Kreative Politiker:Gemalte Visionen

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Die SZ-Redaktion bat die vier Landratskandidaten, ein Osterei zu bemalen, und ließ die Kunstwerke von einer Kinder-Jury bewerten: Einen eindeutigen Sieger bringt der kleine Kreativwettbewerb jedoch nicht hervor

Barbara Mooser

Am Anfang haben sie erst einmal alle herzlich gelacht. Bis sie realisiert haben, dass wir es ernst meinen: Die Redaktion der SZ Ebersberg hat die vier Landratskandidaten gebeten, sich ausnahmsweise nicht zu drängenden Problemen im Landkreis zu äußern, sondern zu Fasermalern in 20 fröhlichen Farben zu greifen und ausgeblasene Freilauf-Eier aus dem Bairer Winkel zu bemalen - als fröhlich-kreativer Kontrapunkt zu dem eisigen Wahlkampf vor tristem Weiß-Grau. Nicht wenige der Kandidaten werden wohl sinngemäß einen Spruch von Karl Valentin im Hinterkopf gehabt haben, als sie sich zwischen Wahlkampfreden, Hausbesuchen und Infoständen hinsetzten und die Farben zur Hand nahmen: "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit." Die Arbeit hat sich aber gelohnt, findet die Redaktion. Sicherheitshalber hat sie sich aber bei der Bewertung und Interpretation Verstärkung geholt von jemandem, der sich wirklich mit so etwas auskennt: die sechsjährige Finja, die vierjährige Ella, den achtjährigen Lovis und den zwei Jahre alten Emil.

Zu beurteilen haben die Kinder am elterlichen Küchentisch in Frauenneuharting eine beeindruckende Auswahl an Werken: Statt vier liegen sogar sieben Eier vor ihnen auf dem Tisch. Ernst Böhm (SPD) hat nämlich auch gleich noch Familienmitglieder mit eingespannt. Denn eigentlich, das räumt der 55-jährige Grafinger aufrichtig ein, gilt er nicht als das große Talent in der Familie, was das Eierbemalen betrifft. "Ich bin der, der sie färbt. Malen kann ich nicht", sagt er. Mit diesem Hintergrundwissen ist das Ei des Kandidaten schnell zu erkennen: Knallrot, SPD-rot hat er es angemalt und auf feines Dekor verzichtet. Dafür haben seine Frau Barbara, deren Tochter Nele und Sohn Max sich ordentlich ins Zeug gelegt - vor allem der freundliche Hase, der Neles Ei ziert, gefällt der Kinder-Jury sehr. Die exotischen Vögel auf Barbara Böhms Ei finden vor allem bei Finja Anklang und alle Kinder zusammen würdigen das Werk von Max. Er hat sein Ei marmoriert - und dass das gar nicht so einfach ist, wissen die Kinder aus eigener Erfahrung. Zum roten Ei von Ernst Böhm selbst fällt ihnen da eher wenig ein. "Es ist halt einfach nur rot", sagt Ella nachdenklich.

Sehr angetan sind Lovis und Finja hingegen von den Sonnenblumen - für dieses klassische Symbol der Grünen hat sich selbstverständlich Kandidat Reinhard Oellerer als Motiv entschieden. "Das Grün passt gut zur Sonnenblume. Und es schaut richtig nach Ostern aus", urteilt Lovis fachkundig. Seine Schwester gibt ihm uneingeschränkt recht - vermutlich ist das nicht immer so.

Oellerer selbst zeigt sich in Hinblick auf sein Kunstwerk, das nach einem langen Wahlkampftag entstanden ist, bescheiden: "Ich bin kein kreativer Maler, aber ich kann ganz gut abmalen." An Sonnenblumen-Vorlagen mangelte es in seinem Haus nicht: Oellerer entschied sich für ein "besonders schönes Exemplar aus den 90ern", das übrigens eine Flasche selbst gemachten Limoncello ziert, der dem Anzinger einmal von einer Mitstreiterin überreicht wurde.

Für solche Hintergründe interessiert sich Ella bislang eher weniger - sie hat ihr Favoritenei ohnehin schon gekürt, als es noch nicht einmal aus dem Karton genommen war: Ein zartes Lila dominiert nämlich die Oberseite des Werks von Robert Niedergesäß (CSU), damit hat er bei Ella schon einmal alles richtig gemacht, die Rosa, Lila und Glitzer derzeit zu ihren absoluten Lieblingsfarben zählt. Doch auch der kleine Emil urteilt schnell: "Das", sagt er und deutet auf das Niedergesäß-Ei, als er nach seinem Favoriten gefragt wird. Auf eine ausführliche Begründung verzichtet der Zweijährige - vielleicht haben ihm aber die bunten Blumen und Mini-Ostereier, die der 41-Jährige als Motive gewählt hat, gefallen. "Ich mag's gerne farbenfroh", sagt Niedergesäß, der ein großer Hundertwasser-Fan ist. Die lebensmittelechten, aber ein bisschen schwächlichen Fasermaler machten es ihm dabei schwer, den gewünschten Effekt zu erzielen. Der Vaterstettener gesteht übrigens, dass er durchaus seine Tochter Amelie um Hilfe bei der Gestaltung des Eis gefragt habe - diese wies derartige Avancen aber zurück.

Auch Toni Ried (Freie Wähler) hat ohne Assistenz gearbeitet und es sogar geschafft, auf einem Hühnerei eine kleine Geschichte von Schwarz und Weiß, von Gut und Böse zu erzählen - quasi ein Mini-Comicstrip. Ein Foto von Ried in seiner Faschings-Paraderolle als Wahrsager, in der ihn viele Ebersberger Kinder kennen, ziert das Zentrum. Der Magier zeigt auf einen idealen Landkreis - in goldenes Licht getaucht, mit grünen Wäldern, tiefblauen Seen und Flüssen und idyllischen Häuschen. Doch die Gefahr lauert gleich nebenan: Tiefschwarze Wolken dräuen über seelenlosen Wohnblocks - und der Bösewicht ist auch zu sehen: der gefährlich-grüne "Flächenfraß-Drache". Die Redaktion ist beeindruckt, die Kinder nicht im gleichen Maße. Emil gefällt aber der Drache, der nicht übertrieben gefährlich aussieht.

Auf einen Sieger können sich die Geschwister aber nicht einigen: In der Kinder-Gunst stehen die Werke von Oellerer und Niedergesäß gleichermaßen hoch.

© SZ vom 30.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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