Top-Lage Ebersberg:Gelobtes Umland

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Dem Landkreis geht es laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung so gut wie kaum einer anderen Region in Deutschland. Die Folgen: starker Zuzug und steigende Mieten

Von Franziska Spiecker, Ebersberg

"Historisch gewachsene Lagevorteile und die Nähe zu den attraktivsten Arbeitsmärkten Deutschlands machen diese Gebietskulisse (. . .) stark. Armutsgefährdung und Schuldenlast sind außerordentlich gering, Bruttogehälter, Lebenserwartung und Wahlbeteiligung deutschlandweit am höchsten." So beschreibt die Studie "Ungleiches Deutschland" der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung den Raumtyp, zu dem sie auch den Landkreis Ebersberg zählt.

Das "starke (Um-)Land" ist einer von insgesamt fünf Raumtypen, die Forscher in Deutschland ermittelt haben. Dafür haben sie die 402 Landkreise und kreisfreien Städte Deutschlands auf ihre sozioökonomischen Bedingungen untersucht und jene mit ähnlichen sozialen und wirtschaftlichen Charakteristika zusammengruppiert. Um München herum ist das Ergebnis auf der Disparitätenkarte eindeutig: alles hellgrün, alles "starkes (Um-)Land". Was das für die Lebensqualität im Landkreis konkret bedeutet, zeigt eine nähere Betrachtung der einzelnen Kriterien.

Blickt man etwa auf die wirtschaftliche Lage, so präsentiert sich ein durchweg positives Bild: Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an der erwerbsfähigen Bevölkerung war 2017 in Ebersberg mit 63,3 Prozent nur wenig geringer als in der Landeshauptstadt München (64,7 Prozent). Diese hohe Beschäftigungsquote geht mit einer hohen wirtschaftlichen Leistung einher, lag doch das Bruttoinlandsprodukt pro erwerbstätige Person in Ebersberg im Jahr 2016 bei 74 631 Euro. Zum Vergleich: Im Nachbarlandkreis Erding betrug es 65 280 Euro, in Rosenheim 64 419 Euro, während es in der Landeshauptstadt München sogar bei 100 776 Euro lag.

Eine Erklärung dafür könnte der hohe Anteil an Arbeitnehmern mit Hochschulabschluss an allen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Landkreis im Jahr 2018 sein: 22,1 Prozent betrug er in Ebersberg, in Erding und Rosenheim 13,4 beziehungsweise 14,3 Prozent, und in München stolze 37,2 Prozent.

Ist die wirtschaftliche Lage in Ebersberg also noch einmal besser als in Rosenheim und Erding, wenngleich schlechter als in München, so schlägt der Landkreis in Sachen Bildungs- und Lebenschancen alle drei Gebiete: Der Anteil der Kinder unter 15 Jahren, deren Familien Hartz IV beziehen, ist in Ebersberg mit 2,9 Prozent auffallend gering. Auch im Landkreis Erding und Rosenheim liegt er mit 3,6 beziehungsweise 3,5 Prozent aber deutlich unter den 11,1 Prozent der Landeshauptstadt München.

Das gleiche Bild zeigt sich auch bei der Altersarmut: In Ebersberg beträgt der Anteil der Menschen ab 65 Jahren, die auf Grundsicherung angewiesen sind, 1,5 Prozent und liegt damit etwas niedriger als in Erding (zwei Prozent) und Rosenheim (2,4 Prozent) beziehungsweise deutlich niedriger als in München (5,8 Prozent). Betrachtet man allerdings die Entwicklung der Altersarmut von 2011 bis 2016, so lässt sich in allen zuvor genannten Gebieten eine Zunahme feststellen, in Ebersberg um 15,3 Prozent. Alle vier Gebiete eint außerdem, dass dort der Anteil von Schulabgängern ohne Abschluss im Jahr 2016 gering war, wobei Ebersberg mit 3,7 Prozent noch einmal besser dasteht als Rosenheim und Erding (jeweils vier Prozent) beziehungsweise München (5,4 Prozent).

Angesichts der guten Wirtschafts- und Bildungslage verwundert es nicht, dass auch der Wohlstand im Landkreis hoch ist: 3750 Euro betrug das mittlere Bruttogehalt von Personen mit sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung (ohne Auszubildende) in Ebersberg 2017, in Erding waren es 3481 Euro, in Rosenheim 3278 Euro und in der Landeshauptstadt München sogar 4005 Euro. Da eine gesunde Lebensführung der Studie zufolge eng mit Einkommen und Bildungsstand zusammenhängt, überrascht auch die durchschnittliche Lebenserwartung nicht: Mit 82,7 Jahren war sie in Ebersberg ähnlich wie in Erding (82,1 Jahre), Rosenheim (81,5 Jahre) und München (83 Jahre) zwischen 2013 und 2015 sehr hoch.

Die Folge? Immer mehr Menschen ziehen aus den Großstädten in das wohlhabende Umland. So kam in Ebersberg laut der Studie von 2013 bis 2015 auf 100 000 Menschen durchschnittlich ein Plus von 506 Personen, wobei der Landkreis insbesondere durch einen hohen Familienzuzug auffiel. Auch in Erding und Rosenheim gab es ein Plus von 364 respektive 463 Menschen, während München ein Minus von 366 Personen verzeichnete.

Und so beinhaltet die Studie nur drei schlechte Nachrichten für das Leben in Ebersberg: Um in München arbeiten zu können, müssen viele Einwohner täglich lange pendeln - die Infrastruktur ist folglich belastet. Außerdem sind die Bestandsmieten aufgrund des starken Zuzugs in den vergangenen acht Jahren um 3,40 Euro pro Quadratmeter auf 11,70 Euro im Jahr 2018 gestiegen. Und: nur 77 Prozent der Haushalte hatten 2018 einen Breitbandanschluss von mindestens 50 Mbit/s. Da letzterer Wert als einziger des Landkreises unter dem Bundesdurchschnitt liegt, dürften sich die Ebersberger in ihrem hellgrünen Fleckchen trotzdem glücklich schätzen.

© SZ vom 23.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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