Schlusslicht in Bayern:Nur die Hälfte der Fälle aufgeklärt

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Sachbeschädigungen, Diebstähle und Betrügereien machen Polizisten im Landkreis das Leben schwer - das liegt auch an der Arbeitsbelastung der Beamten

Anja Blum

Die Bilanz der Polizei verrät: Der Ebersberger Landkreis ist vergleichsweise sicher - für seine Bürger, aber auch für Straftäter. So lassen sich die Ergebnisse der neuesten Statistik des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord ein wenig augenzwinkernd zusammenfassen.

Die Sicherheit für die Bürger kann man ablesen an der sogenannten Häufigkeitszahl (HZ), sie beziffert die Straftaten pro 100 000 Einwohnern. Im Landkreis liegt sie für das Jahr 2012 bei 3562 und damit weit unter dem bayerischen Durchschnitt von 4380. Weniger Straftaten gab es nur in den Landkreisen Eichstätt, Erding, Starnberg und Landsberg am Lech. Die zweite wichtige Zahl in der Bilanz ist die Aufklärungsquote. Und hier hat der Landkreis 2012 sehr schlecht abgeschnitten: Die durchschnittliche Erfolgsquote der Ermittler lag bei 63,2 Prozent - Ebersberg war mit 52,6 das Schlusslicht.

Die Chefs der beiden Polizeidienststellen des Landkreises in Ebersberg und Poing bringt das indes nicht aus der Fassung. "Wir tun, was wir können, aber die Aufklärungsquote schwankt naturgemäß", sagt Hendrik Polte, Leiter der Inspektion in der Kreisstadt, dessen Team mit einer Quote von 59,3 Prozent noch weit vor den 48,2 Prozent der Kollegen im Norden liegt. Schließlich sei die Zahl der Fahndungserfolge extrem abhängig von der Art der Straftaten - da sind sich die Beamten einig. Vor allem bei anonymen Delikten, also bei Straftaten ohne direkten Täter-Opfer-Kontakt, sei es oftmals sehr schwer, den Schuldigen zu finden, erklärt Polte.

In seinem Einsatzgebiet zum Beispiel hätten die Fälle von Sachbeschädigung im öffentlichen Raum, also Vandalismus, Graffiti und derartiges, spürbar zugenommen. "Ein Delikt, das oft erst viel zu spät angezeigt wird - und dann ist es praktisch aussichtslos, die Täter zu finden", sagt Polte. Das mache den Ebersberger Beamten "schon zu schaffen". Laut Statistik lagen vergangenes Jahr 15,6 Prozent aller angezeigten Straftaten im Landkreis im Bereich der Sachbeschädigung. Im Vorjahr waren es noch 12,8 Prozent.

Bei der Polizei Poing hingegen sieht man vor allem die Betrugsfälle auf dem Vormarsch, die auch laut Statistik landkreisweit von 12,4 auf 21 Prozent gestiegen sind. Fast täglich kämen Bürger auf die Wache, die im Internet betrogen worden seien, um Anzeige zu erstatten, berichtet der stellvertretende Dienststellenleiter Manfred Winter. Das Spektrum reiche von nicht oder falsch gelieferten Waren über gehackte Pay-Pal-Zugänge bis hin zu Kreditkartenbetrug. "Doch wir haben ohne Vorratsdatenspeicherung kaum mehr eine Chance, die Täter zu fassen. Da fehlen einfach die gesetzlichen Voraussetzungen", so Winter. Problematisch sei außerdem ein ganz anderer Bereich, nämlich Betrug an der Tankstelle: Manche Betreiber hätten an den Zapfsäulen noch keine Videoüberwachung installiert und erstatteten deswegen häufig Anzeige ohne Ansatzpunkte auf den Täter liefern zu können. "Sie bekommen zwar dann ihren Verlust ersetzt - aber den Betrüger können wir so nicht finden", erklärt Winter.

Einen Grund für die niedrige Aufklärungsquote sehen die Polizisten auch in der Personalsituation ihrer Dienststellen. Insgesamt hatten sie im Jahr 2012 4660 angezeigte Straftaten zu bearbeiten, das waren 164 Fälle oder 3,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Mehr Beamte seien immer effizienter, sagt Polte, und sein Poinger Kollege stimmt ihm zu. "Bei uns ist zum Beispiel gar nicht daran zu denken, dass sich irgendjemand auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert", so Winter. Vielmehr sei man froh, dass man die nächtliche Streifenpräsenz wieder habe ein wenig ausweiten können. Von Resignation trotzdem keine Spur: Vielleicht bekomme man ja nächstes Jahr mehr Personal - "die Hoffnung stirbt jedenfalls zuletzt."

© SZ vom 05.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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