Gasthaus Bichler feiert Jubiläum:Wo Maffay am Tresen stand

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Hier spielten die Saragossa Band und Peter Maffay. Hier schlich Uschi Obermaier als Groupie durch die Bar. An diesem Samstag feiert das Gasthaus Bichler in Emmering sein 40-jähriges Bestehen.

Martin Mühlfenzl

"Alt", sagt Paul Bichler empört. "Wir sind doch nicht alt. Wer so jung im Herzen ist, der kann nicht alt werden." Fragen nach seinem und vor allem dem Alter seiner legendären Gaststätte Landgaststätte Bichler in Emmering bügelt der Wirt gerne mit gespielter Entrüstung ab. "Aber vielleicht liegt das auch daran, dass man irgendwann - wenn man doch älter wird - nur die guten Sachen in Erinnerung behält", meint der 62-Jährige. "Den ganzen schlechten Müll wirft man doch über Bord."

Paul Bichler in seiner Landgaststätte in Emmering: Am 9. Oktober 2010 feiert der Wirt das 40-jährige Jubiläum des Kultlokals. (Foto: Christian Endt)

Der Emmeringer und seine Frau Betty haben viele gute Erinnerungen: Seit nunmehr 40 Jahren führt das Paar einen Gasthof, der einst zu den spektakulärsten Bühnen der Region gehörte und dessen Name heute auch von der jüngeren Generation respektvoll ausgesprochen wird. An diesem Samstag, 9. Oktober, feiern die Wirtsleute das 40-jährige Bestehen ihres Hauses. Natürlich mit einem Konzertabend. "Mit harten Tönen - wie in den letzten Jahrzehnten", freut sich Bichler.

Den Abend eröffnet um 20 Uhr die Band Wayward mit ihrem modernen Heavy Rock, gefolgt von der Landkreisband Screaming Nightmare. Den Abschluss des Jubiläumskonzertes zelebrieren schließlich Rat Road, ebenfalls ein Ensemble aus dem Landkreis, das den Saal mit Rock und Songs aus den sechziger und siebziger Jahren aufmischen wird. "Wenn alle halten, was sie versprechen, dann merken wir sowieso nicht, dass wir älter werden", weiß der "Bichler-Paule". Und außerdem: "Bei der Auswahl der Bands täusche ich mich eh nicht - nur ganz selten."

Bands hat der Wirt in seiner urigen Landgaststätte in derart großer Zahl begrüßt, dass er sich gar nicht mehr an alle erinnern kann. In der Anfangszeit - im Jahr 1970 - galt der Bichler-Wirt aber noch nicht als Bühne für junge aufstrebende Künstler oder bereits etablierte Stars der Musikszene. Paul und Betty Bichler luden damals zu gesitteten Tanzabenden. "Das war halt damals noch in. Das gab es auch in Ebersberg oder Grafing", erzählt Paul Bichler. Sein Blick aber verrät, dass er nicht unglücklich darüber ist, dass diese Veranstaltungen schnell aus der Mode kamen. "Da mussten wir dann etwas ändern - und das haben wir auch getan", sagt der Wirt. "Dass es so funktioniert, hat damals aber keiner gedacht."

"Mir war wichtig, dass ich weiß, wer gut und im Kommen ist"

Das Ehepaar verwandelte die Gaststätte in eine kleine Konzerthalle - in eine Bühne für die harten Töne, wie Bichler sagt. "Und das kam super an." Die Bands suchte der Wirt selbst aus - aus einer Fülle an Angeboten. Täglich schickten vor allem Münchner Künstler Aufnahmen nach Emmering und Bichler nutzte jede freie Sekunde, um sich neu zu orientieren: "Wir haben immer neue Bands gesucht, vor allem junge und auch gerne solche aus dem Landkreis." Mehrere Tage in der Woche verbrachte Bichler in Münchner Clubs: "Sehr zum Leidwesen meiner Eltern. Denn dann konnte ich ja nicht arbeiten. Aber es war mir wichtig, dass ich weiß, wer gut und im Kommen ist."

Zum festen Bestandteil im Programm gehörte etwa die Landkreisband Die Panzerknacker - eine Kult-Band mit ganz speziellem Sound, die heute noch zwei Mal im Jahr in Emmering spielt. Ein fester Termin ist dabei ihr Auftritt am 30. Dezember bei der "Sylvesterfeier" im Bichler-Wirt. "Irgendwann haben nämlich alle zum Spinnen angefangen: Die Bedienungen, die Köche, die Musiker", sagt Paul Bichler. "Aller wollten an Sylvester mehr Geld. Da haben wir die Feier einfach einen Tag vorverlegt."

"Ich könnte an 200 Tagen im Jahr ein Konzert veranstalten"

Unkonventionell geht es auf der weit über die Grenzen des Landkreises hinaus bekannten Bühne immer zu. Auf einer seiner Getränkekarten unterschrieben die Mitglieder der Saragossa-Band, die mit ihrem Song "Big Bamboo" Berühmtheit erlangten, ihren ersten Platten-Vorvertrag, erinnert sich der Wirt: "Nur die Unterschriften konnte man nicht mehr so gut lesen." In der Anfangsphase seiner Karriere gastierte auch Peter Maffay zweimal in Emmering - bei seinem zweiten Aufritt sogar ohne Gage. "Weil er uns erst versetzt hat. Wir haben alle Plakate neu drucken lassen", berichtet Bichler. "Da hat er gesagt: Paul, lass gut sein."

Die harten Zeiten, wie sie Bichler selbst nennt, sind aber auch in Emmering vorbei. "Heute schleicht Uschi Obermaier nicht mehr als Groupie durch unser Lokal", sagt der Wirt und grinst. "Die hing ja früher immer an Bertram Engel dran" - dem ehemaligen Schlagzeuger von Peter Maffay.

Vor Anfragen für einen Gig in seinem Lokal kann sich Bichler aber immer noch nicht retten: "Ich könnte an 200 Tagen im Jahr ein Konzert veranstalten. Aber das wollen wir auch nicht mehr." Die perfekte Mischung hat er für sich persönlich gefunden: Der Bichler-Wirt ist heute eine hervorragende Gaststätte wie auch eine funktionierende Bühne. Die 40 Jahre sind ihr nicht anzusehen.

© SZ vom 09.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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