Gut Sonnenhausen:Baustelle im Märchenschloss

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Herrschaftliches Gestüt nach englischem Vorbild: Gut Sonnenhausen soll erweitert werden - die Eigentümer müssen aber Natur- und Denkmalschutz berücksichtigen.

Anja Blum

Es ist fast wie im Märchen. Man fährt auf einer schmalen Straße durch einen dunklen Wald - und plötzlich tut sich eine riesige Lichtung auf. Darauf steht zwar kein Schloss, aber doch ein stattliches, wunderschönes Anwesen, dessen Anblick einem durchaus den Atem verschlagen kann: Gut Sonnenhausen.

Das Tor zum Gut Sonnenhausen: ein denkmalgeschütztes Anwesen, das nun erweitert werden soll. (Foto: Christian Endt)

Das denkmalgeschützte Anwesen mit einem zauberhaften Innenhof, mehreren Gebäuden, Erkern, Türmchen, Stallungen und einer Reithalle ist mehr als hundert Jahre alt und liegt in einem idyllischen Landschaftsschutzgebiet.

Im Jahr 1900 beauftragte Baron Adolf von Büsing-Orville den Münchener Architekten Wilhelm Spannagel mit dem Neubau eines herrschaftlichen Gestüts nach englischem Vorbild. Damals drehte sich hier alles um die Pferdezucht: Fünfzig Halbblüter fanden auf dem weitläufigen Anwesen Platz, samt Krankenstallung und Baderäumen für die Tiere. Dazu ließ der Baron eine Reitbahn mit Zuschauergalerie und Musikloge errichten. 1905 vergrößerte der Architekt Friedrich von Thiersch den Gestütshof durch den Bau einer Reithalle.

1927 verkaufte der Baron den Gutshof sowie das nahegelegene Schloss Zinneberg, die Zeit großer Reiter- und Jagdfeste auf Sonnenhausen war vorbei. Beide Anwesen gingen an den Orden "Zum guten Hirten" über. Von da an diente Sonnenhausen als landwirtschaftlicher Betrieb und als Ausbildungsstätte für Novizinnen. 1986 gelangte das Anwesen in den Besitz der Familie Schweisfurth, gemeinsam mit den nahegelegenen Herrmannsdorfer Landwerkstätten heute ein Synonym für ökologische Landwirtschaft.

Anfangs noch als Produktions- und Wohnstätte mit den Landwerkstätten verbunden, eröffnete Gut Sonnenhausen 1997 nach acht Jahren Renovierung als Veranstaltungshotel seine Pforten. Die fünf Gebäudeteile, die in einem Hufeisen angeordnet sind, hatte man nach baubiologischen Grundsätzen restauriert: Aus der ehemaligen Schnapsbrennerei war ein Restaurant geworden, aus der Bäckerei der Kapellsaal, aus Stallungen mehrere Tagungsräume und aus Privaträumen unterschiedlich gestaltete Gästezimmer. "Das Schöne an Sonnenhausen ist, dass alles sehr langsam gewachsen und deswegen zwar stimmig, aber eben nicht einheitlich ist", sagt Geschäftsführer Georg Schweisfurth. Gerade seine Begeisterung für die vielen "Ecken mit Patina" ist ihm deutlich anzumerken.

In diesem Sinne plant er auch die Erweiterung des Anwesens, mit der die exklusive Tagungs- und Veranstaltungsstätte für die Zukunft gesichert werden soll. "Die allererste Frage war: Wie und wie viel wollen und können wir wachsen, ohne das Flair von Sonnenhausen zu zerstören?" Nach reiflicher Überlegung sei man nun zu dem Schluss gekommen, dass ein neuer, zweiter Ökonomiehof die beste Lösung sei. "Wir wollen etwas anbauen, das sich dem Bestehenden unterordnet und allen Anforderungen genügt." Und davon gibt es eine Menge. Die Erweiterungsabsichten sind vor allem deswegen problematisch, da das Gut unter Denkmalschutz steht und in einem Landschaftsschutzgebiet liegt.

