Vermeintlicher Hänge-Skandal bei Jahresausstellung:Künstliche Aufregung

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Münchner Künstlerpaar beschwert sich zu Unrecht beim Ebersberger Bürgermeister über Präsentation seiner Fotoarbeiten durch den Kunstverein

Christian Hufnagel

Dass die Kunst im Landkreis ein Schattendasein fristet und als Thema kaum über den Wirkungsraum einer Vernissage hinauskommt, mag niemand bestreiten, der ehrlich zu sich ist: Im alltäglichen Leben spielt sie keine Rolle. Ein wenig mehr Aufmerksamkeit erzielt sie nur, wenn sie sich etwa in Form eines Skulpturenpfades wie vor drei Jahren in der Kreisstadt buchstäblich in den Weg stellt. Oder wenn sie sich als Ergebnis eines Wettbewerbs präsentiert, was alle zwei Jahre geschieht, wenn der Kunstverein für eine jurierte Ausstellung eine Auswahl zwischen gut und schlecht treffen und die Stadt aus den Auserwählten auch noch einen Besten, einen Kunstpreisträger bestimmen lässt. Da ist in schöner Regelmäßigkeit der Aufschrei bei den Abgewiesenen groß und werden die Veranstalter mal des Provinziellen, mal des Elitären bezichtigt. Und auch diesmal ist ein Künstlerpaar so erzürnt, dass es gleich einen "offenen Brief" an den Bürgermeister schreibt und ihm darin die ketzerische Frage stellt: "Kann sich Ebersberg das leisten?" Nun, es kann.

Barbara Trommeter und Georg Szabó fühlen sich nicht "gedemütigt", weil ihre ehrenwerte neunteilige fotografische Reihe über das Olympia-Attentat von 1972 aussortiert, sondern weil diese als schlecht gehängter Fünfteiler bis zur "Unkenntlichkeit" zerrissen worden wäre. Das ist für die Aussagekraft sicherlich sehr bedauerlich. Wer aber an einer Gesamtschau mit 50 Kollegen teilnehmen will, kann aus nachvollziehbaren Platzgründen nicht mit einer gesonderten und besonderen Präsentation seiner Werke unbedingt rechnen. Noch dazu hatten die beiden Münchner sich mit der Jury ja auf diesen Kompromiss geeinigt, sie waren also keineswegs gezwungen, sich auf diese vermeintliche "Missachtung" ihres Konzepts einzulassen.

Und wenn sie jetzt ihre Arbeiten hängen lassen wollen, um vorzuführen, wie "hier mit Kunst und Inhalt verfahren wurde", ist das eben nicht notwendige Entblößung einer vermeintlichen Ebersberger Provinzialität, sondern publikumsträchtige Inszenierung gekränkter Künstlerseelen. Denn ausgerechnet die stets um Modernität und Qualität bemühte Jahresausstellung und zugleich die Kreisstadt als Hausherrin, die seit Jahrzehnten beinahe beispielhaft viel für Kunst und Kultur tut, in den Dunstkreis des Kleinkrämerischen bringen zu wollen, geht vollkommen an den Realitäten vorbei. Daran wird diese künstliche Aufregung nichts ändern.

© SZ vom 28.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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