Wohnungen für Flüchtlinge:Verzweifelte Suche

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Der Landkreis Ebersberg braucht nach wie vor dringend Unterkünfte für Asylbewerber. Die Zahl der Flüchtlinge ist seit vergangenem Dezember auf 107 angestiegen

Katharina Blum

In der Halle der Ebersberger Realschule sollten Feldbetten, Stellwände und Kleiderschränke aufgestellt werden. (Foto: EBE)

- Sie sind aus den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt geflohen, haben oft Tausende Dollar für Schlepper aufgebracht, häufig auch ihre ganze Familie und alle Freunde zurückgelassen. Seit vergangenen Dezember leben nach mehr als zehn Jahren wieder Asylbewerber im Landkreis Ebersberg. Kürzlich kamen 29 neue Asylbewerber in Kirchseeon an, inzwischen wohnen 107 Flüchtlinge hier. "Alle sechs bis acht Wochen werden dem Landkreis neue Flüchtlinge zugewiesen", sagt Landratsamtssprecherin Evelyn Schwaiger. Die ersten 20 im Dezember kamen aus Afghanistan, inzwischen sind es auch viele aus Nordafrika oder Syrien. Sie haben in Deutschland Asyl beantragt und warten nun auf die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Das kann mehrere Monate oder Jahre dauern. "Und wenn man die internationalen Nachrichten hört, kann man sich ausrechnen, dass auch in Ebersberg der Flüchtlingsstrom nicht abreißen wird", so Schwaiger.

Doch die zunehmende Zahl an Flüchtlingen stellt den Landkreis vor ein Problem: Geeignete Unterkünfte sind selten. Anders als in vielen anderen Regionen Deutschlands sind sie immerhin nicht in Sammelunterkünften untergebracht, sondern haben in Wohnungen in Mehrfamilien- und sehr vereinzelt auch in Einfamilienhäusern eine neue Bleibe gefunden. "Das sind keine Abbruchhäuser, sondern möblierte, beheizbare Wohnungen mit fließendem Wasser", sagt Schwaiger. Bislang stellen trotz eifriger Bemühungen des Landratsamtes aber nur Ebersberg, Glonn, Aßling, Emmering und Vaterstetten Unterkünfte zur Verfügung. Der Grafinger Stadtrat hatte vor einiger Zeit zwar angeboten, einen Teil der seit Jahren leer stehenden Sozialwohnungen zur Verfügung zu stellen - doch deren Zustand war zu schlecht. In Kirchseeon schlug man die Obdachlosenunterkunft als neue Bleibe vor. Doch dann wurde das Vorhaben gestoppt, weil die Gemeinde befürchtete, in Raumnot zu geraten, wenn sie ihre Einwohner vor der Obdachlosigkeit schützen möchte.

In Ebersberg kam man auf die verzweifelte Idee, eine Turnhalle der Realschule als Unterkunft zu nutzen. In der Halle sollten Feldbetten, Stellwände und Kleiderschränke, draußen Container mit Sanitäranlagen und Kochgelegenheiten aufgestellt werden. Flüchtlinge in einer Turnhalle seien ein "absolutes Katastrophenszenario", erklärte die Regierung von Oberbayern dann doch noch und gewährte dem Landratsamt lieber etwas Aufschub. Dort rechnet man aber nicht damit, dass sich die Situation entspannt. Schwaiger: "Theoretisch könnte eine Lösung wie die mit der Turnhalle wieder Thema werden. Eine Notlösung, wenn man nichts anderes an Land zieht."

Sorgen hatte man sich zuletzt auch beim Schlaraffenland in Kirchseeon gemacht. 50 Bedürftige holen sich in der Einrichtung, die in anderen Gemeinden meist Tafel genannt wird, einmal in der Woche kostenlose Lebensmittel ab, womit die Helfer eigentlich schon an ihre Kapazitätsgrenze angekommen sind. "Wenn noch die 29 Asylbewerber zu uns kommen, wird es eng", hatte ein Helfer der SZ gesagt. Schwaiger beruhigt: "Bei uns ist das so organisiert, dass die Flüchtlinge zum Einkaufen Geld bekommen, das sich in der Höhe am Sozialhilfesatz orientiert." Zudem steht den Asylbewerbern ein Taschengeld für persönlichen Bedarf wie Kinobesuche von 134 Euro im Monat zu. Während das Asylverfahren läuft, dürfen Flüchtlinge im ersten Jahr in Deutschland gar nicht arbeiten. Danach haben sie einen nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Das heißt, der Arbeitgeber darf sie nur einstellen, wenn er nachweisen kann, dass er keinen geeigneten Deutschen oder einen EU-Bürger für den Arbeitsplatz finden kann.

© SZ vom 30.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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