Dokumentarfilmfestival:Hoffen auf den "Columbine"-Effekt

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Über 100 Filme sollen beim Internationalen Dokumentarfilmfestival ab kommenden Freitag den persönlichen Blick auf die Welt junger wie renommierter Filmemacher zeigen. Deutsche Filme sind nicht erste Wahl.

Rebecca Müller

Beim 18. Internationalen Dokumentarfilmfestivals München, kurz: DOK.FEST, vom 2. Bis 10. Mai 2003 setzen die Veranstalter auf den "Columbine"-Effekt. Mit durchschlagendem Erfolg hat Michael Moore die Dokumentarfilmszene mittels seiner drastischen USA-Dokumentation "Bowling for Columbine" in die kommerziellen Kinosäle geführt.

Das offizielle Plakat des 18. Dokumentarfilmfestivals in München. (Foto: N/A)

"In den heutigen Zeiten interessieren sich viele nicht mehr für die Hollywood-Fiktionen, sondern für eine Abbildung unserer Realität", so der Leiter des Festivals, Hermann Barth.

Den eigenen Blick auf die Welt vermitteln

600 Filme aus der ganzen Welt hat er mit seinem Team in den vergangenen Monaten gesichtet. Über 100 davon werden in unterschiedlichen Wettbewerben oder in Themenreihen zu sehen sein. Der thematischen und erzählerischen Vielfalt wurden dabei keine Grenzen gesetzt.

Neben 41 internationalen Dokumentationen konkurrieren 15 im internationalen Wettbewerb um den "Dokumentarfilmpreis des Bayerischen Rundfunks". In diese Auswahl hat es diesmal kein deutsches Werk geschafft - sie hätten nicht dem internationalen Standard entsprochen.

Künstlerische Qualität gilt als Hauptkriterium: "Wir wollen kunstvolle Dokumentarfilme zeigen, in denen Herzblut steckt und den ganz eigenen Blick des Filmers auf die Welt vermitteln ", erklärt Barth.

Da deutsche Filmemacher oftmals mit Fernsehanstalten kooperieren, würden daraus meist "Konsensfilme ohne persönliche Handschrift" resultieren, deren Erzählformen "zu stark standardisiert" seien. Um der Kreativität mehr Entfaltungsmöglichkeiten einzuräumen, seien gerade Festivals als Forum unentbehrlich.

Junge Menschen ansprechen

Nach dem Erfolg im vergangenen Jahr, in dem die Veranstalter über knapp ein Drittel mehr Zuschauer verbuchen konnten als zuvor, rechnen diese wieder mit mindestens 10.000 Interessierten.

Allmählich erreiche das Festival auch das jugendliche Publikum - ein besonderes Anliegen Barths, der junge Menschen gerne zu eigenen Filmproduktionen animieren möchte.

Brennpunkt: Naher Osten

Zum Auftakt des Festivals am kommenden Freitag wird im ARRI der israelische Film "For my Children" aufgeführt. Mit insgesamt elf Filmen, die sich mit dem Nahen Osten auseinandersetzen, bildet der israelisch-palästinensische Konflikt einen thematischen Schwerpunkt. "Gerade bei solchen Themen zeugt ein Dokumentarfilm von Qualität, wenn auf Langzeitbeobachtung gesetzt wurde", so Barth.

Einen Höhepunkt stellt der palästinensische Film "Jenin, Jenin" von Mohamed Bakri dar, der von der israelischen Zensurbehörde im Januar 2003 als Propagandafilm verboten worden war und auf dem Fernsehsender arte aufgrund des laufenden Verfahrens vor einigen Monaten nicht ausgestrahlt werden konnte.

Bakri zeichnet ein sehr persönliches Bild eines Flüchtlingslagers in Jenin, das er eine Woche nach dem blutigen Häuserkampf zwischen militanten Palästinensern und der israelischen Armee im Frühjahr 2002 besucht hat. Bewusst setzte er dabei auch suggestive Mittel der Montage ein. Zur Aufführung seines Film soll er am 8. Mai nach Deutschland kommen.

Premieren und Renommiertes

Eine "experimentelle Premiere" wagen die Veranstalter mit der DOK.NIGHT at g34: Am 9. Mai soll sich dabei ein reger Austausch zwischen der Filmbranche und dem Publikum entfalten.

Herausragende Werke junger deutscher Filmemacher und renommierter Regisseure zeigt die Reihe Neue Filme aus Bayern. Darüber hinaus stehen unter anderem Workshops, zwei Werkstattgespräche mit Regisseuren, sowie das Filmklassiker-Special "Docs in Europe" auf dem Programm.

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