Neuer Alter Speicher eingeweiht:Große Gala mit kleinen Fehlern

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Zur Eröffnung des Stadtsaals veranstaltet der Rotary-Club einen Ball. Harmlose Mängel wie etwa die noch fehlenden Toilettenkabinen nehmen die Besucher mit Humor.

Von Christina Seipel

Die Akrobaten der Gruppe "Movimento" testen bei ihrer kunstvollen und ästhetischen Show die Dimensionen des Alten Speichers. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

"Was ist das?", ruft eine Frau im schwarzen Spitzenkleid, als sie die Damentoilette betritt, und hält sogleich verschämt eine Hand vor den Mund. Fast scheint es, als seien die Zeiten, in denen das gemeinschaftliche Pieseln allein den Männern vorbehalten war, vorbei. Die sanitäre Anlage im neuen Alten Speicher jedenfalls bietet Frauen - vorläufig - die Gelegenheit, sich beim Plausch während des gemeinsamen Toilettengangs in die Augen zu schauen. Trennwände gibt es nicht. Noch nicht. Mit dem Einbau der Kabinen sind die Bauarbeiter vor der Eröffnung des historischen Gebäudes nur teilweise fertig geworden - erst vier von ihnen stehen.

Der mangelnde Sichtschutz in den modern eingerichteten Aborts ist der wohl markanteste von vielen kleinen Schönheitsmängeln, die bei näherem Betrachten auffallen. "Es wird noch gebastelt", verrät Alexander Liegl, Vorstand vom Verein Kleinkunst im Alten Kino, der auch der Betreiber des Alten Speichers ist.

Allen Widerständen zum Trotz hat die Gala zum zehnjährigen Bestehen des Rotary-Clubs vergangenen Samstag dann aber doch, wie geplant, im Gebäude stattgefunden. Organisatorin Barbara Lux betrachtet es als "kleines Wunder". Dass der Alte Speicher noch rechtzeitig fertig würde, daran wollte und konnte niemand so recht glauben. Gerade mal zwei Tage vor der Eröffnung wurde noch die komplette Küche montiert, zehn Minuten vor Einlass haben die letzten übernächtigten Bauarbeiter das Gebäude verlassen.

Ganz ohne Generalprobe mit dem Betrieb zu starten, war eine Feuerprobe für die Veranstalter vom Alten Kino. "Wir hätten es gern anders gehabt", gesteht Liegl. Denn eigentlich sollte der Alte Speicher schon am 4. Januar eingeweiht werden. Wegen der Renovierungsarbeiten aber musste die Eröffnung verschoben werden.

Sichtlich beeindruckt blickt sich Volker Gutwein während des Sektempfangs im hellen Foyer um. Besonders die futuristisch anmutende Treppe mit der kugelförmigen Lampe aus Drahtgeflecht und das alte Gewölbe des einstigen Kuhstalls haben es dem Gala-Besucher angetan. "Eine gelungene Symbiose aus alt und neu", lobt der Ebersberger anerkennend. Der Stil erinnere ihn an den Berliner Reichstag. Über fehlenden Putz an den Fensterbögen und eine Spannplatte im Eingangsbereich sieht er großzügig hinweg. Das Haar in der Suppe könne schließlich jeder finden.

Damit der Gast dieses nicht etwa in derselben beim Verzehr der Vorspeise entdeckt, mussten rund 40 neue Servicekräfte, die sich um das Wohl der Besucher kümmerten, kurzfristig angelernt werden. Eine besondere Herausforderung, wie Barbara Lux erzählt, sei die Einweisung in das neue Funkkassensystem gewesen, das per Smartphone bedient wird.

Trotz knapp bemessener Vorbereitungszeit läuft der Abend ohne merkbare Patzer ab. Mädchen in kurzen, schwarzen Kleidern und mit raffinierten Hochsteckfrisuren weisen die knapp 400 Gäste an ihre Plätze. Sie gehören der Artistengruppe Movimento des Gymnasiums Grafing an, die das Showprogramm liefert. Viel Zeit zum Üben blieb den jungen Jongleuren, Trapezkünstlern, Tänzern und Akrobaten in dem frisch sanierten Gebäude nicht. Erst am Abend vor der Veranstaltung hatten sie mit den Proben beginnen können. Platzanweiserin Evi nimmt es gelassen. "Wir können uns schnell umstellen", sagt die 19-jährige Abiturientin selbstbewusst. Etwas Besonderes sei der Auftritt allemal. Und die 14-jährige Pianistin Jasmin gesteht, dass ihr der Alte Speicher besser gefällt als die Konkurrenz, die Grafinger Stadthalle.

Spuren der fünfjährigen Sanierungsarbeiten sind trotz aller Bemühungen noch sichtbar: Bühnenvorhang, Lichtschalter und auch die Spiegel im Damenklo fehlen. "Das ist ganz schlecht", klagt eine Frau. Wie soll man das Make-Up auffrischen? "Wir sind natürliche Schönheiten", scherzt eine andere. Den kleinen Mangel nimmt sie mit Humor. Das ist auch im Sinne der Veranstalter. Schließlich brauche ein neuer Raum Zeit, um Atmosphäre zu entfalten, betont Liegl. Vielleicht sind es aber gerade die kleinen Schönheitsfehler, die dem Ambiente besonderen Charme verleihen.

© SZ vom 28.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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