Insofern sind sich alle Beteiligten einig, dass eine Veränderung Sonnenhausens nur "sehr behutsam" vonstatten gehen darf. Auch Schweisfurth selbst sieht das so: "Die Behörden vertreten berechtigte öffentliche Anliegen, die es zu wahren gilt. Wir wollen Sonnenhausen nicht schädigen, sondern aufwerten." Wichtig ist ihm dabei der Gedanke, dass die zwei Hauptgebäude, der Gutshof und der noch ältere Bauernhof, im Zuge der Veränderung wieder mehr Bedeutung erlangen sollen. "Wir wollen ein bisschen aufräumen, störende Dinge wie Silos und Scheunen entfernen, damit die beiden alten Bauten wieder zur Geltung kommen."

Derzeit befindet sich das Projekt noch in der Anfangsphase, bislang liegt nur eine grobe Planung vor. In erster Linie soll die Anzahl der Doppelzimmer von 33 auf etwa 90 steigen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist laut Schweisfurth im Norden des Gutshauses ein U-förmiger Anbau geplant, in dem zahlreiche Zimmer, ein großer Speisesaal sowie eine Küche untergebracht werden könnten.

Der Anbau soll die Materialien und die englische Bauform des bestehenden Komplexes aufgreifen: "Hier ist alles symmetrisch, aber in den Details dann doch wieder unterschiedlich", erklärt Schweisfurth. Die Kosten für den zweiten Hof beziffert der Geschäftsführer auf "mindestens drei Millionen Euro", Baubeginn ist für 2012 anvisiert. Zusätzlich zu dem Neubau wolle man auch das alte Bauernhaus, in dem heute Stallungen und eine Wohnung untergebracht sind, für Veranstaltungen und Übernachtungen nutzbar machen, erklärt Schweisfurth. Weiter denke man darüber nach, ein Gärtnereigebäude mit Obstwiese und Gemüsegarten für die Gastronomie zu errichten. "Die Landwirtschaft soll noch mehr als bisher Sonnenhausen dienen - wenn man schon die Möglichkeit dazu hat."

Außerdem möchte man die bestehende Reithalle ausbauen: Sie soll nicht mehr für Pferde genutzt und für jede Veranstaltung umgerüstet werden, sondern jederzeit für Tagungen oder Feste einsatzbereit sein. "Für die Pferde würden wir gerne einen neuen Stall bauen", berichtet Schweisfurth. Hinzu kämen freilich zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen: Die Zahl der Parkplätze zum Beispiel müsse deutlich erhöht werden, auch sei eine Hackschnitzelheizung vorgesehen.

Der Glonner Gemeinderat signalisierte jüngst, dass er mit den Erweiterungsabsichten der Eigentümer grundsätzlich einverstanden ist. "Wir wollen, dass sich Sonnenhausen entwickelt und eine Perspektive hat", sagt Josef Weigl vom Glonner Bauamt. Allerdings handle es sich hier um ein denkmal- und landschaftsschützerisch sensibles Thema, so dass eine enge Abstimmung mit den Behörden nötig sei. "In wie weit die Wünsche der Eigentümer umsetzbar sind, muss man dann sehen."

Erste Vorgespräche haben bereits stattgefunden, doch im Ebersberger Landratsamt hält man sich noch bedeckt: Man könne zu den Details noch keine Stellung nehmen. "Die Planungen laufen ja noch, aber wir sind sehr gespannt, was uns da am Ende präsentiert wird", sagt Johann Taschner von der Unteren Naturschutzbehörde. Schließlich sei das Anliegen durchaus "heikel": In einem Landschaftsschutzgebiet seien bauliche Eingriffe eigentlich verboten, und Ausnahmen nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Hinzu kämen die Auflagen des Denkmalschutzes. "Wir hoffen auf eine sensible Planung."

© SZ vom 07.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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