotel dieser Kategorie erwartet. Mit Annehmlichkeiten.
Im neuen Babywickelraum etwa zwitschern die Vögel, es riecht nach Frühling. Hinter Glas sind Grashalme beleuchtet. Es gibt Windeln, Puder, Handcreme für die Mütter und überall Handtaschenhalter , "alles kostenlos", sagt Christian Zimmermann, Chef der Pasing Arcaden. Zudem gibt es Ruhezonen, Handyladestationen, Wlan, große Parkplätze, eine Ladestation für Elektroräder. Überall weisen große Piktogramme und Infostelen Wege - auch ins Internet und zu Verkehrsportalen, die den schnellsten Heimweg zeigen. 684 Regeln gehören zum Katalog, den die Center erfüllen müssen, um Vier-Sterne-Häuser zu sein. Überwacht werden die Standards von Testkunden und von einem Prüfinstitut.
Eine Million Euro hat mfi in die Umstellung gesteckt, in Umbauten und Schulungen. Chef Reinitzhuber ist sicher, dass sich das auszahlt. Der stationäre Handel müsse investieren, um nicht Umsatz einzubüßen. Zu konkreten Zahlen und Zielen gibt er sich zugeknöpft. Dem Internet als "erheblichem Konkurrenten" müsse man sich stellen, "sonst geht's uns wie den Dinosauriern". Viele Händler fühlen sich bedroht: Davon, dass Menschen sich bei ihnen beraten lassen, aber im Netz bestellen. Der Handelsverband HDE schätzt, dass statt bisher neun schon bald 20 Prozent der Waren über das Internet gehandelt werden.
Karl Reinitzhuber versucht für seine Shoppingcenter, nicht gegen das Internet zu kämpfen, sondern eigene Vorzüge herauszukehren. Deshalb holt er das Netz in die Ladenstraßen. Schließlich setzen auch die Filialisten, die sich dort einmieten, auf mehrere Verkaufskanäle: auf Läden mit echten Verkäufern und Beratung sowie auf Onlineshops.