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Die Stadt Grafing erwägt, für den Neubau eines VHS-Gebäudes eine eigene Genossenschaft zu gründen. Der "Kulturraum" fühlt sich durch diesen Plan ausgebremst

Von Thorsten Rienth

Grafing"Warum neu erfinden, was es bereits gibt?" Die Grafinger Genossenschaft "Kulturraum" reagiert mit Unverständnis auf das Vorhaben der Stadt Grafing, beim Neubau eines VHS-Gebäudes möglicherweise auf eine eigene Genossenschaft zu setzen. In einer Pressemitteilung übt der Vorstand der Genossenschaft scharfe Kritik an Stadt und Stadtrat.

Ein vom Stadtrat beauftragtes Beratungsunternehmen hatte der Stadt empfohlen, eine eigene Genossenschaft zu gründen und in deren Kapital das Grundstück an der Rotter Straße einzubringen, wo das alte VHS-Gebäude steht. Eine solche Genossenschaft, die nach Einberechnung des Grundstückswerts über ein ausreichend hohes Grundkapital verfügen würde, könnte selbst als Bauträger auftreten. Mit diesem Modell könnte sich die Stadt Grafing eine zeitraubende öffentliche Ausschreibung sparen und auf das Vergleichen externer Investoren-Angebote verzichten. Zu diesen Anbietern wollte der "Kulturraum" ursprünglich zählen, ist aber vom Erreichen des notwendigen Grundkapitals von einer Million Euro noch weit entfernt. Laut eigener Aussage hat die Genossenschaft inzwischen etwa ein Fünftel des Betrags zusammen.

Nun schlägt die Unternehmensberatung damit zwar ein ganz anderes Modell vor als der "Kulturraum" selbst anpeilt. Die Verantwortlichen aber interpretieren den Vorschlag dennoch als Bestätigung der eigenen Linie. "Nun haben also auch die einberufenen Experten der Stadt Grafing das Genossenschaftsmodell zur Lösung der aktuellen Situation in der Rotter Straße 8 als am sinnvollsten empfohlen." Um für Grafing einen echten Mehrwert zu schaffen, sei aber mehr nötig als derzeit von Stadtrat und Stadtverwaltung sowie den drei Nutzern - VHS, Musikschule und Jugendinitiative - angedacht. Eine "nachhaltige Investition" sei dieser Plan nämlich nicht. "Sinnvoll und möglich ist erheblich mehr, als derzeit vorgesehen ist."

Die Änderungsvorschläge des "Kulturraums" seien im Frühjahr geblockt worden, mit der Begründung, dass man damit Zeit verliere und vor der Sommerpause nicht mehr zu einer Entscheidung käme. Im Wesentlichen war es dem "Kulturraum" um einen deutlich größeren Veranstaltungsraum gegangen, der sich über zwei Stockwerke erstrecken soll. Nun aber sei Zeit dadurch verloren worden, dass "Experten herausfinden, was schon seit November vom "Kulturraum" proklamiert wird". "Immer noch habe sich der Stadtrat nicht zu einer Finanzierung "selbst der kleinsten Investition durchgerungen. Immer noch werden nur halbherzige Möglichkeiten hin- und hergewälzt, statt entschlossen zusammenzuarbeiten."

4,5 Millionen Euro kosten die aktuellen Neubaupläne der Stadt derzeitigen Schätzungen zufolge. "Je länger der Stadtrat eine Entscheidung verzögert, desto teurer wird das Ganze", da sind sich die Vorstandsmitglieder um Gabi Sabo sicher. Und: "Für relativ wenig mehr Geld, das aber bald, bekäme Grafing nicht nur dringend benötigte Räume für einzelne Institutionen, sondern einen langfristig spürbaren Zugewinn für alle Bürger." Wie viel mehr Geld dies sein müsste, sagen die "Kulturraum"-Verantwortlichen indes nicht. Stattdessen schreiben sie: anstatt die Sache in die Hand zu nehmen, bejammere man in Grafing "fehlende Finanzen". Dort gehe die Furcht um: "vor mangelnder Zeit, vor Folgekosten, vor Konkurrenz, vor frischem Wind. Aber Beharren auf dem Alterprobten (...) ist trügerische Sicherheit. Mit Nicht- oder Fehlentscheidungen werden alte Pfründe geschützt und wird ein Nicht-Wollen kaschiert, das Geld sparen soll und zuletzt doch nur immer teurer wird." Die Genossenschaft zeigt sich daher verständnislos über das Zögern der Stadt, sich gleich an sie zu wenden. "Ideen und Erfahrungen sind da, die Genossenschaft Kulturraum Grafing bietet beides der Stadt an."

Ja, Kultur koste Geld, schließt die Pressemitteilung. Kultur bringe aber auch mehr Leben in den Ortskern und dadurch auch mehr Geld in die Kassen. Die Rendite zeige sich also in Form einer vitalen Innenstadt, die auch dem Einzelhandel ein attraktives Umfeld biete.

© SZ vom 19.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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