Landratswahl in Ebersberg:Dürfen die das?

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In Robert Niedergesäß' Kandidatenprospekt werben zwei Lehrer für ihn

Von katharina blum

Die Straßen stehen voll mit Sperrholzplatten, auf denen sich die Parteien ins beste Licht rücken wollen. Bei Robert Niedergesäß preist dabei nicht nur der Kandidat selbst seine Vorzüge an. Der CSU-Mann hat sich - ähnlich wie SPD-Konkurrent Ernst Böhm - Unterstützer aus allen Gemeinden mit ins Wahlkampfboot geholt. In einem Prospekt erklären sie, warum man Niedergesäß zum Landrat machen soll. Ein Fischwirtschaftsmeister aus Moosach sagt über ihn plakativ: "ein guter Fang". Zwei Unterstützer sorgen indes für Irritationen, auf Seite 16 und 17 sprechen sich mit Franziska Langlechner und Tobias Scheller zwei Lehrer für Niedergesäß als Landrat aus. Die Frage ist: Dürfen Lehrer das, politische Werbung machen?

Darum geht es: Tobias Scheller aus Oberpframmern hat sich vor einem Bücherregal ablichten lassen, darunter heißt es: "Ich wähle Robert Niedergesäß, weil er seit Jahren erfolgreiche Politik für die Menschen im Landkreis macht. Als Lehrer weiß ich, dass Bildung bei ihm oberste Priorität hat. Tobias Scheller, Gymnasiallehrer im Landkreis, Gemeinderat." Eine Seite später blickt die Poingerin Franziska Langlechner vor einer grünen Schultafel in die Kamera und erklärt: "Wer wie ich täglich mit Schulkindern zu tun hat, sieht die vielseitigen Begabungen und den unterschiedlichen Förderungsbedarf unserer Kinder. Robert Niedergesäß hat sich als Bürgermeister für innovative Bildungskonzepte stark gemacht. Einen Landrat mit solchen Erfahrungen braucht der Landkreis! Franziska Langlechner, Konrektorin an der Grund- und Mittelschule Poing."

Das Kultusministerium als oberste Verwaltungsbehörde sollte wissen, ob das geht. Sollte. Dort heißt es, dass sich Lehrer außerhalb des Unterrichts grundsätzlich politisch betätigen und äußern dürfen, wenn dabei die Grundsätze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung beachtet werden. Aber auch: Das Gebot der Mäßigung und Zurückhaltung muss gewahrt bleiben.

Ob das bei Schellers und Langlechners Einsatz erfüllt ist, die zudem auf Plakaten und in Anzeigen werben, vermochte man aber nicht zu sagen. Dies sei "unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden". Übersetzung der Behördensprache: Eine Presseanfrage reicht nicht für eine Prüfung, es braucht eine Dienstaufsichtsbeschwerde.

Das Schulamt Ebersberg hat im Fall Langlechner indes geprüft. Mit welchem Ergebnis, sagt Schulamtsleiterin Angela Sauter jedoch nicht. Auch bei den direkten Vorgesetzten ist nicht mehr zu erfahren. "Ich möchte mich genauso verhalten wie Frau Sauter und mich nicht äußern", sagt Poings Direktorin Simone Fleischmann. Beim Gymnasium Kirchseeon, an dem Scheller unterrichtet, spricht ein Mitglied der Schulleitung zunächst von "Schellers Privatsache". Offiziell äußern könne sich aber nur die Rektorin, die lässt die Anfrage unbeantwortet. Auch Langlechner ist für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Tobias Scheller antwortet immerhin, wenn auch nur in sehr kurzer, knapper Form und nicht ohne eine Autorisierung seiner Aussagen. "Demokratie lebt vom Mitmachen", erklärt er auf die Frage nach seiner Motivation. Und "Nein", er sehe keinen Konflikt mit seiner Lehrerrolle. Und "Ja", das Gebot der Mäßigung und Zurückhaltung bleibe gewahrt. Eine Aufwandsentschädigung habe er nicht erhalten.

Bei der CSU versteht man die Nachfrage ohnehin nicht, "außer man will böswillig etwas unterstellen", wie Angelika Niebler es nennt. Die Kreisvorsitzende hat sich von sich aus gemeldet, schließlich werde sie ja im Impressum als Verantwortliche genannt. "Wir leben nicht mehr in der DDR, jeder kann seine Meinung äußern, auch Lehrer", sagt sie. Ähnlichsieht es Niedergesäß: "Als Vater hätte ich nur ein Problem, wenn die Lehrer ihre politische Grundhaltung in den Unterricht einfließen lassen würden, um ihre Schüler beeinflussen zu wollen." Beide verweisen auf Grünen-Kandidat Reinhard Oellerer, der ja auch damit werbe, am Gymnasium Markt Schwaben tätig zu sein. Auch das Gebot der Zurückhaltung ist für Niedergesäß gewahrt, "weil beide erkennbar nicht im Namen ihrer Schulen gesprochen, sondern ein rein persönliches Statement abgegeben haben". Das sieht man beim Lehrerverband - bei Konrektorin Langlechner - kritischer: "Es könnte beim Kollegium der Eindruck entstehen, dass sie für die Schule spricht", sagt Präsident Klaus Wenzel, der es ansonsten begrüßt, dass sich Lehrer auch politisch engagieren. Und die Eltern? Die Vorsitzenden des Poinger Beirats sehen es gelassen. "Es weiß jeder, dass Frau Langlechner im Gemeinderat aktiv ist", sagen Petra Schulz und Christina Tarnikas unisono. Und außerdem: Bis das bei dem Schilderwald jemandem auffalle, sei die Wahl längst gelaufen.

© SZ vom 09.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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