Einbahnstraßen:Radeln - gegen den Strom

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Nur 63 von 655 Einbahnstraßen sind für Radfahrer in beiden Richtungen freigegeben - jetzt sollen weitere 40 folgen.

Mike Szymanski

Von der neuen Regelung, Einbahnstraßen für Radfahrer in beide Richtungen dauerhaft öffnen zu können, hat München bisher nur spärlich Gebrauch gemacht. Ein Jahr ist die Regelung alt - und erst auf 63 der insgesamt 655 Einbahnstraßen der Stadt ist Radlern ungehinderte Fahrt erlaubt.

Radeln in Einbahnstraßen Was ist erlaubt, was nicht? (Foto: N/A)

Besonders das Zentrum ist auf zwei Rädern bisher immer noch ein Hindernisparcours: Immer wieder zwingen Einbahnstraßen zu Umwegen. "Ein Unding", findet der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) und verweist auf andere Großstädte, die bereits mehr als die Hälfte ihrer Einbahnstraßen für Radler in beide Richtungen geöffnet haben. Jetzt verspricht die Verkehrsbehörde nachzuziehen.

"Wir sind sehr unzufrieden mit der Situation in München. Die Stadt hinkt anderen deutlich hinterher", sagt Hannes Bojarsky, Geschäftsführer des ADFC München.

Kreuz und quer

Er nennt das Beispiel Innenstadt. Nördlich und südlich der Fußgängerzone sei es kaum möglich, die Stadt in Richtung Ost-West oder umgekehrt als Fahrradfahrer zu durchqueren, ohne Umwege in Kauf nehmen zu müssen. "Nur um vom Marienplatz zur nächsten Post zu kommen, muss der Radfahrer schon mal einen Kilometer kreuz und quer fahren, obwohl das Gebäude nur 200 Meter entfernt ist", klagt Bojarsky.

Dabei könnte die Novelle der Straßenverkehrsordnung Abhilfe schaffen. Seit 1997 ist es den Verkehrsbehörden gestattet, Einbahnstraßen für Radfahrer komplett zu öffnen. Nach vierjähriger Testphase ohne nennenswerte Unfälle ist die Änderung im vergangenen Jahr fester Bestandteil der Straßenverkehrsordnung geworden.

In Hamburg sind 53 Prozent der Einbahnstraßen inzwischen mit dem Zusatzzeichen "Radfahrer frei" versehen worden, in Hannover sind es sogar 68 Prozent.

Langsames Umdenken

Die Münchner Verkehrsbehörde im Kreisverwaltungsreferat (KVR) hat sich hingegen mit einer großflächigen Umsetzung bisher schwer getan. "Es gibt Städte, die haben mehr Straßen feigegeben", räumt Reiner Knäusl, Leiter der Straßenverkehrsbehörde, ein. Auf Weisung des Bayerischen Innenministeriums seien die Kriterien, die eine Freigabe ermöglichen, immer besonders streng ausgelegt worden.

Vor allem zwei Vorgaben hätten die flächendeckende Umsetzung bisher behindert: Zum einen habe die Stadt den Nachweis erbringen müssen, dass die jeweilige Straße Teil einer "flächenhaften Radverkehrsplanung" sei, auf der anderen Seite galt es die Neuregelung nur dann umzusetzen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft waren.

Knäusl will die Vorgaben in Zukunft großzügiger auslegen und demnächst 40 weitere Einbahnstraßen in München für Radfahrer freigeben. Mit Widerstand aus dem Ministerium rechnet er nicht.

Die bundesweit guten Erfahrungen mit der Neuregelung könnten für ein Umdenken gesorgt haben. "Ich gehe davon aus, dass das Ministerium mit Augenmaß bewertet und wir die Straßen ohne Beanstandung freigeben werden können."

Geprüft wurde bereits, ob diese Straßen die Mindestanforderungen erfüllen. Überschaubar müssen sie sein, verkehrsberuhigt mit Tempolimit 30 und mit mindestens 3,20 Metern breit genug, damit Radfahrer und Gegenverkehr sich nicht in die Quere kommen. Bereits zum Sommer könnten die ersten den Hinweis "Radfahrer frei" tragen.

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