Drogentod einer 17-Jährigen:"Drücken schadet nichts"

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Ein Drogensüchtiger steht wegen des Todes einer 17-jährigen Schülerin vor Gericht, der er Heroin gespritzt hat.

Von Alexander Krug

"Mit tut es leid um die Angehörigen und das Mädchen, das gestorben ist." Mit diesen dürren Worten bedauerte gestern Ralf F., 37, zum Prozessauftakt am Amtsgericht den Drogen-Tod der 17-jährigen Manuela K.

Heroininjektion. (Foto: Foto: dpa)

Die Anklage wirft ihm vor, der Schülerin eine Heroin-Spritze verabreicht und dadurch leichtfertig ihren Tod verursacht zu haben. Bei einem Schuldspruch droht ihm eine Mindeststrafe von zwei Jahren. Mitangeklagt wegen unterlassener Hilfeleistung ist Thekla A., 22.

Unbeeindruckt

Ralf F. ist seit rund zehn Jahren drogensüchtig. Vor knapp vier Jahren starb in seinem Beisein und in seiner Wohnung in Riem schon einmal ein junger Mann an einer Überdosis. Dieser Todesfall scheint ihn nicht sonderlich beeindruckt zu haben.

Denn am 15. Oktober 2002 wiederholte sich das Drama. Das Opfer diesmal war Manuela K. Das Mädchen war nach Angaben seiner Mutter zuvor niemals mit Drogen in Berührung gekommen. Das Ergebnis eines Haartests belegt diese Aussage: Die Ermittler fanden keinerlei Spuren von Rauschgift.

Ralf F. bestreitet dies. Nach seiner Version habe ihm die 17-Jährige, deren Alter er nicht gewusst haben will, von ihrer "wilden Zeit" erzählt und dabei erwähnt, "schon oft Heroin" genommen zu haben. An jenem Tag habe ihn das Mädchen, das er als lockere Bekannte bezeichnet, nach Heroin gefragt. "Sie wollte es drücken, ich war strikt dagegen", behauptet er. Erst nach längerer Diskussion habe er zugestimmt und ihr einen Schuss gesetzt.

"Einige Watschn"

"Es war aber nur ein Zehntel Gramm." Der Staatsanwalt glaubt ihm kein Wort. Eine solche Angabe stimme nicht mit den Gutachten überein, hakt er nach. "Vielleicht waren es auch zwei Zehntel", erwidert Ralf F.

Nach der Injektion verschlechterte sich der Zustand des Mädchens rapide. Ralf F. injizierte ihr Kochsalzlösungen, duschte sie kalt ab und gab ihre "einige Watschn".

Er habe geglaubt, dass sich der Zustand stabilisiert habe, so der Angeklagte. "Früher hat das immer geklappt." Während der Nacht habe er die "ganze Zeit" an ihrem Bett gewacht. Erst am nächsten Morgen, elf Stunden später, alarmierte das Paar den Notarzt. Warum erst so spät, will der Staatsanwalt wissen. "War das vielleicht, weil Sie eine offene Bewährungsstrafe hatten?"

Ralf F. bestreitet auch das. Dass er bei Ankunft des Notarztes aus dem Fenster sprang und flüchtete, erklärt er mit der Sorge um seinen Hund. "Ich wollte nicht, dass der ins Tierheim kommt, wenn ich verhaftet werde."

Gegenseitige Beschuldigungen

Seit fast 16 Monaten sitzt Ralf F. in Untersuchungshaft. Thekla A. dagegen ist auf freiem Fuß. Ihre Aussage belastet den Angeklagten schwer: Sie habe schon am Abend einen Arzt rufen wollen, doch Ralf F. habe ihr das Handy aus der Hand geschlagen. Der 37-Jährige dagegen beschuldigt wiederum die Mitangeklagte, ihn nicht unterstützt zu haben bei seinen Stabilisierungs-Bemühungen.

"Sie hat null geholfen. Sie hat auch gesagt, drücken schadet nichts", hat er in einem Brief aus der U-Haft an seine (ebenfalls drogensüchtige) Ehefrau geschrieben. Wer in diesem Wust aus Verdächtigungen und gegenseitigen Beschuldigungen die Wahrheit sagt, wird das Gericht in den nächsten Tagen zu beurteilen haben.

© SZ v. 5.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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