Ebersberger Amtsgericht:Schenkung oder Veruntreuung

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Berater haben sich Geld vom Konto einer alten Dame überwiesen, angeblich mit deren Einverständnis. Doch die Frau dementierte die Schenkungen. Ein Gerichtsverfahren sollte Klarheit bringen.

Untreue ist im zwischenmenschlichen Bereich eine unschöne, aber meist klare Sache. Nicht so im juristischen Metier: Vor Gericht lässt sich trefflich darüber streiten. So geschehen kürzlich vor dem Ebersberger Amtsgericht, als ein Bankangestellter und ein Steuerberater der Untreue angeklagt waren. Sie hatten, mit einer Generalvollmacht ausgestattet, vom Konto einer alten, vermögenden Dame Geld an sich selbst überwiesen: einmal 50.000 und einmal 75.000 Euro.

Bei dem Gerichtsverfahren ging es um viel Geld aus dem Vermögen der alten Dame: insgesamt 125.000 Euro. (Foto: ag.dpa)

Die beiden Angeklagten gaben an, die Zahlungen im Einverständnis mit der alten Dame getätigt zu haben. Die Geschädigte hatte ihren beiden langjährigen Beratern die Summen per Testament vermacht - und hatte laut deren Aussage gewollt, dass sie und fünf andere Legate vor ihrem Tod ausbezahlt würden. Die Schenkungen an die beiden Angeklagten focht sie ein Jahr später allerdings an.

Da die alte Dame nicht vor Gericht erschien, sondern sich mit einem ärztlichen Attest entschuldigen ließ, konnte Richter Otto Kick die gegensätzlichen Aussagen nicht miteinander vergleichen. Eine frühere Aussage legt laut Kick jedoch nahe, dass bei der Geschädigten eine beginnende Demenz erkennbar sei: "Damals wusste sie nicht einmal mehr, dass sie eine Vollmacht ausgestellt hatte."

So beschränkte sich die Verhandlung zunächst darauf zu klären, ob der Tatbestand der Untreue in diesem Fall juristisch überhaupt gegeben sei. Denn wenn nicht, könne man auf die Aussage des Opfers verzichten. Man müsse das Verfahren ja nicht unnötig in die Länge ziehen. Staatsanwalt und Verteidiger lieferten sich also ein fachspezifisches Wortgefecht, in dem sie versuchten, die Feinheiten des Falls jeweils zu ihren Gunsten auszulegen.

Konkret ging es um die Frage, ob im Zusammenhang mit der Generalvollmacht eine Vermögensbetreuungspflicht bestanden habe oder nicht. Denn sie ist Voraussetzung für den Tatbestand der Untreue. Die heute 90-Jährige habe die Vollmacht im Jahr 2003 ausgestellt für den Fall, dass sie ihre Geschäfte einmal nicht mehr selbst erledigen könne, hieß es. Daraus leitete der Staatsanwalt ein sofortiges Auftragsverhältnis ab, der Verteidiger sah dies als noch nicht gegeben an. "Das wäre erst mit einer Betreuungssituation wirksam geworden."

Da keine der Parteien einlenken wollte, schaltete sich schließlich der Richter ein. Er schlug vor, das Verfahren wegen geringer Schuld einzustellen, und fand auf beiden Seiten Zustimmung. "Die alte Dame hat später widerstandslos die Schenkungssteuer für die beiden Überweisungen bezahlt. Das ist nachgewiesen", erklärte Kick. Und das lege doch sehr nahe, dass sie mit den Zahlungen an ihre beiden Berater zunächst einverstanden gewesen sei.

© SZ vom 10.07.2010/abl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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