Eröffnung des Skulpturenwegs Sankt Hubertus:Erstbegehung mit Fanfaren

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150 Bürger kommen in den Ebersberger Forst. Zum feierlichen Klang der Jagdhornbläser erleben die Besucher ein überraschendes Wechselspiel zwischen Kunst und Wald

Rita Baedeker

Ebersberg- Noch liegt Nebel über dem Wald. Am Forsthaus Hubertus hat sich eine Hundertschaft versammelt und wartet fröstelnd auf das Signal, die Hunde winseln ungeduldig. Da endlich erklingt die Fanfare der Ebersberger Jagdhornbläser. Die Jagd ist eröffnet. Doch nicht das scheue Wild haben die mit rutschfesten Schuhen ausgerüsteten Wanderer im Visier, sondern - ganz unblutig - die Kunst: Zur Eröffnung des Skulpturenwegs Sankt Hubertus am Sonntag Vormittag zeigt die Natur sich in ihren schönsten Farben, bietet der Wald den Künstlern eine Kulisse, wie sie poetischer nicht sein könnte.

Etwa 150 Besucher haben sich zu diesem ersten Kunstspaziergang durch Buchenhain und Jungholz, Hochwald und Dornengestrüpp eingefunden. Die Bläser führen die Besucher schmetternd von Objekt zu Objekt oder senden von ferne ein voll tönendes Signal, dass einem ganz feierlich zumute wird. Man bleibt stehen, lauscht, staunt. Heinz Utschig von der Forstverwaltung Wasserburg spricht in seiner Eröffnungsrede vom Verhältnis zwischen Kunst und Wald, vom Reiz wechselseitiger Verfremdung. Die gewählten Werke und Standorte sind ein Glücksfall, an einer Stelle etwa besteht zwischen einer Kolonie Pilzen und einer Kolonie von Stäben eine reizvolle optische Verbindung.

Utschig und die Bayerische Staatsforsten, die mit der Schutzgemeinschaft Ebersberger Forst das Projekt aus der Taufe gehoben hat, wollen mit der Aktion den Wald zu einem besonderen Ort machen. Auch Adi Warta, der Hubertus-Wirt, war lange schon der Meinung, es müsste eine Attraktion rund um sein Forsthaus geben. Zur Eröffnung des Skulpturenwegs spendiert er Künstlern und Gästen ein Extra-Menü. Bürgermeister Walter Brilmayer erinnert daran, dass der Ebersberger Forst in der Geschichte des Waldbaus immer eine besondere Rolle gespielt hat. Im hiesigen Kloster entstand die erste deutsche Forstordnung. Hier schuf zwischen 1790 und 1804 Pater Candid Huber seine berühmte gewordene Holzbibliothek. Die Kunst fällt hier auf fruchtbaren Boden.

Auch die an dem Projekt beteiligten Künstler sind von der Idee begeistert. Paul Havermann, der mit seinen Stab-Installationen Ein- und Ausgang des Pfades markiert und auch unterwegs aus farbigen Mikado-Arrangements Wegweiser setzt, gibt seinen Objekten den Titel "aus dem Wald - für den Wald". Das bedeutet auch: Die Natur wird sich die Objekte zurückholen. Irgendwie. Stämme und Hölzer werden faulen und verwittern. Kerstin Mertens von der Schutzgemeinschaft drückt es so aus: "Für den Skulpturenweg wird wohl auch der Specht die Werbetrommel schlagen."

Nicht jedoch bei Franz Wörles mannshohen Toren, Stelen und Seelenhäusern aus Eisen. In ihrer abstrakt geometrischen Form wirken sie zunächst wie Fremdkörper. Aus der Nähe offenbaren sie jedoch überraschende Öffnungen und Winkel. "Meine Arbeiten schaffen die Möglichkeit, etwas zu durchschreiten", sagt Wörle. Auch bei Hubert Maiers fünf Tonnen schwerem Granitblock aus Schweden mit seinen in den Stein gebohrten wabenförmigen Öffnungen werden Sturm, Nässe und Kälte wenig ausrichten. Der "Honung" (schwedisch für "Honig") genannte Block verwittert in Jahrtausenden nicht - und empfiehlt sich im Übrigen als solides Insektenhotel. Das Werk sei nicht nur ein Monument für den Bienen-, sondern auch für den Bildhauerfleiß, erklärt Maier stolz.

Auf den Reiz der Vergänglichkeit setzt dagegen Johannes Gottwald, der aus den gekerbten, ausgesägten und mit dem Messer bearbeiteten Teilen eines Baumstamms eine "nachindianische Behausung zum Träumen" geschaffen hat. Als er sein nach frisch geschlagenem Holz duftendes Werk präsentiert, kommt die Sonne heraus und lässt den von Dornendickicht umwucherten Platz aufleuchten. Eine "Riesenschlachterei" habe er veranstaltet, sagt Gottwald. Die brachiale Art seiner bildhauerischen Arbeit und deren Künstlichkeit bilden in seinen Augen einen Gegensatz zur romantischen Vorstellung von Wald.

Im Moment jedoch hat die Romantik Vorrang. Petrus und Hubertus haben es so beschlossen. Da erinnern die an Bäumen hängenden farbigen Gipsringe von Christian Heß eine Besucherin an Zuckerkringel. Und der Bürgermeister fühlt sich angesichts der vielen Fragen, wie Heß diese ins Geäst bekommen habe, an Südtirol erinnert, wo man auch oft nicht kapiere, wie sie dort ihre Birnen in die Schnapsflaschen hineinkriegen. Und während erneut die Jagdhörner erklingen, verschmilzt das Sonnenlicht Ingrid Wieser-Kils wetterfestes Gemälde "Tauchstation" mit der Stille des Waldes und dem sich gelb färbenden Laub.

© SZ vom 22.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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